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Die Lehre der Integrierten Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite integrierte Mediation, die dem Kapitel Mediationskonzepte im 3. Buchabschnitt Mediation zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Mediationskonzepte integrierte Mediation Mediationsmodell virtuelle Mediation kognitive Mediationstheorie Schulen

Worum es geht: Der Begriff Integrierte Mediation steht in erster Linie für ein Mediationskonzept.1 Die Verwendung dieses Konzeptes wirkt sich auf das Mediationsmodell2 und das Anwendungsformat3 aus. Schließlich muss der Begriff auch für den Namen eines Mediatorenverbandes herhalten. In diesem Beitrag geht es um die inhaltlichen Aspekte der Integrierten Mediation und ihre wissenschaftliche Herleitung.

Einführung und Inhalt: Sie erinnern sich an die Darstellung zur Methodik der Mediation?
Dort wurde das Verfahren mit einer Straße verglichen, die wie auf einer Landkarte den groben Weg zum Ziel vorgibt.4 Wenn wir uns entscheiden, den Weg mit dem Auto zurückzulegen, wäre das Auto mit dem Werkzeug, also den Techniken, zu vergleichen. Die Fähigkeit, das Auto sicher auf dem Weg ans Ziel zu bringen, entspräche dem Know-how. Je besser die Straße ausgebaut ist, umso schwerer fällt es, den Weg zu verlassen. Die Straße dient als Metapher für das Mediationsverfahren. Der logische Zusammenhang von Straße, Werkzeug und Methode präzisiert seine Strukturierung.

Methodik

In der Praxis der Konfliktbeilegung ist die Straße des Mediationsverfahrens allerdings oft nicht so gut ausgebaut wie auf dem vorstehenden Bild. Es gibt sogar Fälle, wo niemand ein Interesse daran hat, die Straße zu benutzen. Manchmal ist auch gar keine Straße erkennbar. Das bedeutet konkret, dass die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes dort nicht möglich ist. Es erklärt auch, warum die Mediation nicht so nachgefragt wird, wie es sein könnte.5

Erfahrungen der Praxis

Auch wenn die Straße nicht erkennbar ist, liegt die Mediation auf dem Weg. Das haben die ersten Gehversuche mit der Mediation im unwegsamen Gelände gezeigt. Es hat sich herausgestellt, dass und wie die Mediation möglich wird, obwohl die Parteien nicht bereit sind, sich auf das Verfahren einzulassen. Mit dem im Laufe der Zeit herausgebildeten Verständnis der Integrierten Mediation kann die Mediation als eine Straße des Umdenkens beschrieben werden. Die Parteien müssen anders denken, damit sie die Lösung finden. Das Verfahren der Mediation ist allerdings nicht die einzige Option, die ein Umdenken ermöglicht. Ein Umdenken basiert auf Erkenntnissen. Es ist mit den Mitteln der Mediation und ihrem Wissen auch jenseits des formalen Verfahrens zu erzielen, sobald die Mediation als ein Erkenntnisprozess verstanden wird. Dieses Verständnis ist einer der Kerngedanken der Integrierten Mediation. Sobald auf die zu erzielenden Erkenntnisse abgestellt wird, ist weder der Weg der Mediation noch der Weg in die Mediation verschlossen, selbst wenn die Strasse nicht zu erkennen ist. Anders formuliert kommt ein guter Autofahrer mit dem passenden Fahrzeug auch ans Ziel, wenn er durch ein unwegsames Gelände fährt. Es ist nur etwas schieriger, den fahrbaren Weg zu finden. Diese Metapher lässt sich mit dem Konzept der Integrierten Mediation ganz gut vergleichen.

 Merke:
Leitsatz 14970 - Ein guter Mediator kommt auch ans Ziel, wenn er die Straße (also das formale Mediationsverfahren) verlässt und querfeldein fahren muss. Er kann auch dann noch eine Mediation abbilden. Er muss nur wissen, wie.

Um in der Metapher einer Strasse zu bleiben, ermöglicht die Integrierte Mediation eine Querfeldeinfahrt. Sie benutzen zwar immer noch die Landkarte, das Auto und das Know-how, um ans Ziel zu kommen. Allerdings sind Ihr Auto und Ihr Know-how besser ausgestattet. Sie können die Landkarte genauer lesen, sodass sie nicht mehr auf die vorgegebene Straße und deren Leitplanken angewiesen sind. Sie finden andere Wege, vielleicht sogar Abkürzungen.

Übertragen auf die Mediation wird die Querfeldeinfahrt möglich, indem Sie die Mediation aus ihrem formalen Korsett befreien und virtualisieren. Das ist leichter gesagt als getan. Es wird jedoch möglich, weil die Integrierte Mediation die Mediation als einen Gedankengang beschreibt. Gedanken sind frei. Sie sind nicht an eine Form gebunden. Wenn Sie wissen, worauf es ankommt, und wenn Sie die Elemente der Mediation wie die Bausteine der Straße als Erkenntnisschritte methodisch korrekt zusammensetzen können, brauchen Sie keine Straße mehr, um ihren Effekt auszulösen. Dann finden Sie ihren gedanklichen Weg auch im unwegsamen Gelände außerhalb der formalen Mediation i.S.d. §1 Mediationsgesetz. Jetzt fühlt sich die Mediation wie in der Darstellung des nachfolgenden Bildes an. Es gibt (fast) keine Grenzen mehr.

IM-Methodik

Die Metapher des unwegsamen Geländes beschreibt die Einsatzmöglichkeiten und die Herangehensweise der Integrierten Mediation. Sie verlagert den Schwerpunkt vom Verfahren auf die Kompetenz der Mediation. Im Mittelpunkt steht ihre typische Denkweise. Darauf hatten sich einst auch die Mitglieder des gleichnamigen Verbandes festgelegt. Sie hielten in einer Versammlung fest:

Für uns ist die Mediation in erster Linie eine Art Philosophie. Sie beschreibt eine Art des Denkens.
Die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes ist demnach lediglich ein mögliches Anwendungsformat unter vielen.

Das wissenschaftsbasierte Konzept wird auf die kognitive Mediationstheorie zurückgeführt. Nach der aktuellen Einschätzung ist sie die bisher einzige Theorie, die die Zusammenhänge der Mediation in sich stimmig beschreiben kann.6 Sie erläutert, warum die Mediation mehr ist als nur die Anwendung von irgendwelchen Techniken. Sie beschreibt präzise, was alles zusammenkommen muss, damit der außerordentlich komplexe Prozess der Mediation in allen denkbaren Fällen seine Wirkung entfalten kann.

Was ist anders?

Der Erklärungsansatz, dass die Mediation einen Erkenntnisprozess abbilden muss, folgt der Vorgabe, dass die Parteien ihren Konflikt selbst beilegen sollen. Also müssen sie denken (nicht der Mediator), um die Lösung zu finden. Der Mediator muss allerdings wissen, wie die Parteien denken müssen, damit sie die Lösung finden können. Das ist, woran der Mediator denkt. Er fragt sich stets, was geschehen muss, damit sich die Parteien auf den Gedankengang der Mediation einlassen und ihm folgen können.

Nach cem Konzept der Integrierten Mediation beschreibt die Mediation aber nicht nur den gedanklichen Weg zur Lösung. Sie beschreibt auch, wie die Hindernisse aus dem Weg zu räumen sind, die die Parteien davon abhalten, selbst eine Lösung zu finden.

Diese Ausgangsbasis erlaubt eine Präzisierung des generellen Verständnisses der Mediation. Sie soll nachfolgend dem allgemeinen Verständnis der Mediation in einigen Eckpunkten gegenübergestellt werden:

Mediation allgemein integrierte Mediation
Die Mediation ist ein ... Verfahren Die Mediation ist ein Prozess. Das Verfahren bildet lediglich den Container, in dem die zur Lösung führende Methodik umgesetzt wird.7 Es gibt eine strikte Unterscheidung zwischen dem Verfahren der Mediation und der Methode, wo die Mediationskompetenz zur Geltung kommt. Hier steht der Prozess im Vordergrund. Das Verfahren hat nur eine juristische Bedeutung.
Das Verfahren ist strukturiert Der Prozess ist strukturiert und strukturierend. Im Verständnis eines Erkenntnisprozesses ist die Mediation mit einer vielschichtigen Struktur ausgestattet, die auf mehreren Ebenen abläuft und mehrere Dimensionen umfasst.8 Im Mittelpunkt steht eine Informationsverarbeitung, die sich auf alle Aspekte des Konfliktes einlassen kann und dazu beiträgt, die Komplexität zu bewältigen.
Das Verfahren ist vertraulich Es kommt darauf an, dass die Freiheit des Gedankenaustauschs gewährleistet sein muss. Die Vertraulichkeit ist dafür lediglich eine dispositive Bedingung und kein Eigenschaftsmerkmal der Mediation.
Die Konfliktbeilegung wird angestrebt Es geht darum, eine Lösung zu finden. Den Maßstab für das Finden bildet der Nutzen (Utilitarismus). Die Beilegung ist also nicht beliebig. Sie muss durch das Suchen nach einer (anderen, besseren) Lösung gekennzeichnet sein, mit der alle Parteien zufrieden sind. Es genügt ein Widerspruch oder ein Problem, um die Suche auszulösen. Dadurch wird auch die Konflliktvermeidung einbezogen.
Die Parteien handeln eigenverantwortlich Die Eigenverantwortlichkeit erstreckt sich auf alle Verfahrensentscheidungen, nicht nur auf die Lösung. Alle Entscheidungen müssen im Konsens getroffen werden. Der Mediator trägt eine Mitverantwortung für die Lösung, so wie die Parteien eine Mitverantwortung für das Verfahren tragen.
Die Teilnahme beruht auf Freiwilligkeit Die Freiwilligkeit ist ein selbstregulierendes Element, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Die Freiwilligkeit sollte nicht mit der Mediationsbereitschaft verwechselt werden. Sie erwartet lediglich, dass die Parteien nein sagen, wenn sie nicht zustimmen können und dass sich alle so verhalten, dass niemand abbrechen muss.
mit Hilfe des Mediators Es geht um die Verwirklichung der Metaebene. Sie ermöglicht es den Parteien, den Konflikt und ihr Handeln zu reflektieren. Die Bereitstellung der Metaebene ist die Kernaufgabe der Mediation. Sie ist aber nicht zwingend an die Person des Mediators gebunden.
Der Mediator führt die Parteien durch die Mediation Der Mediator ist kein Führer. Er kennt lediglich den gedanklichen Weg der Mediation. Der Gedankliche Weg muss zusammen gegangen und zurückgelegt werden. Die Mediation ist ein konsensuales Verfahren auf gleicher Augenhöhe, weshalb auch der Mediator auf gleicher Augenhöhe steht.
Der Mediator hat keine Entscheidungsbefugnis Die fehlende Entscheidungsbefugnis ist nur ein dispositives Prinzip, kein Eigenschaftsmerkmal. Die Eigenschaft verwirklicht sich in dem von der Entscheidungsmacht geprägten Kommunikationsmodell. Es wird durch die weitergehende Indetermination ersetzt, die eine operative Beteiligung des Mediators vollständig ausschließt.
Die Mediation ist lösungsorientiert Die Mediation ist nutzenorientiert. Ihr Fokus wird nicht auf die Lösung, sondern auf den Nutzen gerichtet. Die Lösung ergibt sich aus den Nutzenkriterien. Die Erfüllung dieser in der Mediation herauszuarbeitenden Kriterien ergibt den Erfolgsmaßstab.

Eine Definition der Integrierten Mediation lautet demzufolge: Die integrierte Mediation ist eine Mediation auf der Grundlage der kognitiven Mediationstheorie. Sie versteht die Mediation als einen Erkenntnisprozess, der die Parteien unterstützt, selbst eine am Nutzen orientierte Lösung für Probleme und Konflikte zu finden und sich auf die Komplexität der Fragestellungen einlässt.

Die Kombination von Anwendung und Lehre

Der Begriff Integrierte Mediation ist historisch zu begründen. Er wurde eingeführt, weil ihre Gründer Wirkungsweisen und Anwendungsformate beschrieben hatten, die zumindest zur Gründungszeit von anderen Mediationsverbänden nicht für möglich gehalten wurde.9 Tatsächlich ist die Integrierte Mediation nichts anderes als Mediation. Ihre Besonderheit liegt darin, dass sie den erweiterten Mediationsradius erschließt. Der Unterschied zur konventionellen Mediation liegt in ihrer Herleitung. Der kognitive Ansatz begründet ein umfassendes Mediationsverständnis, das sowohl die Komplexität der Mediation wie ihre Vielfalt systematisch zu erfassen und zu würdigen weiß.10 Weil sie den Inhalt der Mediation dogmatisch aufbereitet, wird die Integrierte Mediation als eine eigenständige Lehre der Mediation erfasst und auch dementsprechend unterrichtet.11

 Merke:
Leitsatz 14420 - Die integrierte Mediation ist die Inkarnation (direkte Umsetzung) der kognitiven Mediationstheorie

Über die unterschiedlichen Lehren der Mediation

Der Bedarf für einen erweiterten Ansatz

Ausgangspunkt der Überlegungen zur Integrierten Mediation war zunächst die Beobachtung, dass die Mediation oft nur auf ein formales Konstrukt reduziert wird, das weder ihrer Kompetenz noch ihrer Komplexität gerecht wird. Auch die präzise Abgrenzung zu anderen Verfahren wird erschwert.12 Immerhin kann mit dem Erlaß des Gesetzes zur Förderung der Mediation13 davon ausgegangen werden, dass die Mediation auch in rechtlicher Hinsicht und entgegen der Definition in §1 Mediationsgesetz nicht ausschließlich als ein förmliches Verfahren anzusehen ist.14 Sie wurde und wird noch immer als eine Methode verstanden. Auch wenn die Integrierte Mediation die Mediation eher als ein Methodenkonglomerat als eine singuläre Methode versteht, ist es dennoch bemerkenswert, dass beispielsweise § 278 Abs. 5 ZPO die Anwendung der Methodik in einem gerichtlichen Verfahren vorsieht. Die Mediation kann also auch in anderen Verfahren zur Anwendung kommen. Diesen Ansatz macht sich die integrierte Mediation zu eigen.

Dass die formale Sicht auf die Mediation nicht nur zu Einschränkungen, sondern auch zu Abgrenzungsproblemen führt, belegt bereits die Auffassung, wonach der Mediator nur deshalb eine Schlichtung durchführe, weil er dort einen Vorschlag unterbreite.15 Derartige Pauschalierungen waren für die Begründer der integrierten Mediation ebensowenig nachvollziehbar, wie die Auffassung, dass etwa ein Richter trotz identischer Herangehensweise nicht mediieren könne, nur weil ihm das Verfahren formal und auf den ersten Blick16 eine andere Rolle zuschreibt. Umgekehrt wurde eine Verhandlung mit aktivem Zuhören nur deshalb als Mediation bezeichnet, weil sie von einem Mediator durchgeführt wurde. Wird die Verhandlung nur deshalb eine Mediation? Diese und weitere Irritationen über das Verständnis der Mediation warfen die Frage auf, was genau Mediation ist, was sie ausmacht und welches Vorgehen der Mediation zur Wirkung verhilft, sodass daraus ein Mediieren, also die faktische Verwirklichung einer Mediation, entstehen kann.

Weiterhin fiel auf, dass die Verfahren zur Konflikt- oder Streitbeilegung oft nur unvollständige Konfliktlösungen anbieten. Gemessen am Streitkontinuum, das eine Konfliktbearbeitung auf vier Dimensionen als vollständig erachtet, lassen sich die gängigen Verfahren meist nur auf zwei Dimensionen ein.17 Trotzdem verstehen sie sich als umfassend. Wenn es zu einem Verfahrenwechsel kommt, beginnt das Spiel von neuem. Die formale Abgrenzung der Verfahren verhindert das Aufgreifen von Erkenntnissen, die in anderen Verfahren bereits erarbeitet wurden. Es kommt zu einem Phänomen, das auch bei den Kriegerameisen zu beobachten ist. Wenn sie die falsche Witterung aufnehmen, laufen sie sich zu Tode.18 Auf die gleiche Weise geraten auch manche Verfahrensserien in eine Endlosschleife, die sich lieber um den Konflikt herumwindet, anstatt ihn aufzuösen.19 Die Endlosprozesse werden durch die dahinter verborgenen, oft konträr ausgerichteten Dienstleistungsansätze gefördert. Das Helfersystem ist kaum aufeinander abgestimmt. Viele Dienstleistungen unterstützen die Konfrontation, sodass sie einer gemeinsamen Zielsetzung im Wege stehen.20 Die Mediation könnte helfen, das Kooperationsdilemma zu überwinden, wenn sie ihre Wirkungen über das Mediationsverfahren hinaus entfaltet. Ihre Möglichkeiten werden jedoch häufig unterschätzt.

Selbst die Mediation unterliegt Einschränkungen. Auch sie deckt nicht zwingend alle Dimensionen des Streitkontinuums ab. Welche Dimensionen abgedeckt werden, ergibt sich aus dem zugrunde liegenden Mediationsmodell. Das Modell der Integrierten Mediation verfolgt stets einen transformativen Ansatz, der sich auf alle Dimensionen des Streitkontinuums einlässt und sich an die Bedürfnisse der Parteien dynamisch anpasst.

Auch wenn die Mediation alle Streitdimensionen abdeckt, kann ihre Verfahrensdienstleistung den Kundenbedarf nur unvollständig befriedigen. Sie bietet beispielsweise nur eine eingeschränkte Beratung und keine Hilfe bei der Zuführung und der Abwicklung der Konfliktbeilegung an. Ein Mediationsverfahren kann deshalb nur bedingt für eine Konfliktbegleitung eingesetzt werden. Bezogen auf die notwendige Konfliktbegleitung der Parteien stellt sie nur eine hinkende Dienstleistung dar.

Eine weitere Einschränkung für die Anwendbarkeit des Mediationsverfahrens wird bei hocheskalierten Konflikten angenommen. Der Mediation fehlen die autoritären Elemente, um die konfrontierenden Parteien in ein Mediationsverfahren zu führen und dort zu halten. Die fehlenden Elemente stehen jedoch außerhalb der Mediation zur Verfügung. Es wäre also sinnvoll, sie entweder in der Mediation zu nutzen oder umgekehrt die Kompetenz der Mediation in die Verfahren einzubinden, die diese Autorität abbilden können. Die systematische Zusammenführung der zur Konfliktbeilegung führenden Verfahrenselemente war übrigens der Ursprung der Integrierten Mediation. Sie hatte sich (zunächst) auf die hoch eskalierten Konflikte in Familienschanen eingelassen und war als Altenkirchener Modell in die Geschichte der Konfliktbeilegung eingegangen.

Der erweiterte Lösungsansatz

Ein perfektes Verfahren zur Konfliktbeilegung wäre in der Lage, alle zuvor genannten Defizite aufzufangen. Es begreift den Konflikt in seiner Komplexität, kann alle Dienstleistungen inkludieren, um sie auf ein gemeinsames Ziel ausrichten und alle Dimensionen des Streitkontinuums zu erfassen. Weil die Verfahrenslandschaft ein solches Verfahren nicht vorsieht, lässt sich ein derartiges Superverfahren nur virtuell herstellen,21 indem es die vorhandenen Verfahren mit Kombinationen oder Ergänzungen anreichert. Die Integrierte Mediation geht davon aus, dass sich die Elemente des perfekten Verfahrens zumindest teilweise in allen Verfahren wiederfinden lassen. Sie müssen nur zusammengebracht und ausgerichtet werden. Der Vorgang entspricht einer Integration, die in der Bezeichnung Integrierte Mediation aufgenommen wurde. Integration bedeutet übrigens nicht mehr und weniger als die Herstellung eines Ganzen. Gemeint ist ein umfassendes Verfahren zur vollständigen Konfliktbeilegung. Der Grundsatz lautet deshalb:

 Merke:
Leitsatz 5070 - Alles ist ein Teil vom Ganzen. Das perfekte Verfahren der Konfliktbeilegung bezieht sich auf das Ganze, wo alle zur Konfliktlösung und Konfliktbewältigung notwendigen Elemente zusammengeführt werden können.

Sobald die Mediation nicht mehr nur als ein formal begrenztes Verfahren im juristischen Verständnis, sondern als ein Prozess des Verstehens22 betrachtet wird, finden sich in ihr alle Merkmale des perfekten Verfahrens wieder. Das ist der Ansatz der Integrierten Mediation. Mit Hilfe der aus ihr heraus entwickelten kognitiven Mediationstheorie23 lassen sich die unterschiedlichen Funktionsweisen der Mediation aufdecken. Sie erlauben es, die Mediation einerseits als eigenständiges Verfahren, andererseits als ein integrationsfähiges Methodenkonglomerat und schließlich sogar als einen vom Verfahren gelösten Gedankengang zu begreifen.

Der erweiterte Lösungsansatz wirkt sich zunächst auf die Verortung der Mediation in der Landschaft der Konfliktbeilegungsverfahren aus.

Verortung der integrierten Mediation

Ausgehend von dem Verfahrenverständnis der Mediation erfolgt der erste Zugriff auf die Frage, wie sich die Verfahren gegeneinander abgrenzen lassen und wo sie sich gegebenenfalls überlappen, aus dem Streitkontinuum heraus. Davon ausgehend, dass ein Konflikt nur dann vollständig gelöst werden kann, wenn alle Streitdimensionen abgedeckt werden, muss sich das perfekte Verfahren über das gesamte Kontinuum erstrecken. Die Mediation erfüllt diese Voraussetzung als einziges Verfahren. Bei einer formal geprägten Verfahrenssicht kann sie dieses Alleinstellungsmerkmal jedoch nur in dem Umfang verwirklichen, wie es die Form des Verfahrens erlaubt. Deshalb kommt auch die Mediation im konventionellen Verständnis schnell an ihre Grenzen. Sie kann (wegen der Verfahrenshürde) leicht übergangen werden.

Beispiel 11705 - Mit dem Argument "Wir machen hier Politik und keine Mediation" oder "Wir sind hier im Gericht und nicht in der Mediation" werden aggressive Gedanken und konfrontative Strategien gerechtfertigt, die in einer Mediation nicht zum Tragen kommen. Um sich dem mediativen Denken zu entziehen, muss nur darauf hingewiesen werden, dass ein Mediationsverfahren nicht verabredet war.

Die Grafik zeigt, wo sich die Verfahren im Streitkontinuum verorten und wie sich die Integrierte Mediation dort einfügt. Sie kann sich situationsbedingt auf die Fakten, die Emotionen, die Beziehungen, die Positionen, die Interessen und die Bedürfnisse einlassen, um sie in jedem beliebigen Prozess zu verwirklichen. Sie nimmt sogar Einfluss auf die zeitliche Dimension. Sie kommt dem Konzept der blended Mediation nahe, indem sie die Mediationsmodelle beliebig zusammensetzt. Darüber hinausgehend kann sie die formalen Grenzen des Verfahrens überwinden, indem sie auch Elemente anderer Verfahren einbezieht und Schnittstellen aufdeckt, sodass verfahrensübergreifende Kombinationen möglich sind.


Eine weitere Auswirkung des erweiterten Lösungsansatzes betrifft die Sicht auf die Verfahren.

Verfahren als Container

Die Sicht auf das Verfahren der Mediation bildet einen wichtigen Ausgangspunkt für das Verständnis der Integrierten Mediation. Nach ihrer Auffassung stellt das Verfahren lediglich den formalen (rechtlichen) Rahmen dar, in dem sich die Verfahrensteilnehmer bewegen können. Es gibt ein Verhalten vor, das sich in verfahrenstypischen Methoden verwirklicht und spezifische Werkzeuge, ähnlich einer Toolbox, zur Verfügung stellt.24 Wer aber sagt, dass die Werkzeuge innerhalb dieses Rahmens limitiert sind?

Beispiel 11706 - Ohne weiter darüber nachzudenken, wird auch in einem juristischen Verfahren die Methode der Logik, der Mathematik, der Abstraktion usw. angewendet. Was spricht dagegen, auch die Methode der Mediation anzuwenden, wenn der Rahmen groß genug ist?


Die Mediation wird auch als die Lehre der vermittelnden Kommunikation beschrieben.25 Diese Beschreibung geht der Integrierten Mediation nicht weit genug. Sie deutet aber an, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn eine friedensstiftende Kommunikation tatsächlich nur an ein einziges Verfahren gebunden wäre, das nur von ausgebildeten Fachleuten ausgeführt werden darf. Wenn dem so wäre, würde die Welt verarmen.

Um die Welt zu bereichern, ist die Mediation also darauf angewiesen, sich aus ihrem Verfahrensjoch zu befreien. Das gelingt, sobald ihre Methodik und die damit einhergehende Kompetenz in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt wird. Aber selbst dann sind formale Verfahrensgrenzen zu beachten. Eine Voraussetzung, dass Verfahren mit Methoden angereichert werden, dass sie sich kombinieren und ergänzen lassen, ist also stets die Größe des zur Verfügung gestellten Rahmens und seine Fähigkeit, sich für die Denkweise der Mediation zu öffnen.

Die Möglichkeit zur (methodischen) Öffnung ist den Verfahren nicht fremd.26 Sie wird anschaulich, wenn das Verfahren als ein Container betrachtet wird, der sich nicht nur auf die verfahrenstypischen Methoden (die vorgegebene Toolbox) begrenzt. Die von der Integrierten Mediation entwickelte Containertheorie erklärt, wie sich Verfahren und Methoden optimal kombinieren lassen. Ausgangspunkt der Überlegung ist die Vorstellung, dass jedes Verfahren in seinem formalen Verständnis wie ein rahmenbildender Container anzusehen ist. Der Container kann mit einem Methodenbehälter verglichen werden. Jeder Container ist in der Lage, Methoden aufzunehmen.

Sind die Container groß genug, dass die Methoden der Mediation (nicht nur die Techniken!) hineinpassen, sind die Voraussetzungen für die Integrierte Mediation erfüllt. Anders ausgedrückt: Die Integrierte Mediation ist in diesem Fall eine Methodenanwendung, wobei erst die Summe der angewendeten Methoden in ihrer spezifischen Kombination eine vollständige Mediation abbilden. Geben die Verfahren keinen Raum für eine derart umfassende Inklusion, kommt es nur zur Anwendung von Techniken. Sie sind weniger weitreichend erlauben aber die Annahme, dass sich die Methodik der Mediation nicht durch die (vollständige) Inklusion, sondern über wegweisende Erkenntnisgewinne und durch die Kombination von Verfahren wie in einem Containerbahnhof auf den Weg bringen lässt.


Der erweiterte Lösungsansatz wirkt sich auch auf die Verwendung der Mediation aus.

Erscheinungsformen der Integrierten Mediation

Je nachdem, ob die Mediation im eigenen oder im fremden Verfahren zur Anwendung kommt, verschiebt sich der Kontext ihrer Verwendbarkeit und damit auch die Herangehensweise. Den Ausgangspunkt bildet das Mediationskonzept. Das Konzept der Integrierten Mediation ermöglicht die Verwendung der Mediation sowohl innerhalb des Mediationsverfahrens (also des Verfahrens i.S.d. Mediationsgesetzes) wie auch in anderen Verfahren und Vorgängen. Die nebenstehende Skizze soll die Unterschiedlichkeit veranschaulichen. Sie macht sich wie folgt bemerkbar.

Mediationskonzept
Die Integrierte Mediation sieht in der Mediation einen Erkenntnisprozess, der durch die kognitive Mediationstheorie genau beschrieben werden kann. Wenn von der integrierten Mediation die Rede ist, wird also eine Vorgehensweise in der Mediation beschrieben, die auf dieser Herleitung beruht. Sie deckt den gesamten Mediationsradius ab. Sie kann deshalb innerhalb und außerhalb des Mediationsverfahrens, also des Verfahrens i.S.d. Mediationsgesetzes, als methodische Umsetzung der Mediation angewendet werden. Wenn die Mediation einen Erkenntnisprozess abbildet, beschreibt sie einen gedanklichen Weg, der es erlaubt, die Mediation zu virtualisieren. Die Virtualisierung ist mit einem gedanklichen Raster zu vergleichen, das über alle Entscheidungsprozesse gelegt werden kann. Weil das Raster auch über das Mediationsverfahren gelegt wird, liefert es nicht nur den Schlüssel, um die Mediation über andere Verfahren zu stülpen, sondern auch für ein Qualitätsmanagement der Mediation selbst.
Mediationsmodell
Das Mediationsmodell beschreibt die Bearbeitungstiefe, die z.B. bei der transformativen Mediation bis tief in die Bedürfnisse und Prägungen eintauchen kann. Bereits die blended Mediation geht von der Notwendigkeit aus, dass die Mediationsmodelle innerhalb einer laufenden Mediation zu wechseln sind. Die Integrierte Mediation greift diese Erfahrung auf. Sie hat jedoch erkannt, dass und wo das Mediationsverfahren an seine Grenzen kommt. Das ist spätestens dann der Fall, wenn es um hoch eskalierte Konflikte geht. Hier gelingt es ihr, einen Verfahrenswechsel (und damit auch einen Abbruch der Mediation) zu verhindern, indem sie die Fähigkeiten anderer Verfahren in sich aufnimmt.
Beispiel 14964 - Der Mediator hat nicht die Autorität, die Parteien bei hoch eskalierten Konflikten im Mediationsverfahren zu halten. Er hat jedoch die Möglichkeit, auf die Stellen einzuwirken die diese Autorität vorhalten. Er kann versuchen, diese Instanzen in die Mediation zu integrieren.


Außerhalb des Mediationsverfahrens ist es ebenfalls möglich, die Mediationsmodelle zum Einsatz zu bringen. Das gelingt über die Themenbildung. Bei der integrierten Mediation werden die Themen mit den Konfliktdimensionen verknüpft. Die Frage ist also lediglich, ob es dem Mediator gelingt, die konfliktbezogenen Themen auch in einem anderen Verfahren anzusprechen,

Das Modell Integrierte Mediation

Mediationsformat
Innerhalb des Mediationsverfahrens fällt es dem Mediator leicht, die Mediation nach ihren unterschiedlichen Formaten auszuprägen. Er kann eine Co-Mediation oder eine Shuttlemediation einrichten, wann immer das nötig ist. Außerhalb des Mediationsverfahrens könnten seine Hände gebunden sein. Weil er nicht in der formalen Rolle des Mediators auftreten kann, darf er die Regeln des Verfahrens nicht verletzen.
Beispiel 14965 - Ein Anwalt darf grundsätzlich nur eine von zwei gegnerischen Parteien vertreten. Er macht sich anderenfalls wegen Parteiverrats nach § 356 Abs. 1 StGB strafbar. Es ist jedoch möglich, beide Seiten zu beraten, wenn klargestellt ist, wer von ihnen durch den Anwalt vertreten wird und der Mandant bei gleichzeitiger Anwesenheit der Gegenseite damit einverstanden ist, auch sie in die Beratung einzubeziehen. Ein Richter kann sich der Entscheidungspflicht nicht entziehen. Er kann also nur bedingt eine Vertraulichkeit zusagen.


Als Verfahrenssachbearbeiter ist er jedoch nicht gehindert, den rechtlichen Rahmen auszuschöpfen und die Mediation (soweit möglich) wie ein Implantant einzusetzen. Um sich dem anderen Verfahren anzupassen, verändert er das Format der Mediation. Er löst sich aus dem starren Konzept, indem er beispielsweise die durch die Phasen abgebildeten Erkenntnisschritte der Mediation in einer anderen Reihenfolge so zur Verfügung stellt, wie es in die Erkenntnisschritte des zugrunde liegenden Verfahrens am besten passt. Diese Herangehensweise wurde auch als gerichts- oder verfahrensintegrierte Mediation bezeichnet.

Die gerichtsIntegrierte Mediation Die verfahrensIntegrierte Mediation

Nicht zuletzt begünstigt der erweiterte Lösungsansatz auch einen Maßstab zur Qualkitätssicherung der Mediation.

Maßstab für Erweiterungen

Um zu erkennen, wo welche Methoden ergänzend in die Verfahren einzubringen sind, hilft die Sicht auf die Mediationslogik. Wenn die Mediation entsprechend der kognitiven Mediationstheorie als ein Erkenntnisprozess verstanden wird, orientiert sich ihre Methodik an den mit diesem Prozess vorgegebenen Erkenntnisschritten. Jeder Erkenntnisschritt findet sich in einer Phase der Mediation wieder. Jede Phase entspricht einer ihr zugeordneten Methode. Sobald diese Erkenntnismatrix über ein beliebiges Verfahren gelegt wird, zeigt es sich, welche methodischen Schritte in dem Verfahren abgearbeitet werden und welche gegebenenfalls fehlen. Die sich in einem mediativen Erkenntnisprozess verwirklichende Mediation wird so zu einem Maßstab, an dem sich die Mediation selbst, ebenso wie auch andere Verfahren messen lassen.

Die so aufzudeckenden Defizite lassen sich über eine sogenannte Differenzrecherche nachweisen. Sie wird im Verfahrensstrukturvergleich näher erläutert. Die nebenstehende Grafik veranschaulicht das Prinzip. Davon ausgehend, dass jede Phase eine Methode repräsentiert und davon ausgehend, dass jede Methode die erforderlichen Arbeitsschritte beschreibt, die in der Mediationslogik zusammengeführt werden, weist die Mediation alle Arbeitsschritte aus, die notwendig sind, um eine gemeinsame (verfahrensübergreifende) Lösung zu finden. Wenn die als vollständig erkannten Verhandlungsschritte der Mediation in einem groben Raster aufgelistet werden, ist es möglich, deren Aufkommen oder Fehlen in anderen Verfahren nachzuweisen, um sie gegebenenfalls zu integrieren.

 Merke:
Leitsatz 5075 - Durch die Deklination der Mediation in Methoden und den dadurch möglichen Methodenabgleich wird die Mediation zu einer Schablone, an deren Matrix sich alle anderen Verfahren messen lassen, einschließlich der Mediation selbst

Verfahrensstrukturvergleich

Die Herleitung der Möglichkeiten

Eine Mediation kommt nicht allein durch die mechanische Abwicklung der Phasen zustande. Es genügt auch nicht, einfach nur sogenannte mediative Techniken wie das empathische Zuhören einzusetzen. Die Medien setzt sich aus verschiedenen Elementen und Mechanismen zusammen, die nur im Zusammenspiel ihre mediative Wirkung entfalten können. Die kognitive Mediationstheorie beschreibt präzise, welche Bausteine und Maßnahmen notwendig sind, damit die Parteien die für ein wechselseitiges Verstehen notwendigen Erkenntnisse erlangen, aus denen sie selbst die Lösung entwickeln. Die dafür herzustellenden Zusammenhänge ergeben sich aus folgenden Überlegungen:

Konstrukt der Mediation
Die Mediation geht davon aus, dass die Parteien selbst die Lösung für Ihr Problem finden sollen. Sie liefert die dafür erforderliche Unterstützung. Wenn die Mediation als ein Erkenntnisprozess verstanden wird, konzentriert sich ihre Unterstützung darauf, den Parteien die zur Lösung führenden Erkenntnisse zu vermitteln. Um zu erkennen, worin diese Unterstützung besteht, sollte der Mediator wissen, was die Parteien daran hindert, die Lösung selbst zu finden. Sobald die Lösungshindernisse bekannt sind, ergeben sich nicht nur Anhaltspunkte dafür, wo seine Unterstützung einzusetzen hat. Es wird auch deutlich, was die Mediation dazu beiträgt, um diese Hindernisse zu umgehen oder aus dem Weg zu räumen.
Bausteine der Mediation
Bausteine des mediativen Erkenntnisprozesses sind letzlich Gedanken. Damit sich die Gedanken der Parteien auf den von der Mediation beschriebenen Gedankengang einlassen können, müssen (besonders bei einem zugrunde liegenden Konflikt) einige Anforderungen erfüllt sein. Ein einzelner Gedankle bewirkt wenig. Die Integrierte Mediation fasst deshalb die den Gedankengang produzierenden, prozessualen Anforderungen in sogenannten functional Units zusammen. Die funktionalen Einheiten stellen die Schlüsselelemente der Mediation dar, die erst in ihrem Zusammenspiel die gewünschte Wirkung entfalten. Weil es darum geht, Erkenntnisse zu erwirken, müssen die funktionalen Einheiten den kognitiven Prozess ermöglichen. Mit dieser Anforderung bewegt sich die Integrtierte Mediation in den Bereich des Denkens. Ihre Lehre hat diesen Fokus festgeschrieben.
Ausrichtung und Zusammensetzung der Bausteine
Die Bausteine der Mediation sind nicht beliebig. Sie verfehlen ihre Wirkung, wenn sie willkürlich verwendet werden. Wie bei einem Hausbau müssen sie korrekt aufeinandergesetzt werden, damit sie nach der Baufertigstellung ein standfestes Haus ergeben. Auf die Mediation bezogen ist es also wichtig, die Natur der Bausteine zu erkennen und zu wissen, wie sie aneinanderzufügen sind. Der erste grobe Baustein ist die Ausrichtung der Gedanken und des Handelns. Es geht darum, eine strategische Kooperation einzugehen, um eine Lösung zu finden. Die Lösung wird nicht aus dem Streit (konträres Denken), sondern aus der Gemeinsamkeit (paralleles Denken) entwickelt. Der Fokus wird nicht auf das Problem, sondern auf die problembefreite Zukunft (auf den Nutzen) gerichtet.
Methoden und Herangehensweisen
Mit den Methoden wird das Know-how beschrieben, wie die Parteien auf den Weg zur Lösung zu führen sind. Der Weg besteht aus mehreren Schritten, die bei der Integrierten Mediation als Etappenziele definiert werden. Die Etappenziele werden durch die Phasen vorgegeben. Jede Phase gibt dem Mediator den Auftrag, was im Einzelfall zu tun ist. Jede Phase bedingt eine andere Herangehensweise mithin eine andere Methode. Die Techniken werden an den Methoden ausgerichtet. So wird sichergestellt, dass sie sich dem Verfahren anpassen.
Logik und Zusammenhänge
Es macht wenig Sinn, die Techniken aus einem Bauchgefühl heraus anzuwenden. Alles hängt miteinander zusammen. Die Metasicht spielt eine wichtige Rolle, weshalb die Haltung des Mediators auch für die Integrierte Mediation von zentraler Bedeutung ist. Sie verwirklicht die typische Art des Denkens der Mediation. Alles ist miteinander verwoben, sodass sich die Mediation wie ein Puzzle zusammensetzt, das alle Bausteine logisch miteinander verknüpft. Die Logik folgt dem gedanklichen Konzept. Die Mediationslogik beschreibt, wie die Mediation den zur Lösung führenden Gedankengang ermöglicht und wie die Lösungshindernisse aus dem Weg zu räumen sind.
Informationen als kleinste Bausteine
Der Grundbaustein der Mediation ist die Information. Die Integrierte Mediation nutzt den kognitiven Ansatz, indem sie sich mit der Aufnahme, der Verarbeitung und der Weitergabe von Informationen innerhalb der Mediation befasst. Sie beschreibt, wie aus dem Vorgang ein Prozess gestaltet wird, der die zur Lösung führenden Erkenntnisse in den Köpfen der Parteien ermöglicht. Um die Informationen in das Puzzle der Mediation korrekt einordnen zu können, hat die Integrierte Mediation das Dimensionieren als eine zentrale Technik eingeführt. Das Dimensionieren erlaubt eine optimale und präzise Informationsverarbeitung. Die Informationsdimensionen bilden gedankliche Ankerpunkte, anhand derer die Informationen in den Prozess der Mediation korrekt eingeordnet, qualifiziert, verglichen und vernetzt werden können. Der integrierte Mediator benutzt die Dimensionen zur Strukturierung des Verfahrens und der Gedanken, sodass sich der mediationstypische Gedankengang abbilden lässt.

Auf die Kybernetik kommt es an

Die Funktionalität der Mediation erschließt sich erst, wenn die miteinander korrespondierenden Gedankenbausteine zu funktionalen Einheiten zusammengefasst werden. Es genügt nicht, die Elemente zu kennen. Entscheidend ist ihr Zusammenspiel. Damit kommt die Systemtheorie zur Anwendung. Die systemische Sicht legt es nahe, die Mediation in unterschiedliche Systeme einzuteilen, die miteinander interagieren. Die wichtigsten Systeme der Mediation entsprechen der Verfahrensebene und der Fallebene. Ihre Unterscheidung erleichtert die Anwendung und die Zuführung zur Mediation.

Die Fallebene entspricht dem Streitsystem
phasenlogik-345
Die Gleichsetzung von Phasen und Erkenntnisschritten erlaubt es, die mechanisch vorgegebene, monochrone Logik zu verlassen und einer Erkenntnislogik zu unterwerfen. Im Kern besteht die Erkenntnislogik aus nur 3 Schritten, die sich in den Phasen 2,3 und 4 der Mediation wiederfinden lassen.
  1. Schritt (Phase 2):
    Der Streit wird identifiziert, um das Thema zu finden, für das eine Lösung zu suchen ist. Gedanklich befinden wir uns in der "kaputten Welt".
  2. Schritt (Phase 3):
    Das Defizit weist auf die Interessen und Bedürfnisse hin, aus denen sich Motive ableiten lassen, die den Fokus in eine "heile Welt" umleiten. Die Gedanken werden auf die imaginäre Situation mit dem unterstellt gelösten Konflikt gerichtet. Die Sichten der Parteien werden angeglichen. Gemeinsamkeiten (Schnittmengen) werden herausgestellt.
  3. Schritt (Phase 4):
    Wenn der Nutzen geklärt ist, sind die Kriterien bekannt, an denen die nunmehr erst zu suchende Lösung zu messen ist. Die Gedanken werden in die reale Welt zurückgeführt, wo die zuvor erarbeiteten Lösungskriterien umgesetzt werden. Hier werden mehrere Wege gesucht, wie die Parteien das für sie zuvor ermittelte Idealziel erreichen können.

Die gedankliche Folge kann innerhalb und außerhalb des Mediationsverfahrens genutzt und jedem Entscheidungsprozess zugrunde gelegt werden. Die Integrierte Mediation achtet deshalb in allen Angelegenheiten darauf, dass diese Denkschritte eingehalten werden. Der Mediator stellt stets die aus Motiven zu erschließende, individuelle Nutzenerwartung fest, um die dann erst zu suchende Lösung daran zu messen. Er kann diese Gedankenfolge in jeder Art von Verhandlung herstellen.

Beispiel 11707 - In einer Verhandlung streiten die Parteien immer vehementer. Der Mediator erkennt, dass es sich bei dem Streit um einen Disput über Lösungen handelt. Er erkennt auch, dass die Kriterien (Motive) zu Bewertung der Lösung noch nicht erarbeitet wurden. Also meldet er sich zu Wort: "Es gibt schon eine Menge Ideen, wie das Problem gelöst werden könnte. Mir ist noch nicht ganz klar, welcher Nutzen damit erzielt werden soll". Mit dieser Frage werden die Gedanken in die noch fehlende Phase drei gelenkt.

Die Verfahrensebene entspricht dem Mediationssystem
phasenlogik
Die Bausteine auf dieser Ebene beziehen sich auf die Frage, wie der Prozess einzuleiten und zu steuern ist, damit die zuvor beschriebenen Erkenntnisschritte möglich werden. Die Interventionen zielen darauf ab, dass die Parteien die Notwendigkeit für eine Lösungssuche in ihrem Konflikt erkennen und bereit sind offemn dartüber zu sprechen. Dazu bedarf es nicht nur einer entsprechenden Zielausrichtung, sondern auch eines besonders geschützten Gesprächsrahmens. Eigentlich ist es ein Gedankenraum, also ein Ort wo es möglich ist einmal "laut zu denken", um zu sehen, wie sich Gedanken anfühlen und welche Wirkung sie haben. Um den gedanklichen Weg der Mediation in dem Gedankenraum zu ermöglichen, sind folgende Schritte erforderlich:
  1. Schritt (Phase 0):
    Es geht um die Zuführung zur Mediation und darum, dass die Parteien ihren Nutzen erkennen können.
  2. Schritt (Phase 1):
    Hier kommt es darauf an, einen soliden Rahmen herzustellen, in dem das Gespräch ablaufen kann. Mit dem Rahmen wird zugleich eine während des gesamten Lösungsvorganges (Verfahrens) präsente Meta-Ebene sowohl für den Vorgang selbst wie für die Fallösung eingerichtet.
  3. Schritt (Phase 5):
    In diesem Verständnis ist die Abschlussvereinbarung nicht das Ziel, sondern nur ein Teil des Rahmens. Sie schließt den geschützten Gesprächsraum und schafft die Bedingung, dass die Parteien in Zukunft ohne den von außen eingerichteten Rahmen kommunizieren können. Die Abschlussvereinbarung dient also dazu, die gewonnenen Erkenntnisse und die gefundene Lösung zu manifestieren. Sie ist nicht das Ziel, sondern seine Umsetzung.

Die Gesamtebene bezieht weitere Systeme ein
Die Integrierte Mediation sieht in der Mediation kein isoliertes Verfahren. Ihre systemische Sicht, die stets das Ganze im Blick hat, legt es nahe, auch die Umweltbedingungen und Parallelverfahren zu haben, um Irrritationen zu vermeiden oder aufzufangen. Die Konfliktanalyse umfasst deshalb auch die außerhalb des Streites stehenden Konfliktparteien und die parallel oder konkurrierend verlaufenden Verfahren und Vorgänge, mit denen die Parteien ihre Konfliktstrategie verwirklichen.

Die prozessuale Umsetzung

Die zuvor nur grob umrissenen Herleitungen lassen sich auf den Bedarf für einen erweiterten Ansatz der Mediation ein. In prozessualer Hinsicht sind die bereits erwähnten drei unterschiedlichen Erscheinungsformen der Integrierten Mediation für die Umsetzung zuständig. Sie erlauben die Beschreibung eines umfassenden Konzeptes der Mediation, die Erweiterung der Mediationsmodelle und die Einführung eines meditativen Verhandlungsformates.

Mediationskonzept
präzises Zuhören
Das Konzept erweitert den Mediationsradius, sodas die funktionalen Einheiten der Mediation auch in anderen Verfahren dazu führen können, substantiell eine vollständige Mediation abzubilden. Das Verfahren bildet dafür nur den Rahmen. Entscheidend ist die Verwirklichung der Prozesslogik. Der integrierte Mediator versucht stets, die gedanklichen Schritte der Mediation verfahrensunabhängig und vollständig zu verwirklichen. Sein wichtigstes Werkzeug ist das eigens zu dem Zweck entwickelte präzise Zuhören. Zusammen mit der Technik des Dimensionierens gelingt ihm nicht nur die Navigation durch den Prozess, sondern auch die Abbildung und Verarbeitung der gesamten Komplexität der hinter dem Problem liegenden Fragestellungen.
Mediationsmodell
Das Mediationsmodell ergibt den Bearbeitungsschwerpunkt bezogen auf das Streitkontinuum. In der Praxis lassen sich diese Modelle nicht immer konsequent durchführen.
Beispiel 11707 - In einer Verhandlung streiten die Parteien immer vehementer. Der Mediator erkennt, dass es sich bei dem Streit um einen Disput über Lösungen handelt. Er erkennt auch, dass die Kriterien (Motive) zu Bewertung der Lösung noch nicht erarbeitet wurden. Also meldet er sich zu Wort: "Es gibt schon eine Menge Ideen, wie das Problem gelöst werden könnte. Mir ist noch nicht ganz klar, welcher Nutzen damit erzielt werden soll". Mit dieser Frage werden die Gedanken in die noch fehlende Phase drei gelenkt.


Die Notwendigkeit für einen Modellwechsel ist in der Mediation nicht unbekannt. Die sogenannte eclectic Mediation plant deshalb den Modellwechsel in ihrem Konzept ein. Auch die Idee der integrierten Mediation geht von einer flexiblen Handhabung der Modelle aus. Sie erlaubt es allerdings auch, Elemente aus mediationsfremden Verfahren einzubinden. So ist es z.B. möglich, auch hoch eskalierte Konflikte abzuwickeln, für die die Mediation selbst nicht genügend autoritäre Elemente zur Verfügung stellt.

Mediationsformat
Werden Elemente der Mediation in andere Verfahren eingefügt, handelt es sich um die sogenannte verfahrensintegrierteMediation. Das zugrunde liegende Verfahren wird methodisch angereichert. Es ist wichtig zu wissen, dass die verfahrensIntegrierte Mediation nicht lediglich eine Anwendung von Techniken ist.
Virtualisierung
Das Problem taucht weniger innerhalb des Mediationsverfahrens auf als davor, wo die Parteien erst der Mediation zugeführt werden müssen. Fragen Sie jemanden in einem hoch eskalierten Konflikt, ob er sich einem Mediationsverfahren stellen will oder nicht. Die Antwort hängt davon ab, ob er weiß wes Mediation ist, was die Einlassung auf das Verfahrenb bedeutet und dass er überhaupt die Möglichkeiten erkennt. Die Mediation im Verstaändnis der integrierten Mediation führt in ein anderes Denken. Für alle, die sich nicht blind darauf einlassen wollen und dem Verfahren gegenüber misstrauisch sind, muss der Weg in das andere Denken erst nahegelegt werden. Leider setzt das schon ein Umdenken voraus. Das gelingt nach den Erfahrungen der Integrierten Mediastion, wenn der Dienstleister gegebenenfalls schon im Vorfeld des offiziellen Verfahrensbeginns schon das andere Denken einführt. Das geht mit der Integrierten Mediation gaz einfach, indem die Erkenntnisschritte, die gegebenenfalls schon der Entscheidung für ein derartiges Verfahren abgewickelt werden. Draus folgt der Grundsatz:
 Merke:
Leitsatz 15063 - Denke wie ein Mediator (verwirkliche den gedanklichen Prozess der Mediation) und sprich nicht darüber. Daraus entsteht eine Mediation entweder gedanklich (als virtuelle Mediation) oder gar, indem sich die Parteien auf das Mediationsverfahren einlassen.

Die Anwendungsmöglichkeiten

Wenn die Kompetenz der Mediation in dem Mediationsverfahren gefangen wird, setzt sie sich über den Bedarf der Konfliktparteien hinweg. Ihre Kompetenz ist nicht nur in den Verfahren gefragt, die das Mediationsgesetz im Blick hat. Sie kann über den erweiterten Mediationsradius auch in anderen Verfahren bereitgestellt werden. Gerade dort hilft sie den Parteien, den Weg zu einer konstruktiven Lösung zu beschreiten. Es bedarf eines Umdenkens, damit diese Chancen überhaupt erkannt werden.

Umdenken ermöglichen

Wer sich auf die Mediation im Verständnis der Integrierten Mediation einlässt, begibt sich oft unbemerkt auf den Weg des Umdenkens. Der Entscheidungsprozess wird rückwärts abgewickelt. Der gedankliche Fokus wird auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet und in den Nutzen (nicht in die Lösung!) gestellt. Die Gedanken werden nicht in das Problem, sondern hinter das Problem geführt und so aufbereitet, dass konstruktive Lösungen möglich sind. Innerhalb eines Mediationsverfahrens dient die präzise Beschreibung der Vorgänge zur Qualitätsverbesserung. Außerhalb des Mediationsverfahrens trägt sie dazu bei, eine Mediation herbeizuführen.

Die Mediation ist anders. Um das zu erkennen, ist ein Umdenken schon in dem Moment erforderlich, wo sich die Parteien für eine Mediation entscheiden sollen. Sie wird oft abgelehnt, weil sie nicht in den jenseitigen gedanklichen Kontext der Streitparteien passt. Das erforderliche Umdenken wird mit den Mitteln der Mediation herbeigeführt. Damit sie auch außerhalb des Mediationsverfahrens verfügbar sind, wird ihre Verwendung im erweiterten Mediationsradius ermöglicht. Wenn die Aufklärung nicht genügt, um ein Umdenken zu ermöglichen, können die berufenen Sachbearbeiter, Dienstleister und Berater, die den ersten Zugriff auf die Parteien haben, ein Umdenken herbeiführen.

Dienstleistungen optimieren

Natürlich werden sich die Sachbearbeiter und Dienstleister fragen, warum sie den Weg in die Mediation unterstützen sollten. Wenn sie daran interessiert sind, dass die Parteien ihren Frieden finden, liegt die Antwort auf der Hand. Nicht nur die Parteien profitieren davon. Die integrierte Mediation optimiert auch deren Diensteistung, was sich merkantil verwerten lässt. Um diesen Kompetenzzuwachs anzuzeigen, wurde die Integrierte Mediation als eine geschützte Marke eingeführt.

Metaebene herstellen

Eine unabdingbare Voraussetztung für die Mediation ist die Herstellung einer oder besser gesagt mehrerer Metaebenen. Die Vorstellung, dass diese Ebene nur von einem externen Mediator hergestellt werden kann, bedarf der Klarstellung. Die Reflexionsfähigkeit ist dem Menschen nicht fremd. Nur im Konflikt kann sie eingeschränkt sein. Gelingt es den Parteien also in einer dialogischen Situation die Metaebene abzubilden und die Erkenntnismechanismen der Mediation abzuarbeiten, würde sich materiell eine Mediation verwirklichen, formell jedoch nicht. Das gleiche gilt für die professionellen Dienstleister. Solange es ihnen gelingt die für die Parteien sichtbare Metaebene abzubilden, lässt sich eine Mediation verwirklichen.27

Erfahrungen vermitteln

Die konventionelle Mediation erwartet, dass sich die Parteien vor Beginn der Mediation für eine Mediation entscheiden. Dass zwei im Streit befindliche Parteien dasselbe wollen, ist ein eher untypisches Konfliktverhalten. Es ist ein Zeichen des Konflikes, wenn die Parteien (noch) nicht (oder nicht mehr) bereit sind, sich übereinstimmend auf ein kooperatives Vorgehen einzulassen. Nach der Lehre der erweiterten Konfliktevolution kann davon ausgegangen werden, dass Kooperationsversuche entweder gescheitert sind oder für nicht tauglich gehalten werden. Es hilft wenig, die im Krieg befindlichen Parteien von der Mediation zu überzeugen. Hilfreicher wäre es, ihnen die Erkenntnis zu vermitteln, dass ein Verhandeln möglich ist. Um den Weg in die Kooperation zuweisen, sollten Zweifel an der Lösung geweckt werden. Gleichzeigig müssen die Gedanken von der Lösung weg in den Nutzen geführt werden. Diese Vorgehensweise entspricht dem Gedankengang der Mediation. Die Faustregel lautet deshalb, nicht über die Mediation zu sprechen, wenn die Gedanken nocht nicht reif dafür sind, sondern sie einfach zu praktizieren. Die Erfahrungen der Integrierten Mediation belegen, dass sich die Parteien auf konstruktive Gespräche und die Mediation einlassen, wenn sie erfahren können, dass sie möglich ist.

Strategische Interventionen

Mitunter besteht ein strategisches Hindernis einfach von der Konfrontation die Kooperation zu wechseln. Wer eine Konfrontation im Kopf hat, wird sogar einem Kooperationsangebot gegenüber misstrausich sein und es eher ablehnen. Wenn ein Gespräch darüber nicht genügt, um sich auf die Kooperation einzulassen, bieten sich folgende Strategien an, um einen Strategiewechsel herbeizuführen:

Migrationsstrategie
migration-2
Wenn der Mediator den Strategiewechsel herbeiführen soll, muss er Zugriff auf die Parteien haben. Das ist selten der Fall, bevor sich die Parteien für eine Mediation interessieren. Deshalb können andere Personen, die als Sachbearbeiter oder Dienstleister eingeschaltet sind, den Strategiewechsel herbeiführen. Die Integrierte Mediation weiß, wie die Mediation selbst die Verhandlungsbereitschaft herstellt. Die dazu erforderliche Kompetenz ist also innerhalb der Mediation verfügbar. Wenn es gelingt, diese Kompetenz in ein anderes Verfahren oder in den Verfahrensvorlauf zu implementieren, wird es auch dort möglich, die Bereitschaft zur Kooperation, die den Blick auf die Mediation öffnet, zu etablieren. Die strategischen Weichenstellungen werden also nicht innerhalb der Mediation, sondern in dem aktuellen Verfahren (Personalgespräch, Beratung, Disput) gesetzt. Es kommt darauf an, dass dort der Weg in die Kooperation erleichtert und der Weg in die Konfrontation erschwert wird. Die nebenstehende Grafik ist an die Panikforschung angelehnt. Sie zeigt das strategische Phänomen, wo einfach nur ein Hindernis aufgebaut wird, damit die Parteien den für sie besten Weg erkennen können. Wie das Konzept in und für die Mediation zu verwerten ist, beschreibt die Migrationsstrategie.
Spielwechsel anbieten
Weil die Konfrontation und die Kooperation zwei sich ausschließende Strategien sind, muss der Kooperation ein Raum gegeben werden, wenn die Konfrontation nicht beendet werden kann. Eine strategische Möglichkeit, die Kooperation dennoch zu ermöglichen, bietet der Spielwechsel.
Das Spiel der Spiele
Im Streit kommt es vor, dass die eine Partei gerne kooperieren würde, die andere aber nicht. Was ist zu tun wenn eine Partei den Krieg will. Es wäre naheliegend, sich dem Kriegswunsch zu beugen. Es ist die einzige Option wenn zwischen Krieg und Frieden zu entscheiden ist. Die Fragestellung ändert sich in dem Moment, wo eine dritte Option hinzu kommt. Die dritte Option ergibt sich aus einer Ebene die über dem Widerspruch zwischen Krieg und Frieden liegt und beides im Blick haben kann. Wenn der Krieg das eine Spiel ist und der Friede das andere, wäre diese Ebene das Spiel der Spiele.

Strategie Migrationsstrategie Spielwechsel

Rollenwechsel erlauben

Wenn alle Handlungen an der Matrix einer virtuellen Mediation gemessen werden, stellt sich automatisch der mediatve Gedankengang her. Dass der Sachbearbeiter eine Entscheidungsbefugnis besitzt, ist in vielen Fällen dafür kein Hindernis. Die Integrierte Mediation sieht die fehlende Entscheidungsbefugnis deshalb lediglich als ein disponibles Prinzip der Mediation an. Sie ist lediglich eine Verfahrensbedingung und keine Eigenschaft der Mediation. Die dahinter verborgene Eigenschaft beschreibt das zugrunde liegende Kommunikationsmodell. Es wird mit dem Prinzip der Indetermination verwirklicht. Das Prinzip der Indetermination besagt, dass der Mediator unbeeinflussbar ist, damit sich die Parteien selbst um die Lösung bemühen. Auch einem Berater oder Entscheider ist es möglich, die Rolle des Mediators zumindest fiktiv einzunehmen. Menschen haben stets mehrere (soziale) Rollen. Es ist ihnen also nicht fremd, die Rolle zu wechseln. Fremd ist es lediglich, den Rollenwechsel anzusagen und aufzudecken aus welcher Rolle sie agieren. Wenn sich der Sachbearbeiter entgegen seiner formalen Position in die Rolle eines Mediators begibt, muss er darauf achten, dass die Parteien den Rollenwechsel bewusst mitgehen. Dann kommt es darauf an, dass er sich konsequent in der Rolle bewegt, bis er in seine formale Rolle zurückkehrt. Die Rückkehr ist anzusagen. Ein spontaner Rollenwechsel ist zu verneiden.

Anlässe finden

Jeder Anlass sollte aufgegriffen werden, um den Weg in die Kooperation zu öffnen. Wen sich die Konfrontation in den Köpfen der Parteien verdichtet hat, bleiben diese Chancen den Parteien verborgen. Anlässe, das Denken der Mediation einzuführen, bieten sich in jedem Gespräch und in jedem Verfahren. Es kommt darauf an, diese Anlässe zu nutzen. Ein Beispiel dafür sind die Killerphrasen. Auch aus ihnen kann der Weg in die Mediation entwickelt werden. Wenn einer ganz normalen Verhandlung eine Partei plötzlich Killerphrasen anwendet, ist es ein Zeichen dass der Zweck der Diskussion nicht abgestimmt ist. Statt auf die Killerphrase zu erwidern kommt das Verfahren (Diskussionszweck) hinterfragt und gegebenenfalls neu etabliert. So lassen sich Killerphrasen benutzen um daraus in ein meditatives Denken zu überführen.

Killerphrasen

Imaginationen nutzen

Offene Gespräche erfordern eine informelle Kommunikation. Nicht immer ist sie in anderen Verfahren möglich. Allerdings zeigt die Erfahrung der Integrierten Mediation, dass sich die Parteien auch vor einem Entscheider öffnen, wenn sie das Gefühl haben, dass er ihnen zuhört und die Parteien annimmt. Trotzedem kann es besonders in Verfahren außerhalb der formellen Mediation zu Hindernissen kommen, die es den Parteien verwehrt, ihre wahren Interessen zu bekunden. Diese Hindernisse werden als Flaschenhalsphänom beschrieben. Sie können, wie viele andere Hindernisse auch, durch Imaginationen überwunden werden. Statt sich auf die Begründungssemantik einzulassen, werden hypothetische "Was wäre wenn" - Optionen zur Diskussion gestellt.

Flaschenhalseffekt Imaginationen

Das Ganze herstellen

Konzept-Integrierte Mediation
Der Begriff Integrierte Mediation legt es nahe, zu glauben, die Mediation werde in ein anderes Verfahren integriert. Umgekehrt wird jedoch ein Schuh daraus. Integration heißt Herstellung eines Ganzen. Wenn die Mediation als das Konzept eines idealen und vollständigen Vorgehens innerhalb der Konfliktbeilegung angesehen wird, gibt sie den Maßstab vor, an dem sich die Verfahren (einschließlich das Mediationsverfahren) messen lassen. Indem die Verfahren mit den Elementen des mediativen Erkenntnisprozesses angereichert werden, wird das von der Mediation bestimmte Ganze hergestellt. Die Integration erfolgt also in Richtung der Mediation, nicht in Richtung der Verfahren. Die Verfahren werden also in die Mediation integriert. Nicht umgekehrt. Es ist eine sophistische Betrachtung, die dazu beitragen soll, das Phänomen der Integrierten Mediation zu veranschaulichen. Bei dem Ganzen ist es gleichgültig, was worin integriert wird, wenn am Ende das Ganze herauskommt. Wenn Sie den Blick über die Verfahren hinauslenken, ist das Ganze die Summe der Elemente und Bedingungen, die einen Erkenntnisprozess ergeben. Mithin ist ein vollständiges Verfahren so vollständig, wie der Vorgang des Mediierens.

Anwendungsbeispiele

Die Mediation findet im erweiterten Mediationsradius tatsächlich eine fast unbegrenzte Anwendungsmöglichkeit, der sich sowohl für die Vermarktung wie die Implementation der Mediation nutzen lässt. Die Mediation wird aus dem Joch des Verfahrens befreit und universell erlebbar gemacht. Das bekannteste, wissenschaftlich evaluierte Anwendungsbeispiel ist zugleich der Ursprung der Integrierten Mediation. Gemeint ist das sogenannte Altenkirchener Modell. Es ist eine Grichtsmediation ohne Einschaltung des Güterichters. Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich darüber hinaus etwa im Unternehmen bei der Bearbeitung von Mobbingfällen durch den Personalchef, bei der Beratung, im Alltag oder in allen Entscheidungsprozessen.

Bedeutung für die Mediation

Die Mediation entwickelt sich. Eine Parallelentwicklung ist beispielweise die auf dem Harvard-Konzept basierende, kooperative Praxis. Es gibt weitere Entwicklungen, wie zum Beispiel die Einzelmediation, die eine konsequente Systematik vermissen lassen. In vielen Fällen wird der Begriff Mediation synonym mit dem empathischen Zuhören verwendet. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit sich in diesen Begrifflichkeiten tatsächlich eine Mediation in dem hier vorgestellten, komplexen Verständnis verwirklicht. Die Integrierte Mediation setzt auf eine jahrelange Erfahrung auf, die in dem Altenkirchener Modell ihren Ursprung gefunden hat. Sie hat sich stets im Schnittstellenbereich der Mediation bewegt und die Auseinandersetzung mit der Frage vorangetrieben, wo eine Mediation (methodisch) anfängt und wo sie aufhört. Wo sie formell oder materiell zu realisieren ist. Die intensive Auseinandersetzung mit der Wesenhaftigkeit der Mediation führte in die von Trossen entwickelte kognitive Mediationstheorie, die weniger auf Formalien, als darauf abstellt, wie sich die Mediationslogik verwirklichen lässt. Gerade wegen dieser Auseinandersetzung und dem damit verbundenen Tiefgang bei der Beurteilung der Mediation, ist die Integrierte Mediation ein Konstrukt, mit dem sich jeder Mediator auseinandersetzen sollte. Die integrierte Mediation ist eine Qualitätsmarke. Das Warenzeichen ist gesetzlich geschützt.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen.
Bearbeitungsstand: 2024-03-13 05:35 / Version 238.

Alias: integrierte-Mediation, Integrierte Mediation, kognitive Mediation
Siehe auch: Verband.integrierte_Mediation, Schulen, Das vollstandigste Verfahren, kognitive Mediationstheorie
Literaturempfehlung: Trossen (Mediation visionär) - 2021-04-14
Prüfvermerk:

1 gemeint ist die die Herleitung als Kognitionsprozess
5 Siehe dazu auch Startprobleme
6 Siehe dazu auch: Egner (Komplexität und Emergenz) - 2021-12-14
8 Siehe Dimensionen und Struktur
9 Die Begründer sind: Arthur Trossen, Eberhard Kempf, Ralph Käppele
12 Die Abgrenzung erfolgt über den Verfahrenscharakter. Siehe Verfahrenssystematik
13 Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung. Siehe Mediationsgesetz
16 Der Richter hat zumindest auch einen Schlichtungsauftrag nach § 278 Abs. 1 ZPO.
17 Siehe Kontinuum und die Aufstellung der Verfahren im Verfahrensverzeichnis
18 Das Phänomen wird im Beitrag Ziel erläutert.
19 Siehe die Rosenkriege oder Streitigkeiten in Nachbarschafts- und Familiensachen, die immer wieder neu befeuert werden.
20 Siehe Wettbewerb
22 also als ein Kognitionsprozess im Sinne der kognitiven Mediationstheorie
23 Siehe Trossen (Mediation visionär) - 2021-04-14
26 Der Richter ist beispielsweise von Gesetzes wegen gehalten, in jeder Lage des Verfahrens auf eine Einigung hinzuwirken. Mithin öffnet sich das Gerichtsverfahren für eine Schlichtung.
27 Ein ähnliches Modell verfolgt die kooperative Praxis


Based on work by Arthur Trossen und Finn Schüßler und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag März 28, 2024 17:49:26 CET.

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