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Genugtuung

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

Konflikt Genugtuung Rache Befriedigung Eintrag Suche

Die Genugtuung ist eine Form der Befriedigung. Sie geht aber auch darüber hinaus. In dem Wort Genugtuung kommt das Wort genug vor. Genug bedeutet ausreichend, in notwendiger Menge oder in zufriedenstellendem Maße vorhanden. Mit dem Hinweis, dass es genug sei, kann auch angedeutet werden, dass das Maß voll sei.1 Auch die Genugtuung ist abhängig von einem zugrunde gelegten Maßstab. Sie spiegelt die beiden Seiten wider, die eine unterschiedliche Sicht auf das zugrunde zu legende Maß des Genügens erlaubt.

Was ist Genugtuung?

Die Genugtuung ist zunächst einmal die Substantivierung des Eigenschaftswortes genug. Der Begriff wird allerdings eher in einem Kontext verwendet, wenn etwas in Schieflage geraten ist. Auch wenn das Tun auf eine Handlung hindeutet, beschreibt die Genugtuung das Gefühl das eben mit dieser Handlung einhergeht. Gemeint ist die innere Befriedigung, die einseitig bei der geschädigten Partei durch den Ausgleich oder nach der Wiederherstellung eines empfundenen Ungleichgewichts aufkommt. Sie ist ein komplexes Phänomen, das nicht nur mit Emotionen, sondern auch mit den maßsetzenden sozialen Normen und dem dahinter verborgenen Verhalten verknüpft ist.

Die Funktionen der Genugtuung

Die Genugtuung spielt eine wichtige Rolle für das psychologische Wohlbefinden einer Person. Sie ermöglicht es, negative Emotionen wie Wut, Frustration oder Trauer zu bewältigen, um ein Gefühl der Zufriedenheit oder des Abschlusses zu erreichen. Sie trägt nicht nur zum persönlichen Wohlbefinden bei, sondern dient auch der Aufrechterhaltung sozialer Normen und der Regulierung des Verhaltens. Sie motiviert Menschen, sich an soziale Regeln zu halten und Konflikte auf konstruktive Weise zu lösen. Die Genugtuung ist eng mit dem Gerechtigkeitsempfinden verbunden, woraus sich das Maß und die zur Genugtuung führende Vorgehensweise abbilden lässt. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass eine ungerechte Handlung oder ein Schaden angemessen ausgeglichen wurde, stärkt der Ausgleich ihr Vertrauen in die Fairness des sozialen Systems und stabilisiert die Beziehung.

Die Herausforderung der Genugtuung

Das Maß der Genugtuung entsteht durch den Vergleich zwischen einem erlebten Ereignis und den dadurch ausgelösten Defiziten mit der an persönlichen Vorstellungen und sozialen Begebenheiten zu messenden Erwartungen. Es gibt also eine individuelle und eine soziale Komponente. Das Gefühl der Genugtuung stellt sich ein, wenn diese Erwartungen erfüllt werden. Die Genugtuung beruht auf einem individuellen Erleben. Die Art und Weise, wie und welche Bedeutung dem Ereignis zugeschrieben wird, beeinflusst die Genugtuungserfahrung. Auch wenn die Genugtuung emotional wahrgenommen wird, beruht sie auf einem tatsächlichen Ereignis oder Vorgang, der aus unterschiedlichen Perspektiven zu beurteilen ist. Es erfordert eine Reflexion, um die unterschiedlichen Perspektiven zu erkennen und gegeneinander abzugleichen. Besonders dann, wenn die Genugtuung mit einer Vergeltung oder gar mit Rachegedanken verknüpft wird, können die Emotionen dieser Reflexion massiv im Wege stehen. Damit stellt sich ein Zusammenhang mit der Konfliktarbeit her.

Die Genugtuung im Konflikt

Die Genugtuung spielt eine außerordentlich wichtige Rolle bei der Bewältigung von Konflikten. Sie bildet einen emotionalen Motivator ob und wie es zur Konfliktbeilegung kommen kann. Es geht um die Befriedigung. Ein Blick auf das Lösungspentagramm gibt Hinweise, was dafür erforderlich ist. Es belegt, dass und warum die Lösung des Konfliktes nicht immer zur Befriedigung führt. Die Befriedigung stellt sich erst ein, wenn ihr Nutzen die aus dem Mangel resultierenden Bedürfnisse deckt. Die Genugtuung kann deshalb nur mit einem Blick auf die Bedürfnisse herbeigeführt werden. Die Bedürfnisse werden meist nicht direkt angesprochen, kommen aber in den figurierten Emotionen zum Ausdruck. Inhaltlich verbirgt sich der Wunsch nach Genugtuung meist hinter den Fragen nach Gerechtigkeit und Wiedergutmachung.

Die Möglichkeiten zur Herbeiführung der Genugtuung

Die naheliegende Genugtuung ergibt sich aus der Vergeltung. Sie ist aber nicht immer möglich.2 Erst recht nicht, wenn der Gegner das Geschehen anders beurteilt. Natürlich wäre es möglich, über Fragen der Gerechtigkeit zu philosophieren oder die juristische Frage der Wiedergutmachung zu klären. Es ist jedoch fraglich, ob die Antworten auch zu einer emotionalen Befriedigung führen. Die Genugtuung ist ein komplexes Phänomen, das von den Umständen des Konflikts, den beteiligten Parteien und den zugrunde liegenden Emotionen abhängt. Deshalb macht es Sinn, alle diese Komponenten anzusprechen. Sie ergeben Spielräume, die dem Umgang mit der Genugtuung entgegenkommen. Worauf es ankommt ist meist:

  1. Stärkung des Selbstbewusstseins, um Resilienz und Widerstandkraft herzustellen
  2. Veränderung der Sichtweise, um alle Aspekte ins Kalkül ziehen zu können
  3. Eingeständnis der Emotionen, um die Motive zu verstehen und um nach dem Kontrastgefühl zu suchen
  4. Identifikation des Nutzens, um den Maßstab der Befriedigung zu ermitteln

Die maßgeblichen Mittel zur Förderung dieser Prozesse sind die :

  1. Reflexion
  2. Information und Sachklärung
  3. Kommunikation und Verständnis

Neben der erfolgreichen Vergeltung tragen Akzeptanz und Wertschätzung, Vergebung und Loslassen, Entschädigung und Ausgleich sowie Zeit und Geduld dazu bei, die Genuggtuung zu verwirklichen.

Bedeutung für die Mediation

Die Mediation bietet alle Optionen zur Herbeiführung der Genugtuung an. Ihr Ziel ist auf die Befriedigung (Zufriedenstellung aller Parteien) gerichtet. Damit wird zwar nicht explizit die Genugtuung einer Partei genannt. Sie ist jedoch ein mehr oder weniger zwangsläufiges Abfallprodukt, wenn sich die Zufriedenheit auf beiden Seiten herstellen lässt. Die Genugtuung des Siegens oder die der Übervorteilung des Gegners kann sie sicher nicht anbieten. Dafür liefert sie eine ganz ander Art der Genugtuung. Mit der Mediation3 stellt sich eine Veränderung der Sichten her. Indem sie die Selbstsicht und die damit einhergehenden Schutzfaktoren nach vorne stellt, erzeugt sie Resilienzeffekte, die zu einer Stärkung der Persönlichkeit der Parteien führt. Aus dieser Stärke heraus ergeben sich andere Optionen, wie die Befriedigung herbeizuführen ist. Eine Enschuldigung, die nach der Einsicht auf der Gegenseite möglich wird, kann viel helfen. Auch die Vergebung ist eine Möglichkeit, seine Genugtuung zu finden. Erforderlich wird eine tiefergehende Konfliktarbeit in der Phase drei. Wenn sie die nötige Tiefe erreicht, löst schon die damit einhergehende Bewältigungsarbeit bei den Parteien eine Genugtuung mit sich selber aus. Sie erkennen ihre Überlegenheit, nicht unbedingt gegenüber der anderen Partei, aber über den Konflikt. Mehr Genugtuung geht nicht.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-04-02 16:40 / Version .

Alias:
Siehe auch: Rache, Vergeltung
Prüfvermerk: -

2 Siehe näher dazu Rache
3 zumindest der transformativen und der integrierten Mediation


Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag April 30, 2024 20:25:39 CEST.

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