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Forscherforum

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Gerichtsmediation

Die ersten taghaften Versuche das Verhältnis der Institution Justiz und der Institution Mediation zu beschreiben hat zu einem Nähe und Distanzdielamma geführt. Einerseits ist mehr als nur Nähe, sondern sogar Einbeziehung gemeint, andererseits ist die Mediation aber ein Geschäftsfeld der freien Berufe. Es kommt zur Konkurrenz. Zwar gibt es Modelle, die eine Lösung vorgeben, in dem die Gerichte die Mediation methodisch anwenden ohne dabei ihr Produktportfolio zu verändern. Sie sich aber nicht populär genug, um daraus einen Trend entstehen zu lassen. Umso mehr interessiert es, ob es andere Projekte gibt.

Die gerichtsinterne Mediation und die außerhalb des Gerichts, sei es, dass ein gerichtliches Verfahren an-/rechtshängig ist oder nicht, könnten m.E. prima Hand in Hand gehen. Ein Nebeneinander wird nicht von allen akzeptiert, ein Miteinander schon gar nicht. Das ist schade, begrenzt es doch das Spielfeld, in dem die Lösungssuche beginnen und stattfinden kann!
Zur Veranschaulichung:
Die gerichtsinternen Mediationen, an denen ich bislang teilgenommen habe, hatten sämtlich gemein, dass ein einziger Termin vorgesehen war. Diese Termine sind zeitlich limitiert, weil das Dezernat noch geführt werden muss.
Ein Termin dauerte 5 Stunden, das war der mit Abstand längste. Nun habe ich eine ("Ein-")Ladung vorliegen, für die 1 Stunde Zeit eingeräumt wurde (und das beim Thema Wechselmodell ja/nein und Folgen für den Kindesunterhalt). Letzte Woche nahm ich an einem Güterichtertermin teil, in dem wir einen Fahrplan abstimmen konnten und die Möglichkeit eingeräumt wurde, einen zweiten Termin wahrzunehmen, um erforderlichenfalls finetuning zu betreiben- ein Wunder! Die Option, fortfahren zu dürfen, wenn es doch hakt, hat Erleichterung hervorgerufen und noch mehr Verhandlungsbereitschaft (mehr ging in der Kürze der Zeit nicht) als das Damoklesschwert "wenn sie sich hier nicht einigen, dann geht es zurück zum Richter, der entscheidet dann, selbst schuld, ich habe ohnehin nicht viel Zeit".
Die Güterichtertermine haben nach meiner Erfahrung immer zum Ziel, eine Vereinbarung zu erzielen, und geben damit viel Druck an/auf die Medianden weiter. Diese sind ohnehin aufgeregt, denn dennoch ist man bei Gericht und ein Richter ist anwesend, der oftmals auch als solcher identifizierbar ist.
Ich frage mich, ob es nicht auch möglich sein kann, dass vor allem dann, wenn die Zeit so limitiert ist, das Güterichterverfahren -besser: der Termin beim Güterichter oder die Zusammenkunft- dazu zu nutzen, die Parteien/ Beteiligten in eine Mediation außerhalb des Gerichts zu begleiten, den Weg dorthin zu ebnen. Problem ist dabei natürlich die Geldfrage.


Ich spüre auch manchmal ein Konkurrenzdenken. Warum sollen wir das einem (freien) Mediator geben wir können doch auch Mediation. Es gab eine Zeit (weiß aber nicht mehr ob das heute noch so ist), da war man der Auffassung, dass ein Richter statistisch (nach PEBB§Y gemessen) und im Durchschnitt 5 Stunden an einem Fall arbeitet. Daraus hat man geschlossen, dass die Mediation ein Gewinn für die Justz sei, wenn es ihr gelingt, den Fall in bis zu 5 Stunden abzuwickeln. In machen Ländern war das dann sogar ein festgesetztes Limit. Mein Eindruck war aber auch, dass sich das Limit aufgelöst hat. Wie es scheint, nicht überall. Mein Modell wäre, dass der erkennende Richter die Kompetenzen des Mediators nutzt, um den Weg in eine kooperative Lösung zwischen den Eltern zu weisen. Gerade bei hoch eskalierten Familiensachen kann er mitunter mehr erreichen als ein Mediator. Das war auch die Idee und Praxis beim Altenkirchener Modell. Ideal wird die Fallbearbeitung, wenn Richter mit (externen) Mediatoren und umgekehrt zusammenarbeiten. Ob der Richter sich so oder so nennt, ist eigentlich egal. Wichtig ist, dass die Gerichtsmediation (Güterichtersachen) nicht als Konkurrenz gesehen werden, was sie de Fakto sind. Das Konkurrenzdenken führt dann nämlich dazu, dass die einen meinen, sie müssten sich beweisen und die anderen meinen, die Richter hätten gar nicht die Kompetenz für eine Mediation, was auch nicht (immer) stimmt.

Ein Richter, der die Kompetenzen des Mediators nutzt- ein Traum.
Fraglich ist aber auch hier schon ein Schritt zuvor, wie die Kompetenzen der Mediation vermittelt werden können, um auf der Basis die Kompetenzen eines Mediators einzubringen. Konkret meine ich damit, dass die Einleitung "Ich verstehe, dass sie wütend sind" keine Mediation darstellt oder darstellen muss, sondern teilweise zu einer unkontrolliert verursachten Eskalation führt, denen in der Not dann nur noch mit hoheitlichen Maßnahmen begegnet wird, und zum anderen, dass der Glaubenssatz "wenn ich im Streitverfahren bin, gibt es keine Mediation" noch immer in den Köpfen spukt, auch unter Parteivertretern und anderen am Verfahren Beteiligten.
Es ist m.E. unabdingbar, eine scharfe Trennung vorzunehmen zwischen Mediation als Verfahren und Mediation als Kognitionsprozess. Es braucht diese Grundlage, um den Strauß an Möglichkeiten zu sehen.

Wie kann auf das Phänomen des Konkurrenzdenkens reagiert werden?
Bei dem Versuch der Beantwortung dieser Frage muss m.E. zwischen den verschiedenen Beteiligten differenziert werden.
Auf Seiten des Mediators oder desjenigen, der die Kompetenzen des Mediators zum Wirken bringen will und soll könnte überlegt werden: Sollte die Ausbildung zum Mediator dies stärker berücksichtigen z.B. unter dem Gesichtspunkt des/der Streitsystems/e, der verschiedenen Konflikt-/Streitbeilegungsverfahren, der Rollen und Kompetenzen, der Wirkmechanismen? Damit würde das Phänomen auf der Wissens- oder Verstandesebene bearbeitet werden. Oder aber ist es allein eine Frage der Haltung (des Mediators)?
Aus Sicht derer, die die Medianden begleiten, könnte die Frage anders lauten. Betrifft es vielmehr das Gegenüber, das das nur erkennen und entscheiden muss, wie man damit -Konkurrenzdenken und der dadurch entstehenden Situation- umgehen kann?

Oder geht es in Wirklichkeit um die Frage, wer eigentlich entscheidet, welches Spiel gespielt wird? Bei welchem Spiel bin ich dabei?