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Der Weg ist das Ziel der Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden im Kapitel Verfahrensziel das dem 4. Buchabschnitt Mediationsprozess direkt zugeordnet wird. Beachten Sie auf dieser Gliederungsbene bitte auch:

Prozess Ziele Zukunft Nutzen Erwartung Wesen Fokus Ablauf Optionen Gedanken

Worum es geht: Es geht um die Frage der Zielsetzung und welche Ziele wie mit der Mediation zu erreichen sind.
Die Mediation ist der Weg. Ihr Zweck ist die Suche. Ihr Nutzen ist die optimale Lösung!
Was kann das Ziel eines Verfahrens sein, das die Lösung nicht kennt?
Das Ziel kann nur heißen, die Lösung zu FINDEN!

Das Ziel ist die heile Welt

Die heile Welt herzustellen ist besser, als in der
kaputten Welt zu streiten

Buchinhalt Themen Weiterlesen

Einführung und Inhalt: In der Mediation müssen die Parteien die Lösung gemeinsam finden.
Sie müssen also einen gemeinsamen Weg zurücklegen.

Gehen Sie mit?

Stellen Sie sich vor, jemand stellt Ihnen diese Frage: "Gehen Sie mit?".

Was wäre ihre erste Reaktion? Sicher würden Sie fragen: "Wohin?". Dann erkundigen Sie sich wahrscheinlich nach dem "Warum". Und wenn das Warum zwar den Grund aber nicht den Zweck erschließt, warum Sie mitgehen sollten, fragen Sie auch noch nach dem "Wozu". Und schließlich, falls Sie sich darauf einlassen, werden Sie fragen: "Wie kommen wir dahin?".

Das sind die grundlegenden Festsetzungen, die einen Weg beschreiben. Sie müssen auch in der Mediation festgelegt werden, wenn gewollt ist, dass die Parteien mitgehen. Sie werden der Fragesequenz Wohin (Phase 1), Warum (Phase 2), Wozu (Phase 3) und Wie (Phase 4) in der Mediation ständig begegnen.

Die Mediation ist ein Weg. Genauer gesagt ist sie ein gedanklicher Weg, der, wie jeder andere Weg auch, aus der zurückzulegenden Strecke zwischen dem Ausgangspunkt und dem Ziel beschrieben wird. Ohne das gemeinsame Ziel zu kennen, ist es kaum möglich, den Weg gemeinsam zu gehen.

 Merke:
Leitsatz 4203 - Nur wer ein gemeinsames Ziel verfolgt, kann einen gemeinsamen Weg gehen.

Das Ziel der Mediation

Das Ziel setzt den Fokus. Es gibt die Richtung vor. Die Gedanken verdichten sich, sodass sogar eine Zielvermeidung wie eine self fulfilling Prophecy wirkt. Sie bewirkt eine selektive Wahrnehmung und übersieht alles, was neben der Zielgeraden liegt. Die korrekte Zielsetzung hat in der Mediation deshalb nicht nur eine strategische Bedeutung. Sie erzeugt auch eine kognitive Wirkung. Mithin definieren die vier zuvor genannten Eckdaten nicht nur den Weg. Sie erlauben auch die Entscheidung, zu welchem Zweck der gemeinsame Weg zurückzulegen ist. Oder würden Sie mit jemandem irgendwohin mitgehen, wenn Sie darin für sich keinen Nutzen erkennen?

Es erleichtert jede Verhandlung, wenn diese vier Fragen geklärt sind. Wichtig ist, dass die Verhandlung ein festgelegtes Ziel verfolgt. Damit das Gespräch eine gleiche Ausrichtung bekommt, beginnt jede professionell geführte Mediation mit einer Zielvereinbarung. Es steht dem Mediator frei, wie er die Zielvereinbarung herbeiführt. Eine Zielvereinbarung nach Coverdale beispielsweise kann außerhalb der Mediation verwendet werden, um Schnittstellen in die Mediation herstellen. Sie leistet dort gute Dienste.1

Zielvereinbarung 

Zu Beginn der Mediation wird die Zielfestlegung vor mehrere Herausforderungen gestellt:

  1. Herausforderung: Die Mediation ist lösungsoffen. Die Ergebnisoffenheit ist eines der Wesensmerkmale der Mediation. In einem lösungsoffenen Verfahren kann das Ziel nur aus einer Suche resultieren, bei der die Lösung noch zu finden ist (also nicht genannt werden kann). Deshalb erlaubt die Mediation nur eine grobe Zielvereinbarung, die das Suchziel und den Zweck des Suchens festlegt.
  2. Herausforderung: Es muss ein gemeinsames Ziel sein. Solange die Parteien eine konträre Lösung anstreben, verfolgen sie kein gemeinsames Ziel. Das gemeinsame Ziel stellt sich her, wenn es hinter die Lösung gesetzt und auf den Nutzen ausgerichtet wird.
  3. Herausforderung: Das Ziel darf nicht in das Problem (den Konflikt) lenken, sondern aus dem Konflikt heraus. Mithin muss das Ziel hinter dem Problem liegen, weshalb der Entscheidungsprozess rückwärts abzuwickeln ist.2

Die Zielsetzung in der Mediation

Es ist wichtig, dass die Zielsetzung in der Mediation NICHT die Einigung, sondern das FINDEN einer Lösung ist, auf die man sich einigen kann, sobald sie gefunden wurde. Die Einigung ist somit das Ergebnis, das den ersten Schritt zur Umsetzung der Lösung darstellt. Die damit einhergehende SUCHE nach der Lösung ist einerseits die logische Konsequenz der Ergebnisoffenheit und andererseits ihre Voraussetzung. Der zielführende, prozessuale Fokus ist stets auf den Nutzen bzw. auf den dahin führenden Weg gerichtet. Ähnlich wie beim Golf oder beim Zen-Bogenschießen wird die Konzentration auf die Bewegung gelenkt nicht auf das Ziel. In der Mediation entspricht die Bewegung dem Weg. Mit der Vereinbarung, eine Lösung zu finden, wird dieser Gedanke manifestiert.

 Merke:
Leitsatz 4204 - Die Mediation ist ein SUCHSPIEL (im spieltheoretischen Sinn), das am besten mit einem Puzzle zu vergleichen ist

Mit der Festlegung eines Suchziels wird zugleich eine wichtige strategische Bedingung festgelegt. Die Suche erwartet eine Kooperation. Bei der Suche geht es um eine Zukunft. Es ist deshalb konsequent, wenn das Suchziel auf einen Zeitpunkt gerichtet wird, der hinter der (konfrontativen) Lösung liegt und auf den Nutzen ausgerichtet wird. Mit der Festlegung eines entfernten Ziels, lässt sich die Konfrontation überwinden. Eine gemeinsame Zielsetzung wird möglich.

Verfahrensstrategien 

Um das Ziel der Mediation korrekt festlegen zu können, hilft die Abgrenzung zwischen Ziel, Lösung, Ergebnis und Nutzen. Der (erwartete) Nutzen liefert die Lösungskriterien. Er kann in der Zielvereinbarung also noch nicht benannt werden. Er ist ja noch nicht eingetroffen. Wohl aber ist es möglich, die Nutzenorientierung als Zweck festzulegen.

Das Ziel verwirklicht sich in der zu findenden Lösung. Die Lösung muss die Kriterien umsetzen, die zuvor, in der 3.Phase herausgearbeitet wurden. Das Ziel orientiert sich am Nutzen, also an einer Situation, die hinter dem Konflikt liegt. Damit erfüllt die Zielsetzung eine wichtige kognitionspsychologische Voraussetzung, indem es den Fokus nicht in das Problem setzt, sondern dahinter. Sie soll das von Watzlawick erkannte Phänomen des Menschen umgehen, der auch bei veränderten Umständen an einer einmal erfolgreichen Lösung festhält, selbst wenn diese Lösung erkennbar keine Lösung ist.3 Watzlawick verwendet das bei Kriegerameisen (auch Killerameisen genannt) anzutreffende Phänomen als Beispiel dafür, dass eine falsche gedankliche Ausrichtung dazu führt, dass man sich (um das Problem herum) im Kreis dreht. Das wäre ein Beispiel für die in die Irre leitende Schwarmdummheit.

Dieses Video zeigt, was geschieht, wenn man das Bewährte immer wieder anwendet, auch wenn es keinen Sinn macht. Die Ameisen sind das anschauliche Beispiel dafür, wie ein nicht verändertes Verhalten die Sicherheit dafür bietet, nicht weiterzukommen. Watzlawick bringt das Beispiel ein, um zu belegen, was passiert, wenn das Problem Teil der Lösung ist.4 Die Army Ants (Killerameisen) folgen dem Geruchssinn. Sie sind blind. Wenn es passiert, dass sie den Geruch der letzten Ameise in der Kolonne aufnehmen, folgen sie dem Signal, was dazu führt, dass sie sich im Kreis zu Tode laufen. Das Phänoemen wird als Death spiral bezeichnet. Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Es wurde im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter GeoVideo 0020 Army Ant Death Spiral


Auch Einstein hatte diese Zusammenhänge erkannt, als er sagte, dass ein Denken, das in das Problem geführt hat, nicht aus dem Problem herausführen kann. Die Mediation gibt viele Indikationen für ein Denken, das aus dem Problem herausführt.5 Die korrekt gesetzte Zielfestlegung ist ein wichtiger Schritt dafür.

Bitte beachten Sie, dass die Abschlussvereinbarung nur das mögliche Ergebnis darstellen kann. Sie kann deshalb nicht das Ziel sein, weil sie (etwa bei einem faulen Kompromiss oder einer Unterwerfung) möglicherweise am Ziel vorbeigeht. Wenn die Abschlussvereinbarung nicht das Ziel ist, ist sie der erste Schritt zur Umsetzung der Lösung, indem sie das Ziel (die gefundene Lösung) manifestiert.

Differenzierte Zweckerwägungen 

Das grobe Ziel beschreibt den Zweck der Mediation.6 Es ergibt sich aus der Frage nach dem Wozu (des Verfahrens). Das Wozu wiederum ergibt sich aus den Erwartungen, die die Parteien an das Verfahren stellen. Sinnvollerweise fragt der Mediator die Erwartungen der Parteien ab, um daraus das Wozu und damit das Ziel der Mediation zu definieren. Antworten, die in das Bild der Mediation passen und die eine Suche in den Mittelpunkt stellen, könnten sein:

  • Wir erwarten Frieden.
  • Wir erwarten, dass wir wieder miteinander umgehen können
  • Wir erwarten, dass das Kind nicht leiden muss unter unserer Trennung
  • Wir erwarten, dass die Zusammenarbeit wieder funktioniert
  • Wir erwarten, dass der Schaden zur allseitigen Zufriedenheit reguliert wird
  • Wir erwarten, dass wir eine Lösung finden, die nützlicher (nachhaltiger, umfassender) ist als die in einem Gerichtsverfahren.

Die Erwartungen lassen sich beliebig erweitern. Gemeinsam ist ihnen, dass sie einen unspezifizierten Nutzen als Ausrichtung der Suche beschreiben. Alle Erwartungen lassen offen, wie der erwünschte Zweck zu erreichen ist.

Oft kommen die Parteien mit anderen Erwartungen in das Verfahren. Sie meinen, dass der bisherige Streit nicht zielführend gewesen sei. Sie suchen sanftere Wege des Streitens, um ihre Forderungen durchzusetzen. Manche Anbieter versprechen sogar, dass die Mediation dafür geeignet sei, sein Recht auf anderem Wege durchzuboxen. Es sollte klargestellt werden, dass dies nicht die Aufgabe der Mediation sein kann!

 Merke:
Leitsatz 4205 - Die Mediation ist immer geeignet, wenn es darum geht, einen Weg zu finden, wie sich ein (unlösbarer) Widerspruch überwinden lässt. Das Ziel beschreibt den Zustand nach seiner Überwindung

Sind die Parteien sich über den Zweck nicht einig, etwa wenn die eine Partei sich eine Versöhnung wünscht, die andere aber eine Trennung, ist das grobe Ziel kleinschrittiger festzulegen. Dann besteht der gemeinsame Zweck darin, eine Lösung zu finden, wie die Frage der Trennung zum gegenseitigen Nutzen oder im gegenseitigen Einverständnis herbeizuführen ist. Die zur Mediation passende Erwartung wäre dann:

  • Wir erwarten einen Weg zu finden, wie die Frage Trennung oder nicht Trennung zum Einvernehmen aller gelöst werden kann. (Es mag unterstellt werden, dass das Einvernehmen möglich wird, wenn jeder in ihm einen Nutzen wiederfinden kann)

Die Zielvereinbarung

Ziel und Zweck des Verfahrens werden als Zielvereinbarung in Phase eins mit den Parteien vereinbart. Die Vereinbarung ist ein Teil des Arbeitsbündnisses.7 Die Zielvereinbarung legt fest, dass die Parteien gemeinsam versuchen werden, eine beste Lösung zu finden, auf die sich alle verständigen können. Sie ist eine Zielmarke und ein Anker zugleich, auf die der Mediator in der Mediation ständig zurückkommen kann und wird. Die Zielvereinbarung einer Mediation könnte lauten:

  • Wir führen eine Mediation durch, um eine Lösung zu finden in der Angelegenheit …, mit der wir beide zurechtkommen können.
  • Wir führen eine Mediation durch, damit wir ...

Falls die Bearbeitungstiefe bereits in diesem Verfahrensstadium festgehalten werden kann, könnte die Zielvereinbarung auch das geplante Mediationsmodell benennen und lauten:

  • Wir führen eine transformative Mediation in einer Familienangelegenheit durch, um eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten zufrieden sein können.

 Merke:
Leitsatz 4206 - Nur ein gemeinsames Ziel erlaubt einen gemeinsamen Weg. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Parteien das gemeinsame Ziel setzen, eine Lösung zu finden. Damit wird der Weg des (gemeinsamen) Suchens ermöglicht!

Das Ziel der Mediation ist stets die Herstellung eines in der Zukunft liegenden Zustandes, den alle Parteien als für situationsbedingt nützlich empfinden.

Der Zweck

Der Zweck ist der Beweggrund einer Handlung. Der Beweggrund ergibt sich aus dem Motiv. Weil in der Mediation zwischen der Verfahrensebene und der Fallebene zu unterscheiden ist, ist auch eine Unterscheidung zwischen dem Verfahrensmotiv und dem Lösungsmotiv angebracht. Der Zweck, den die Mediation verfolgt, muss sich in der Zielausrichtung wiederfinden lassen. Er sollte sich von dem Zweck eines anderen Verfahrens (etwa dem Gerichtsverfahren) unterscheiden. Das ist regelmäßig der Fall, wenn auf den Nutzen abgestellt wird.

Die Zielausrichtung

Die zu findende Lösung muss eine Nutzensverwirklichung herbeiführen können. Der Grundsatz lautet:

 Merke:
Leitsatz 4252 - Wenn die gefundene (herbeigeführte) Lösung keinen beiderseitigen (situationsabhängigen) Nutzen einbringt (also weder vorteilhaft noch nachhaltig ist), ist die darüber herbeigeführte Lösung nicht mehr als ein (beliebiger) Vergleich, der die Frage aufwirft, wo sich in der Verhandlung die Mediation verwirklicht hat.

Worin der Nutzen im einzelnen besteht (die Kriterien an denen sich der Nutzen messen lässt) werden innerhalb des Verfahrens, in der 3.Phase, evaluiert. Weil der Nutzen noch nicht eingetroffen ist, wird er stets mit einer Nutzenerwartung verbunden und in die Zukunft gerichtet. Das Ziel der Mediation ist deshalb, in der Gegenwart einen Zustand zu regeln, der die Zukunft gestaltet. Daraus folgt, dass Fragen, die ausschließlich die Vergangenheit betreffen, in der Mediation nichts zu suchen haben. Die Mediation will eine heile, konfliktfreie Welt herstellen, nicht die Vergangenheit rechtfertigen oder erklären.

Beispiel 11999 - In einer Trennungsmediation möchte die Ehefrau wissen, warum sich der Mann von ihr getrennt hat. Ihr ist es ganz wichtig, das herauszufinden. Deshalb nennt sie diese Frage als eines der Themen, über die zu sprechen sei. Der Mediator wird das Thema ablehnen, weil es nicht die Zukunft regelt. Er würde die Mediationsgeeignetheit der Frage anders beurteilen, wenn sich die gleiche Frage auf ein zuläsiges Thema auswirkt. Das könnte der Fall sein, wenn die Trennung noch nicht endgültig ist und es eine Chance zur Wiedervereinigung gibt. Aber auch dann ist die Frage nach dem Trennungsgrund der Ehefrau kein Thema der Mediation. Das Thema wäre "Wiedervereinigung ja oder nein". Bei der Besprechung dieses Themas wird die Neugier der Ehefrau allerdings ein beachtliches Motiv, von dem die Wiedervereinigung abhängen könnte. Incidenter kann die Frage nach dem Trennungsgrund also in der Mediation eine Rolle spielen und zur Sprache kommen, damit die Zukunft des Paares geregelt werden kann.

Die Zieleingrenzung

Es ist durchaus möglich, den Nutzen und das Ziel einzugrenzen. Bei der Mediation geht es nicht um eine generelle Weltverbesserung, sondern darum, den Nutzen für eine konkrete Problem- oder Konfliktlösung herzustellen. Natürlich unterliegt es der Disposition der Parteien, festzulegen, dass nur ein bestimmter Nutzen erreicht werden soll oder nur bestimmte Fragen zu klären sind. Eingrenzungen widersprechen deshalb nicht ohne weiteres dem Prinzip der Ergebnisoffenheit.

Beispiel 12000 - In einer Umgangsstreitigkeit legen die Eltern fest, dass nur eine Lösung für Sie akzeptabel ist, bei der das Kind ungehinderten Kontakt zu beiden Eltern hat. Die Eltern haben allerdings keine Idee wie das anlässlich des Streitpotenzials zwischen ihnen möglich sei. In einem anderen Fall legen die Parteien fest, dass nur das Problem, nicht der Konflikt gelöst werden soll. Sie haben kein Interesse daran, ihre Beziehung fortzusetzen.

Die Zielerreichung

Wann ist das Ziel des Weges Mediation erreicht?

Wenn es um das Suchen nach einer Lösung geht, ist das Ziel denknotwenigerweise erreicht, wenn die Lösung gefunden wurde. Die Abschlussvereionbarung ist also nicht das Ziel, sondern das Ergebnis, mit dem dioe gefundene Lösung manifestiert und umgesetzt wird.

So weit, so gut. Woran aber lässt sich erkennen, ob der Prozess schon so weit fortgeschritten ist, dass sich die Parteien auf der Zielgeraden befinden und die Zeit reif ist, um die gefundene Lösung zu fixieren?

In einem gerichtlichen Verfahren wird der Reifegrad des Verfahrens mit dem Begriff der Entscheidungsreife festgelegt. Sie ist erreicht, wenn alle Fakten zusammengetragen und geklärt wurden, die der Entscheidung zugrunde zu legen sind. In der Mediation geht es weniger um Fakten. Oder anders gesagt: Die Mediation geht über die Fakten hinaus. Die Entscheidung ist ein Ergebnis der Verhandlung. Also setzt die Entscheidungsreife in der Mediation die Verhandlungsreife voraus.

Die Verhandlungsreife ist gegeben, wenn alle Kriterien zusammengetragen wurden, die den mit der Lösung zu erzielenden Nutzen festlegen. Erst danach, wenn die Lösung gefunden wurde, die alle Aspekte des Konfliktes einschließlich der zugrunde zu legenden Fakten erfasst, sind die Parteien in der Lage, die Abschlussvereinbarung zu treffen. Dann kann analog zum Gerichtsverfahren von der Entscheidungsreife gesprochen werden.

Verhandlungsreife und Entscheidungsreife

Der Weg der Mediation

Während Laotse wusste, dass nur wer sein Ziel kennt, den Weg findet, ging Konfuzius noch weiter. Er behauptete sogar, das Ziel sei der Weg. Nirgends trifft diese Weisheit besser zu, als auf die Mediation. Das Ziel bestimmt die Strategie, den Verfahrensschwerpunkt und die Herangehensweise, aius der sich die Lösung entwickelt. Aus der Zielsetzung lassen sich grundlegende Eigenschaften und Bedingungen ableiten, mit denen sich die Mediationslogik verwirklicht.

Strategie

Weil es um die Suche nach einer Lösung geht, grenzt sich die Mediation grundsätzlich von allen Verfahren ab, bei denen es um die Durchsetzung einer Lösung geht. Wer die Mediation betreiben will, um eine Lösung durchzusetzen, die er vor Gericht beispielsweise nicht durchsetzen kann, sollte sich überlegen, ob die Mediation für ihn das Richtige ist.

 Merke:
Leitsatz 4207 - Mediation ist Suche nicht das Durchsetzen einer Lösung mit anderen Mitteln
Mit der Vereinbarung eines Suchziels (nämlich das Finden der besten Lösung) wird automatisch die Kooperation als die zum gemeinsamen Suchen am besten passende Strategie vorgegeben. Damit sich die Kooperation und Konfrontation nicht gegenseitig behindern, ist das Mediationsverfahren gegebenenfalls als eine strategische Exklave einzurichten und deutlich gegen die gegebenenfalls im Hintergrund laufende Konfrontation abzugrenzen.


Verfahrensstrategien 

Schwerpunkt

Der Schwerpunkt der Suche stellt den Nutzen in den Vordergrund.

 Merke:
Leitsatz 4208 - Das auf den Nutzen ausgerichtete Ziel macht die Mediation zu einem nutzenorientierten Verfahren.

Die Nutzenausrichtung unterscheidet die Mediation von herkömmlichen Entscheidungsprozessen. Sie bedingt die Abfolge der zur Entscheidung führenden Schritte und verändertet ihren gedanklichen Fokus im Prozess. Auch das Marketing legt es nahe, den Unterschied herauszustellen, denn der Nutzen wird in anderen Verfahren zumindest nicht zwingend fokussiert. Die Wahrnehmung in der Mediation geht weiter als in anderen Verfahren. Wenn der Mediator alles wahrnehmen soll, was für die Durchführung einer Mediation relevant ist, muss er auf Vieles achten. Sein Fokus ist multipel und dynamisch. Er konzentriert sich nicht nur auf den Moment, den Menschen und die Interaktion. Er muss auch den Kontext, also die Themen, die Einflüsse und die Umwelt im Blick haben, die das Verhalten relativiert. Schlißlich muss er den Nutzen beachten, also die zu erreichende Zufriedenheit und den Weg dorthin. Die nebenstehende Skizze vermittelt einen Eindruck, worauf zu achten ist. Der damit einhergehende Sichtwechsel ist eine Bedingung für das Gelingen der Mediation.

Verfahrensschwerpunkt 

Gegenstand

WAS zu suchen ist, ergibt sich aus dem Thema. Die Themenfestlegung erfolgt in der 2.Phase. Die Themen lenken den Fokus auf die zu bewältigenden Konflikte.8

 Merke:
Leitsatz 4209 - Das Thema ist NICHT Teil der Zielvereinbarung. Es wird zwar darauf bezogen, hat aber einen eigenen Stellenwert in der Mediation

Die separate Themenfestlegung unterstützt die Systemik der Mediation, indem sie die Trennung von Verfahrensebene und Fallebene hervorhebt.

Gegenstand 

Das WONACH zu suchen ist, ergibt sich aus den auf das Thema bezogenen Interessen. Die eigentliche Suche beginnt also erst in der 4.Phase, nachdem das Thema und die Interessen (Nutzenerwartungen, Bedeutungen, Motive) geklärt sind.

Die Mediationslogik

Die Mediationslogik kennzeichnet den Vorgang des Suchens, mit dem sich das Wesen der Mediation verwirklicht. Der Suchgang muss so ausgestaltet sein, dass die Parteien etwas finden, was weder der Mediator noch die Parteien kennen.

Um das Finden der besten Lösung sicherzustellen, müssen sich dem Suchenden Erkenntnisse erschließen, die ihm deutlich machen, was wozu zu finden ist. Das ist nicht immer einfach, besonders dann, wenn die Partei schon glaubt, die Lösung zu kennen.

Um durch den Suchgang hindurch zu navigieren, verfolgt die Mediation eine am Erkenntnisprozess orientierte Suchlogik. Die Mediationslogik fasst verschiedene Gedankengänge zusammen, die sich in der Wegmarken, Phasenlogik, Themenlogik, Mediationslogik, Erkenntnislogik, Konfliktdynamik, Mediationslogik wiederfinden.

Mediationslogik 

Der Erfolg der Mediation

Das Ziel definiert auch den Erfolg. Der Erfolg ist ereicht, wenn eine Lösung gefunden wurde, mit der sich beide Parteien einverstanden erklären können (die besser ist als jede andere Lösung)9 und die den in der Zielvereinbarung beschriebenen Nutzen verwirklicht. Es wird davon ausgegangen, dass die Lösung von beiden (allen) Parteien gefunden wird.

Es kommt bei der Suche nach einer Lösung nicht darauf an, wer von den Parteien die Lösung gefunden hat. Es kommt nur darauf an, dass die Lösung von beiden Parteien als nützlich empfunden wird. Das Spiel erschöpft sich in dem Finden einer Lösung. Niemand bekommt einen Preis dafür, dass er die Lösung gefunden hat. Der Preis ist die Lösung selbst. Die Abschlussvereinbarung könnte mit der Aushändigung des Preises verglichen werden. Indem sie die Lösung manifestiert, bildet sie den ersten Schritt zu ihrer Verwirklichung.

Erfolgskriterien

Die Kriterien, an denen sich die gefundene Lösung messen lässt, sollte der Mediator mit den Parteien in Phase drei erarbeitet haben. Der Erfolgsmaßstab ergibt sich aus der Zielsetzung (grobes Ziel) der 1.Phase und den in der 3.Phase herausgearbeiteten Motiven (Interessen). Die Motive beschreiben den erwarteten Nutzen, sodass der Erfolg an dem Grad der Nutzenserreichung gemessen wird. Benchmarks helfen bei der Erfolgsevaluation. Die Erfolgskriterien definieren den Maßstab.

Erfolgskriterien

Gewinnen

Dass es sich bei dem Erfolg um eine WIN-WIN-Lösung handelt, ist nur deshalb spielimmanent, weil wegen des Grundsatzes der Freiwilligkeit kaum davon auszugehen ist, dass eine Partei, die sich unterlegen fühlt, einer nicht gemeinsam gefundenen, sondern einseitig vorgegeben, unausgewogenen Lösung zustimmen wird.

 Merke:
Leitsatz 4210 - Die Mediation kennt keinen Gewinner. Sie kennt nur einen Gewinn!

Die Mediation selbst macht keine Vorgaben für die Lösung. Das kann und darf sie auch nicht, weil sie ergebnisoffen ist. Sie verlangt allerdings, dass die Parteien alle Umstände, die der Entscheidung zugrunde liegen, kennen (Grundsatz der Informiertheit) und sich darüber und über den Inhalt der Entscheidung bewusst sind. Der Mediator wird gegebenenfalls darauf hinweisen, falls sich ein Ungleichgewicht herausstellt. Dann ist es die Entscheidung der Partei, ob sie das (eventuell auch nach einer externen Beratung) möchte oder nicht. Der Grundsatz der Freiwilligkeit (auf den der Mediator gegebenenfalls auch hinweist) erlaubt es ihr jedenfalls das Ergebnis abzulehnen. Jetzt wird deutlich, warum es so wichtig ist, dass der Mediator bei den Parteien das Bewusstsein erweckt, eine nicht genehme Lösung verweigern zu können. Jetzt wird auch deutlich, warum die Freiwilligkeit keine Frage ist, sondern eine anzusagende Bedingung. Die Mediation selbst kennt keine Gewinner oder Verlierer. Die Wegmarken erklärt, warum das so ist.

Prozesslogik 

Scheitern

Bei der Auseinandersetzung mit der Frage, was eine gelungene Mediation ist, wurde deutlich, dass die Abschlussvereinbarung dafür allenfalls ein Indiz darstellt. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Mediation dann erfolgreich ist, wenn sie die Nutzenerwartung verwirklicht. Eine Abschlussvereinbarung um jeden Preis ist dafür kein Kriterium; im Gegenteil! Wenn die Partei eine ihr nicht genehme Abschlussvereinbarung verweigert, verhindert sie möglicherweise ein falsches Ergebnis. Der Abbruch mag ungeschickt sein, weil die Mediation unterschiedliche Lösungen spätestens in der WATNA/BATNA Instanz als Alternativen gegenüberstellt. Möglicherweise war der Weg dorthin nicht der richtige. Validieren lässt sich der Abbruch erst, wenn die Motive dafür bekannt sind. Die Benchmarks helfen dem Mediator, Fehlerquellen zu identifizieren.

Die gelingende Mediation Qualität 

Heilen

Der Erfolg einer Mediation kann durchaus auch eine Heilung bewirken. Die Heilung wird definiert als der Prozess der (Wieder-)Herstellung der körperlichen und seelischen Integrität aus einem Leiden ..., oder die Überwindung einer ... Verletzung durch Genesung10 . Wenn der Konflikt zur Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens geführt hat, geht seine Auflösung oft mit der Möglichkeit einher, sich von dem Konflikt zu distanzieren und somit auch mit der Wiederherstellung des psychischen Gleichgewichts. Der Zustand kann durchaus als gesund beschrieben werden. Der so verstandene Heilungseffekt ist ein häufiges Abfallprodukt der Mediation. Er stellt sich besonders bei Beziehungskonflikten her, wenn die gestörte Beziehung nach der Mediation durchaus wieder als intakt beschrieben werden kann. Der Grund für die Heilung liegt in der sanften Auseinandersetzung mit dem Konflikt. Er ergibt sich aus dem sogenannten Rumpelstilzcheneffekt und der damit einhergehenden Konflikteinsicht. Sie bewirkt eine Übernahme der Verantwortung, die es den Parteien erlaubt, sich von dem Konfliktverhalten zu lösen und die Kontrolle zurückzugewinnen.

Auch wenn die Mediation grundsätzlich in der Lage ist, die Beziehung zu restaurieren, müssen sich sowohl der Mediator wie die Parteien darüber im Klaren sein, dass die Heilung nur ein möglicher Effekt aber niemals Ziel und Zweck der Mediation sein kann.

Beispiel 12001 - Ein Ehepaar hat eine problematische Beziehung. Sie wenden sich an den Mediator mit dem Zweck, ihre Ehe zu retten. Der Versuch scheitert, weil sich mit jedem Atemzug der Parteien herausstellt, dass sie keine gemeinsame Basis miteinander haben. Die Mediation endet mit einer einvernehmlichen Trennung, nachdem sich diese Ausgangslage beiden Parteien erschlossen hat. Statt die Ehe zu retten, gingen sie als Freunde auseinander.


Zu Beginn der Mediation kann der Mediator nicht vorhersehen, was es zu verstehen gibt, in welche Richtung sich das Verstehen entwickelt und wie die darauf bezogene Lösung auszusehen hat. Er ist also gut beraten, wenn er die Parteien über die Ergebnisoffenheit informiert und als Ziel lediglich das Finden einer Lösung herausstellt, die dem Weg des Verstehens folgt und das darauf bezogene Ergebnis völlig offen lässt.

Die heilende Mediation 

Bedeutung für die Mediation

Es wird deutlich, wie wichtig die Zielfestlegung zu Beginn der Mediation ist. Sie wird in der Praxis oft vernachlässigt.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-02-22 22:42 / Version 93.

Alias: Zweck, Verfahrenszweck, Win-Win-Lösung, win-win, Nutzenrelevanz, grobe Zielvereinbarung
Siehe auch: Strategie, Ziel und Ergebnis, Strategie, Verhandlungsreife
Prüfvermerk:

1 z.B. bei der Gruppenmediation
3 Siehe Simon (Ant Mill Phenomenon) - 2019-05-22 und Kreativität
6 Siehe Nutzen
7 Wenn nicht zuvor im Mediationsvertrag festgelegt, ist sie in Phase eins, eventuell in der Mediationsdurchführungsvereinbarung festzuhalten
8 Wenn der kognitiven Mediationstheorie gefolgt wird.
10 Zitat aus Wikipedia wikipedia.org/Heilung dl am 1.8.2018


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag März 29, 2024 00:56:20 CET.

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