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Empathie als Schlüssel des Verstehens

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Unterseite zum Kapitel Verstehen im Buchabschnitt Methodik des Fachbuchs Mediation.
Es geht um ein Thema mit einer weitreichenden Bedeutung in der Mediation, das Bezüge zu anderen Seiten herstellt. Bitte beachten Sie auch:

Verstehen Kommunikation Emotionen Beziehungen Empathie Resonanz Bindungstheorie Rapport

Abstract: Empathie (nicht zu verwechseln mit Sympathie) ist eine Voraussetzung des Verstehens und eine Variable der Kommunikation. Sie spielt in der Mediation eine wichtige Rolle, sollte aber korrekt verstanden sein, damit sie sich nicht im Gegenteil verliert.

Einführung und Inhalt: Das nachfolgende Viedo soll einstimmen, worum es geht.

Dieses Video trägt den Titel Empathy und beginnt mit einem Zitat von David Thoreau: "Could a greater miracle take place then for us to look though each others eyes for an instant? Achten Sie, wenn Sie sich das Video anschauen, bitte auf die eigenen Gefühle und Eindrücke. Was ändert sich, wenn Sie die Hinweise auf die Hintergründe der jeweiligen Szene lesen?

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Empathy: The Human Connection to Patient Care

Begriffliches zur Empathie

Empathie gehört zu den grundlegenden menschlichen Eigenschaften. Eigentlich bedeutet der Begriff so viel wie “Leidenschaft”. Er kommt aus dem Altgriechischen. Empathie könnte man sprachlich aus dem Mit-leiden herleiten. Gemeint ist die Fähigkeit, zum Einfühlen. Es geht darum, die Erlebnisse und Gefühle anderer nachzuempfinden, um die Gedanken, Emotionen, Absichten und Persönlichkeit eines anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. Bei echter Empathie ist man sich darüber bewusst, dass der Zustand eines anderen Menschen die Quelle des eigenen Gemütszustandes ist, Deshalb gehört zur Empathie auch die Einfühlung als eigene Reaktion auf die Gefühle anderer.

Arten und Erscheinungsformen der Empathie

Zum Verständnis der Empathie ist es besonders für die Mediation wichtig, verschiedene Formen zu unterscheiden:1

Die kognitive Empathie
Die kognitive Empathie beschreibt eine rationale Perspektivübernahme. Man versteht, dass der andere leidet und kann dieses veratehen abstrakt als schlimm einschätzen. Diese Empathie löst jedoch kein Mitgefühl aus.
Die affektive Empathie
Die affektive Empathie entspricht der emotionalen Resonanz. Es werden neuronale Netzwerke aktiviert, die auch den eigenen Gefühlen zugrunde liegen. In solchen Fällen kommt es auch zu einer assoziierten körperlichen Reaktion.
Die soziale Empathie
Menschen verstehen die Lage, in der sich andere Personen befinden, und können sich in diese hineinversetzen. Sie wissen und spüren auch, was ihr Gegenüber in dieser Lage fühlt, und teilen seine Emotionen insofern in einem gewissen Rahmen. Im Unterschied zur affektiven Empathie können sie sich jedoch abgrenzen. Iihre eigene Gefühlswelt wird nicht völlig von der des anderen vereinnahmt.2

Abgrenzungen

Die emotionalen Reaktionen bedürfen der Abgrenzung zur Resonanz und zur strukturellen Koppelung. Was genau ist der Unterschied?

Resonanz
Resonanz und Empathie sind eng miteinander verbundene Konzepte. Während sich die Empathie auf die Fähigkeit bezieht, Emotionen, Gedanken und Perspektiven anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und mitzufühlen, steht bei der Resonanz die emotionale Verbindung im Vordergrund. Sie geht über das bloße Verstehen der Emotionen anderer hinaus und beinhaltet ein Mitschwingen auf einer emotionalen Ebene, vergleichbar mit der affektiven Empathie. Resonanz entsteht, wenn man nicht nur die Emotionen einer anderen Person erkennt, sondern auch eine persönliche emotionale Reaktion darauf hat. Es geht um das Teilen und Verstärken von Emotionen und Erfahrungen.
Strukturelle Koppelung
Anders als die Resonanz beschreibt die strukturelle Kopplung das Konzept der wechselseitigen Beeinflussung und Anpassung zwischen Systemen. Es wurde von Niklas Luhmann entwickelt und findet Anwendung in der Systemtheorie. In der Psychologie wird die Wechselwirkung zwischen individuellen psychischen Strukturen und sozialen und kulturellen Strukturen zugeordnet. Sie geht davon aus, dass individuelle psychische Prozesse eng mit den sozialen und kulturellen Kontexten verbunden sind, in denen Menschen leben. Individuelle Denkmuster, Emotionen und Verhaltensweisen werden von den sozialen und kulturellen Bedingungen, Normen und Werten beeinflusst, in denen eine Person aufwächst und lebt.

Empathie ist keine Technik

Empathie betrifft die Art und Weise der (emotionalen) Wahrnehmung. Sie ist eine Kommunikationsvariable und keine Technik. Sie kann aber durch Techniken wie das aktive Zuhören, das Verbalisieren oder das Paraphrasieren unterstützt werden. In dem folgenden Video werden Beispiele gezeigt, die sich zwar wie Empathie anfühlen mögen, aber nichts damit zu tun haben.

Dieses Video will Empathie beschreiben. Im Ergebnis kommt eine Paraphrase heraus. Lehrreich ist das Video wegen der vielen Beispiele, wie man es nicht machen sollte. Erkennen Sie sich in dem ein oder anderen Beispiel wieder?'
Nach dem Video heißt Empathie:
1. Bewertungen in Beobachtungen verwandeln
2. Momentane Gefühle identifizieren und Gefühle als unverhandelbare Tatsachen anerkennen
3. Die zugrundeliegenden Bedürfnisse klären, die nicht befriedigt sind. Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Was ist Empathie und was nicht?


In dem Video, wo übrigens künstliche, animierte Figuren ein menschliches Verhalten abbilden, wird das im Paraphrasieren zum Ausdruck kommende Verstehen als Beispiel genannt, wo Emotionen verbalisiert werden. Weil Emotionen über die Körperlichkeit ausgedrückt werden, zeigt sich die Empathie auch an der körperlichen Reaktion des Gegenübers, weshalb die nonverbale Kommunikation so wichtig ist.

Beispiel 14672 - Peter trifft Isolde in einem Café an der Straßenecke. Er setzt sich zu ihr und fragt: "Wie geht es dir?". Isolde ist ganz traurig und sie sagt: "Gestern ist Rudi mein Hamster gestorben". Peter lacht und sagt: "Sei froh das du ihn los bist!".


In dem vorstehenden Beispiel zeigt Peter den Kontrast zu der Emotion, in der sich Isolde gerade befindet. Das ist das Gegenteil von Empathie. Eine emphatische Reaktion würde das Gefühl aufnehmen. Vielleicht zeigt Peter sein Mitgefühl, in dem er auch traurig wird. Isolde wird sich gut verstanden fühlen, wenn Peter ihre Emotionen spiegelt.

Ist Empathie erlernbar?

Die Techniken wie das Verbalisieren oder das Paraphrasieren sind ohne Weiteres erlernbar. Wie zuvor erwähnt, ist die Empathie aber keine Technik. Sie ist eine Fähigkeit. Das emotionale Verstehen bezieht sich auf die Körperlichkeit, denn Gefühle werden über den Körper ausgedrückt und im Gehirn realisiert, das übrigens auch zum Körper gehört. Mihin beschreibt die Einfühlung die körperliche Empfindsamkeit. Sie erfolgt bei den meisten Menschen unbewusst und erzeugt einen emotionalen Gleichklang in Folge der Resonanz. Zweifellos kann die Fähigkeit trainiert werden. Die dafür erforderlichen Bauteile im Gehirn sind in jedem Menschen mehr oder weniger stark ausgebildet. Die Forschung belegt, dass Empathie in Grenzen sogar für Narzissten erlernbar ist. In manchen Fällen gelingt ihr Mitgefühl aber nur, wenn sie dazu aufgefordert werden, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Empathie ist demzufolge auch eine Frage der Motivation.3 An die Empathie des Mediators werden allerdings besondere Anforderungen gestellt. Spätestens wenn er transformativ arbeitet, genügt es nicht, die Emotionen der Medianden nur kognitiv zu erfassen. Entscheidend ist, dass er auch eine Vertrauensbeziehung zu den Parteien aufbauen kann, sodass eine Resonanz entsteht. Was zur Steigerung der empathischen Fähigkeit beiträgt, ist das Training von Achtsamkeit, Perspektivwechseln, aktivem Zuhören, Mitgefühl und Kommunikation.

Die Empathie des Mediators

Die Empathie ist eine der von Carl Rogers aufgestellten Kommunikationsvariablen. Sie ist deshlb ein wesentlicher Bestandteil für eine gelingende Kommunikation. Der Mediator muss auch die emotionale Seite der Partei verstehen, wenn er ihre Befindlichkeit erfassen will. Gefühle sind der Schlüssel für Bedürfnisse und somit der Weg in deren Lösung (Befriedigung). Wenn er die Gefühle der Partei nicht versteht, wird er kaum in der Lage sein, deren Bedürfnisse zu erkennen. Dafür würde die kognitive Empathie genügen. Es ist allerdings fraglich, ob sie genügt, dass die Partei sich auch dem Mediator anvertraut. Bei der Vertrauensbildung spielt die Resonanz, also die affektive Empathie, eine wichtige Rolle. Erst wenn die Parteien das Gefühl haben, dass sie verstanden und unterstützt werden, können sie das erforderliche Vertrauen aufbringen und ihre Verletzlichkeit offenbaren.

Die emotionale Nähe des Mediators hat jedoch Grenzen. Die eine Grenze ergibt sich aus seiner Professionalität, die andere aus seiner Neutralität. Zu viel Nähe ist in der Mediation also kontraproduktiv. Die Neutralität erwartet von ihm, auch emotional neutral zu bleiben. Zeigt er der einen Seite mehr Empathie als der anderen, wird die andere Partei ihn als parteiisch empfinden. Die Professionalität betrifft die Metaebene. Die Mediation ist ein reflexives Verfahren. Dabei spielt die Metaebene eine wichtige Rolle. Verliert der Mediator diese Ebene, indem er sich selbst von den Gefühlen der Partei überwältigen lässt, kann er die Mediation nicht mehr durchführen.

  Aktionshinweis

Ihre Meinung ist gefragt. Es geht um die Lehre und die Anwendung. Das Wort Empathie wird in der Ausbildungsverordnung übrigens nicht erwäht.

Bedeutung für die Mediation

Die Ausbildungsverordnung führt den Begriff Empathie nicht auf. Er kann dort aber unter die Kommunikation und die Haltung subsummiert werden. In beiden Fällen ist die Empathie nicht beliebig und durchaus zweckorientiert. Sie muss also in einem Maße vorgehalten werden können, dass sich die Ziele der Mediation verwirklichen. Die von dem Mediator abzudeckende Metaebene kann Emotionen nachempfinden. Sie selbst ist aber emotionsfrei. Sie kennt kein Mitgefühl im Sinne einer Gefühlsübernahme. Allerdings ist eine emotionale Reaktion erforderlich, um eine Resonanzebene herzustellen. Sie ist ein vertrauensbildender Faktor. Es kommt also darauf an, die Schwingungen der Partei wahrzunehmen, ihnen aber nicht zu erliegen. Der Mediator muss zeigen, dass er bereit ist, sich auf die Partei einzulassen und sie verstehen will. Das spricht für die soziale Empathie. Sie erlaubt es ihm, seine Rolle als Mediator nicht zu verlassen und die Metabene einzuhalten. Man könnte noch weiter gehen und sagen, die affektive Empathie richtet sich auf die Bereitschaft, verstehen zu wollen. Die kognitive Empathie richtet sich auf das Verstehen der Gefühle selbst. Methodisch betrachtet übersetzt der Mediator die emotionale Wahrnehmung mit Hilfe des Verbalisierens in die rationale Sprache. Über die Resonanz stellt er eine Verbindung zu den Parteien her, damit sich die Parteien auf einer tieferen, emotionalen Ebene öffnen und verletzlich sein können. Der Aufbau einer Vertrauensbeziehung ist ein wichtiger Aspekt der Mediation.4

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen. Zitiervorgabe im ©-Hinweis.

Bearbeitungsstand: 2023-08-15 11:10 / Version 78.

Alias: Einfühlungsvermögen
Siehe auch: Emotionen, Loopen, Kommunikationsvariablen
Diskussion: Die Empathie des Mediators
Prüfvermerk:


Based on work by Bernard Sfez und anonymous contributor und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag März 19, 2024 12:30:05 CET.

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