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Die Bedeutung der Resonanz in der Mediation

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Die Resonanz ist ein Phänomen mit interaktiven Wirkungen. Die Mediation macht sich das Phänomen zu eigen, weshalb die Resonanz bewusst eingesetzt auch als Werkzeug zu qualifitieren ist.

Was ist Resonanz?

Resonanz ist ein physikalisches Phänomen, das in verschiedenen Bereichen auftreten kann. Es beschreibt die Verstärkung oder die Schwingungsübertragung einer physikalischen Größe aufgrund einer anregenden Kraft oder eines anregenden Ereignisses, das die natürliche Frequenz eines Systems trifft. Resonanz tritt auf, wenn die Frequenz einer anregenden Kraft mit der natürlichen Frequenz des Systems übereinstimmt oder nahe an dieser liegt.

Erscheinungsformen der Resonanz

Ein anschauliches Beispiel, wie sich Schwingungen in einem System anpassen, liefert das sogenannte Metronommythos.

Dieses Youtube-Video zeigt wie sich 50 Metronome, die mit unterschiedlicher Impulsgebung starten, sich mit der Zeit automatisch synchonisieren. Die Metronome sind über eine bewegliche Platte alle miteinander verbunden. Jedes Metronom gibt unterschiedliche Bewegungsimpulse an die Platte ab. Die Platte gerät in Schwingungen, was sich auf die Schwingungsvorgabe jedes einzelnen Metronoms auswirkt. Man könnte die Schwingung der Platte als die Irritation von außen sehen. Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Es wurde im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Metronome synchronisieren sich gegenseitig


Ein anderes Beispiel ist das Kind auf einer Schaukel. Wenn es angestoßen wird, kommt die Schaukel in eine Eigenschwingung. Wenn das Kind auf der Schaukel immer im richtigen Moment angestoßen wird, verstärkt sich die Schwingung. Es kommt zur Resonanz. Der Begriff stammt vom lateinischen Wort esonare ab und bedeutet wiederhallen. Das Mitschwingung des anderen Körpers erfolgt auf dessen eigener Frequenz. Es kann als eine Antwort auf den Impuls verstanden werden. Die Metapher des Mitschwingens hat dazu geführt, dass der Begriff Resonanz auch in anderen Disziplinen zur Anwendung kommt.

Resonanz in der Psychologie
Die Psychologie verwendet den Begriff im Zusammenhang mit sozialen Interaktionen und zwischenmenschlichen Beziehungen. In der psychologischen Bedeutung bezieht sich Resonanz auf das Phänomen der emotionalen und empathischen Reaktion auf ein anderes Individuum. Gemeint ist die Art und Weise, wie eine Person auf die Gefühle, Bedürfnisse oder Erfahrungen einer anderen Person reagiert, woraus sich ein Mitschwingen von Gefühlen oder Gedanken bei anderen Menschen ergibt. Resonanz kann Zustimmung oder Verstimmung herbeiführen.
Resonanz im NLP
Im Bereich des Neuro-Linguistischen Programmierens (NLP) heißt Resonanz, mit sich und seinem Umfeld in Einklang zu sein, sodass ein gleichwertiges Miteinander möglich wird.
Resonanz in der Pädagogik
In der pädagogischen Praxis beschreibt die Resonanz die Qualität der Beziehung zwischen Lehrpersonen und Lernenden, die auf gegenseitigem Verständnis, Einfühlungsvermögen und einer emotionalen Verbindung basiert. Sie befähigt die Lehrperson, sich auf die Bedürfnisse, Interessen und Emotionen der Lernenden einzulassen und darauf zu reagieren.
Das Du ist älter als das Ich
Das Zitat von Friedrich Nietzsche ist eine zentrale Aussage in dem Interview mit Joachim Bauer, der die Bedeutung der Resonanz im Leben des Menschen anhand von vielfältigen Resonanzphänomenen erläutert. Stets ist der Körper beteiligt, zu dem auch das Gehirn gehört. Er stellt die Resonanz der Spiegelneuronen heraus, die es uns ermöglichen, die Erfahrungen und Emotionen anderer Menschen nachzuvollziehen und selbst zu fühlen. Letztlich ermöglicht die Resonanz auf die Seite des anderen Menschen zu gehen und seine Subjektperspektive aufzunehmen.

In diesem Youtube-Video diskutiert Dr. Gunther Schmidt mit dem Neurobiologen, Arzt und Psychotherapeuten Prof. Joachim Bauer die Bedeutung von Resonanz für die Psychotherapie, Pädagogik und Erziehung. Das Aufeinandertreffen dieser beiden Koryphäen resultiert in einem stimulierenden Austausch, der über die Grenzen eines gewöhnlichen Gesprächs hinausgeht.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Resonanz in Psychotherapie und Pädagogik


Zu ähnlichen Erkenntnissen, die sich auf die Resonanz der Gehirne unterschiedlicher Menschen konzentriert, kommt auch die Forscherin Tania Singer, die dem Geheimnis des menschlichen Mitfühlens und der Resonanz von Gehirnen auf den Grund geht. Sie stellt heraus, dass wirkliche Synchronität Areale im Gehirn aktiviert, die mit der Verarbeitung von Belohnung assoziiert sind.1

Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

Wenn von einer engen Verbindung der Menschen zueinander die Rede ist, kommen die Phänomene der Empathie und die strukturelle Koppelung in den Sinn. Was genau ist der Unterschied?

Empathie
Resonanz und Empathie sind eng miteinander verbundene Konzepte, haben aber dennoch einige Unterschiede. Um sie herauszuarbeiten ist eine Auseinandersetzung mit der Empathie und ihren Erscheinungsformen erforderlich. Generell bezieht sich die Empathie auf die Fähigkeit, Emotionen, Gedanken und Perspektiven anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und mitzufühlen. Die Resonanz hingegen beschreibt keinen Gefühlszustand, sondern die Art und Weise mit einer anderen Person in Beziehung zu treten und auf sie zu reagieren. Die Empathie, die intersubjektive Begegnung und der Dialog sind notwendig, um die Resonanz auf der zwischenmenschlichen Ebene zu realisieren.2
Strukturelle Koppelung
Anders als die Resonanz beschreibt die strukturelle Kopplung das Konzept der wechselseitigen Beeinflussung und Anpassung zwischen Systemen. Es wurde vom Soziologen Niklas Luhmann entwickelt und findet Anwendung in sozialen Systemen und der Systemtheorie. In der Psychologie wird die Wechselwirkung zwischen individuellen psychischen Strukturen und sozialen oder kulturellen Strukturen angesprochen. Sie geht davon aus, dass individuelle psychische Prozesse eng mit den sozialen und kulturellen Kontexten verbunden sind, in denen Menschen leben. Individuelle Denkmuster, Emotionen und Verhaltensweisen werden von den sozialen und kulturellen Bedingungen, Normen und Werten beeinflusst, in denen eine Person aufwächst und lebt.
Übertragung und Gegenübertragung
Die Übertragung reaktiviert alte, meist frühkindliche Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen und Bindungen, mit der alte Gefühle, Erwartungen, Fantasien, Wünsche und Ängste in aktuellen Beziehungen reaktiviert werden. Die Gegenübertragung ist das Pendant dazu. Sie beschreibt die emotionale Reaktion einer anderen Person auf die Übertragung, wo eigene ähnliche Muster hervorgerufen werden.3
Pacing und Rapport
Das Pacing und Leading im NLP greift das Phänomen des Rapports auf. Damit wird in der Psychologie die Wechelbeziehung der Verbindungen angesprochen, die Personen miteinander eingehen.4

Resonanz in der Mediation

Die Resonanz hat in der Mediation eine vielfältige Bedeutung. Einmal betrifft sie die Beobachtung, wie die Parteien miteinander interagieren (zueinander in Resonanz treten). Zum anderen beschreibt sie das Phänomen, wie sich das Zusammenwirken zwischen dem Mediator und den Medianden darstellt. Schließlich bildet die Mediation selbst eine Art Resonanzboden, der die Schwingungen zwischen den Parteien nicht nur aufnimmt, sondern strukturell koppelt.

Resonanz zwischen den Medianden
Die Beobachtung der zwischen Menschen erlaubt eine Einschätzung der Qualität ihrer Beziehung zueinander. Eine tiefe Resonanz deutet auf eine enge emotionale Verbindung, ein gegenseitiges Verständnis und eine gute Kommunikation hin. Wenn keine oder nur eine geringe Resonanz besteht, kann dies auf eine weniger positive oder weniger ausgeprägte Beziehung hindeuten. Resonanz kann auch auf das Vorhandensein von Empathie und Einfühlungsvermögen hinweisen. Wenn Menschen in der Lage sind, auf die Emotionen, Bedürfnisse und Erfahrungen anderer zu reagieren und sich mit ihnen zu verbinden, deutet dies auf ein höheres Maß an Empathie hin. Resonanz kann sich auch in der Kommunikation und im nonverbalen Verhalten manifestieren. Zum Beispiel kann eine ähnliche Körpersprache, Gestik oder Mimik zwischen zwei Personen auf eine Resonanz hindeuten. Gleichzeitig kann die Qualität der Kommunikation und des Dialogs aufgrund einer Resonanz verbessert sein, da die Beteiligten besser aufeinander eingehen und sich verstehen. Resonanz kann auch auf eine gemeinsame Identifikation und Verbundenheit zwischen Menschen hinweisen. Wenn Menschen in Resonanz sind, können sie Gemeinsamkeiten in ihren Erfahrungen, Werten oder Interessen erkennen, was zu einem Gefühl der Verbundenheit und des Zusammenhalts führen kann. Die Resonanz kann auf verschiedene Weise zum Ausdruck kommen:
Beispiel 14549 - Dem Mediator fällt auf, dass die hoch zerstrittenen Parteien in ihrer Körpersprache völlig synchron sind. Wenn der Ehemann seine Körperposition ändert folgt die Ehefrau nach kurzer Zeit und setzt sich ähnlich hin. Der Mediator macht ein Foto davon, wie die Parteien sitzen. Er zeigt es den Parteien mit der Bemerkung: "So sehe ich Sie. Fällt Ihnen etwas auf?". Die Frau sagt daraufhin: "Wir waren einmal eng verbunden".

Resonanz zwischen dem Mediator und den Medianden
Die Resonanz zwischen dem Mediator und den Medianden ist auch ein wichtiges Element in der mediativen Beziehung. Sie ermöglicht eine tiefe Verbindung und ein gegenseitiges Verständnis zwischen dem Mediator und den Medianden, was den Verstehensprozess unterstützen kann. Es geht darum, sich auf einer empathischen und einfühlsamen Ebene mit den Erfahrungen und Gefühlen des Patienten zu verbinden. Zu beachten ist allerdings die Gradwanderung zwischen Nähe und Distanz, suche die Neutralität.
Die Mediation als Resonanzboden
Wie ein Resonanzboden bietet die Mediation eine Struktur und ein Setting, das in der Lage ist, positive Schwingungen zu verstärken und negative Schwingungen zu absorbieren. Vergleicht man die Mediation mit den unterschiedlich schwingenden Metronomen, wäre die Mediation (bzw. der für sie handelnde Mediator) die Platte, auf die sich die Metronome in den Gleichgang hineinschwingen. Die nicht abgestimmten Resonanzen der Parteien wirken sich auf den Mediator aus. Wie die Platte in der Metapher der Metronome kann er die Schwingungen nicht in der von den Parteien vorgegebenen Impulsivität zurückgeben. Die Authentizität mit seiner Rolle ist mit der Starrheit der Platte zu vergleichen. Sie gibt nur die Schwingungen zurück, die in das Konzept der Mediation passen.

Bedeutung für die Mediation

Es bedarf keiner genauen Angrenzung in der Mediation. Entscheidend ist, dass der Mediator die Wechselwirkung in der Kommunikation und auf der Beziehungsebene auch im Verhältnis zu den Medianden erkennt. Das Wissen über die Resonanz mag ihm helfen, stabil in seiner Rolle als Mediator zu bleiben.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-03-09 10:40 / Version 27.

Siehe auch: Empathie, Bindungstheorie, Beziehungsanalyse, Haltung
Prüfvermerk: -


Based on work by Cornelia Droege genannt Körber und Arthur Trossen . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Samstag April 27, 2024 14:25:16 CEST.

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