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Über Langspielplatten und die Begründungssemantik

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

Konflikt Kommunikation Begründungssemantik Argumente Zuhören Eintrag Suche

Umgangssprachlich wird das Phänomen der Begründungssemantik auch als die Langspielplatte bezeichnet. Sie kennen auch das Laiern, das Herunterbeten. Die immerwährenden Argumente und Gegenargumente, werden nicht müde, sich zu wiederholen und immer wieder abzuwandeln. Man redet im Kreis und kommt nicht weiter. Es geht also um Langspielplatten und Kreisdreher. Diese Begriffe beschreiben das Phänomen, dass Menschen aus dem Argumentieren nicht herauskommen, Diskussionen sich im Kreis drehen und Argumentationsketten alles andere als überzeugend sind.

Phänomenologie

Von außen fühlte sich an wie ein verbohrt sein. Die Menschen haben ihre Glaubenssätzen Überzeugungen gefunden und wollen davon nicht mehr loslassen. Sie haben ihre Glaubenssätze schon mehrfach verteidigt, sodass sie genug Gelegenheit hatten, so viele Rechtfertigungsmuster zu kreieren, dass sie selbst aus ihrer eigenen Rechtfertigungsschleife nicht mehr herausfinden. Wer sich mit diesen Menschen auf einen Dialog einlässt, was zu spüren bekommen wie schwierig es ist, den Glaubenssatz mit Argumenten auszuhebeln. Je eloquenter der Mensch ist, umso mehr Hilfskonstruktion und Raffinessen stehen ihm zur Verfügung, um sich dagegen zu wehren ihn eines Besseren zu lehren. Die Begründungssemantik hat aber nichts mit der Intelligenz zu tun. Auch weniger begabten Menschen gelingt es, sich nicht von den Begründungsmuster abwenden zu lassen1 .

Lösungsansatz

Sicher ist lediglich, dass ein Argumentieren nicht weiterführt. Besonders im Bereich des NLP finden sich etliche Vorschläge, wie mit dem Problem umzugehen ist. Aber auch die Kommunikationswissenschaft kennt Konzepte. Watzlawick beispielsweise empfiehlt zunächst die Metakommunikation oder eine paradoxe Intervention2 . Tille beschreibt die Sleight of Mouth Methode des NLP, das als als eine artistische Geschicklichkeit im Umgang mit der Sprache verstanden werden soll1 . Dabei benennt er folgende Sleight of Mouth Muster:

  1. Umdefinieren (Austausch von Worten, Umdeutung) ⇒ Umdefinieren, Umwidmen
  2. Folge (Über den Tellerrand hinaus denken) ⇒ Mäeutik
  3. Absicht (Motive herausstellen) ⇒ Loopen
  4. Chunking up (Generalisieren, auf einen größeren Rahmen beziehen) ⇒ Chunking
  5. Chunking down (Auflösen in Teile) ⇒ Chunking
  6. Gegenbeispiel (Beispiel, das nicht in den Glaubenssatz passt)
  7. Anderes Ziel / Ergebnis (Thema das den Zusammenhang des Glaubenssatzes nicht mehr beinhaltet)
  8. Analogie (Metapher mit anderem Ausgang) ⇒ Analogie, Metapher
  9. Anwendung auf Selbst (Aussagen werden auf den Sprecher bezogen) ⇒ Windows
  10. Kriterien-Hierarchie (höher bewertetes Kriterium gegenübersetzen)
  11. Andere Rahmengröße (neuer Zusammenhang) ⇒ Reframing
  12. Metarahmen (Der Glaubenssatz wird in den Rahmen eines größeren Glaubenssatzes gesetzt.
  13. Modell der Welt (Glaubenssatz aus einem anderen Modell heraus bewerten)
  14. Realitätsstrategie (Wahrnehmungsprozess hinterfragen, der der Aussage zugrunde liegt) ⇒ Realitätscheck

Die Techniken sind auch unter den Mediationstechniken bekannt, auch wenn sie z.T. anders benannt werden.

Bedeutung für die Mediation

Die Mediation unterstützt den Prozess der Auflösung von Positionen und Mustern schon deswegen, weil die Mediation anders ist und keinen oder wenig Raum zum Argumentieren lässt. Der Mediator ist also gut beraten, wenn er zunächst darauf achtet, dass sich die Mediationslogik verwirklichen kann. Wenn das Phänomen innerhalb der Logik auftritt, sind natürlich auch jetzt Interventionen angebracht. Sie verfolgen das Ziel, der Partei zu helfen, sich für andere Gedanken zu öffnen.

Die Haltung des Mediators oder der Mediatorin spielt eine wichtige Rolle. Der Mediator muss herausfinden, mit welcher Technik es möglich wird, dass die Partei sich hinterfragt und erlaubt, sich mit anderen, neuen Gedanken auseinanderzusetzen. Naive Fragen helfen, weil sie verwirrend sind und obwohl geläufig, nicht beantwortet werden können. Beharrlichkeit und immerwährende Aufforderung den Gedanken neu oder anders zu formulieren hilft auch, die gedanklichen Grenzen zu überwinden. Die Mäeutik ist schließlich eine sehr nützliche Technik, weil sie Grenzen aufzeigt und zu einem kleinschrittigen Denken zwingt.

Weil die Mediation nach Gemeinsamkeiten sucht auf denen sich die Lösung für die Zukunft aufbauen lässt, bietet sie einen einfachen Weg, ein Bestreiten aufzulösen:

Beispiel 12016 - A behauptet, B hätte bei dem letzten Umgang mit dem gemeinsamen Kind nicht genügend auf das Kind geachtet. Die Behauptung wird mit Vorwürfen verknüpft. B bestreitet sowohl die Behauptung wie die Vorwürfe und erwidert seinerseits mit Vorwürfen. Der Mediator unterbricht und sagt: "Ich stelle fest, Sie beide sind der Auffassung, dass Ihr Kind beim Umgang eine gehörige Achtung verdient. Ist das zutreffend?". Die Parteien bejahen überrascht. "Ja, natürlich!", sagen Sie. Der Mediator führt fort: "Dann lassen Sie uns überlegen, wie dieses Bedürfnis in Zukunft zuverlässig und für beide sichtbar realisiert werden kann."


Die Notwendigkeit, die Parteien aus dem Argumentationskreislauf zu befreien, wird als eine Herausforderung erfasst, die in den Verzeichnissen als {trackermerkeitem trackerId="86" fieldId="911" fieldId2="912" itemId="12010"} und als {trackermerkeitem trackerId="81" fieldId="846" fieldId2="847" itemId="12015"} geführt werden.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-03-10 11:19 / Version .

Aliase: Sleight of Mouth
Siehe auch: Verzeichnis-Werkzeuge
Prüfvermerk: -


Based on work by Holger Kern und Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
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