Sie können Rumpelstilzchen gleichsetzen mit einem Symbol für Konflikte. Das Märchen legt typische Konflikteigenschaften offen. Rumpelstilzchen (der Konflikt) erscheint immer unaufgefordert, unerwartet und wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Es (der Konflikt) verursacht immer ein schlechtes Gefühl. Es löst (mitunter sogar) eine existenzielle Angst aus. Rumpelstilzchen (der Konflikt) zeigt sich aber nicht nur von der dämonischen Seite. Es (der Konflikt) zeigt vielmehr auch den Weg auf, wie es zu beseitigen ist. Man muss nur den wahren Nahmen des Dämons nennen.

Wenn Rumpelstilzchen als Synonym für den Konflikt gesehen werden kann, ergibt die Analogie die Aufforderung, den richtigen Namen des Konfliktes zu nennen. Wie im Märchen ist es wichtig ist, dass der Name nicht von Dritten, sondern von der konfliktbetroffenen Person selbst genannt wird. Es muss allerdings der richtige Name sein.

Der richtige Name

Hinter der Beobachtung steht die Erfahrung, dass die Macht des Bedrohlichen oft verloren geht, wenn die Bedrohung erkannt wird1 . Was ist der richtige Name und wie lässt er sich finden?

Der richtige Name (des Konfliktes) heißt nicht: "Du bist schuld!", oder: "Du machst alles falsch!", oder: "Du bist der Grund warum es mir schlecht geht!". Solche Namen bewirken nur Erwartungen an die andere Streitpartei, die womöglich bestritten werden. Nicht nur das. Die andere Partei gibt dem Konflikt womöglich den gleichen Namen: "Du bist schuld!", oder: "Du machst alles falsch!", oder: "Du bist der Grund warum es mir schlecht geht!". Es wird deutlich, dass diese Namen nicht dazu beitragen, dass sich der Konflikt auflösen kann. Im Gegenteil! Diese Namen halten Rumpelstilzchen am Leben. Was also ist der richtige Name von Rumpelstilzchen? Was ist der Name, der den Konflikt beilegt und der dazu führt, dass sich Rumpelstilzchen in sich selbst auflöst?

Den Namen finden

Der richtige Name von Rumpelstilzchen ist die korrekte Benennung des Konfliktes. Weil der Konflikt zwar von außen veranlasst wird, aber im Inneren stattfindet, betrifft der Name einen inneren, nicht einen äußeren Tatbestand. Er findet sich über die Frage: "Was in mir macht mich so wütend und betroffen?" oder "Wovor habe ich Angst?". Sobald es eine Antwort auf diese Fragen gibt, zeigt sich der Weg in die Konflikt(auf)lösung.

Jetzt wird deutlich, warum es so wichtig ist, dass der Mediator eine korrekte Konfliktanalyse durchführt und den Parteien die Möglichkeit gibt, den Konflikt selbst zu analysieren. Es ist ein Merkmal des Konfliktes, dass er sich erhalten will. Das gelingt ihm am besten, wenn er Chaos stiftet, wenn er verwirrt oder Symptome zeigt, die in die Irre leiten2 . Wie bei Rumpelstilzchen gibt es aber auch Anhaltspunkte dafür, wo sein wahrer Kern (seine Identifikation) zu finden ist. Es ist ein Teil des mediativen Klärungsprozesses, diese Anhaltspunkte herauszuarbeiten - und zwar so, dass die Parteien den Konflikt selbst identifizieren können.

Die Eigenverantwortung

Der korrekte Name von Rumpelstilzchen ergibt sich nicht aus der Sicht auf das Gegenüber. Er hat alle Seiten im Blick und betrachtet den Konflikt als Ganzes. Er sieht beide Seiten und deren Einfluss auf das Konfliktgeschehen. in dem Moment, wo den Parteien diese Sicht möglich wird, sind sie in der Lage, den Konflikt zu lösen. Oft geschieht es, dass in dem Moment, wo die Parteien ihre eigene Verantwortlichkeit am Konfliktgeschehen erkennen, sich der Konflikt auflöst. Der richtige Name von Rumpelstilzchen lautet deshalb: "Der Konflikt ist ... und wir beide tragen Verantwortung dafür, dass er beigelegt werden kann".