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Über die Verfahren im Allgemeinen

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Verfahren, die dem Titel des 2. Buchabschnitts Systematik der Verfahren zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Systematik Verfahren ADR Verhandlung Auswahl Abgrenzungen Verzeichnis

Worum es geht: Ein Verfahren bezieht sich auf eine systematische und geordnete Herangehensweise zur Erreichung eines Ziels.1 Wenn das Verfahren zur Konfliktbeilegung beitragen soll, muss es sich an den Anforderungen einer Konfliktbeilegung messen lassen. Um das Bild über die Verfahren abzurunden, muss auch darauf eingegangen werden. Deshalb geht es hier um die Frage, was Verfahren sind, welche Konfliktbeilegungsverfahren es gibt und was sie bewirken können.

Einführung und Inhalt: Der Begriff der Konfliktbeilegungsverfahren wird vom Gesetzgeber als ein Oberbegriff verwendet. Die Wortwahl ist in zweierlei Hinsicht verwirrend. Einmal, weil nicht jedes Verfahren in der Lage ist, einen Konflikt beizulegen und zum anderen, weil die Frage berechtigt ist, ob und inwieweit die Mediation überhaupt ein Verfahren darstellen kann. Um eine präzise Systematik zu ermöglichen, wird hier zwischen den Verfahren der Streit- und der Konfliktbeilegung differenziert. Die begriffliche Trennung ist geboten, weil es einen Unterschied macht, ob ein Verfahren nur zur Streit- oder auch zur Konfliktbeilegung fähig ist. Die Differenzierung geht auf das sprachliche Verständnis zurück, das im Beitrag Systematik bereits näher erläutert wurde. In diesem Beitrag soll die Differenzierung zumindest zunächst auf den allgemeinen Verfahrensbegriff zurückgeführt werden, um ihre Kompetenz und ihre Leistungsfähigkeit auszuloten und gegenüberzustellen.

Das Verfahrensverständnis

Das Verfahren wird allgemein als die Art und Weise eines Vorgehens beschrieben. Der Verfahrensbegriff findet sich in unterschiedlichen Kontexten und Disziplinen wieder2 :

  1. Im juristischen Verständnis wird das Gerichtsverfahren assoziiert und als Maßstab eines Verfahrens herangezogen. Es ist ein formeller Prozess, wo Rahmen und Schritte als Rechtshandlungen vorgegeben sind.
  2. Im psychologischen Verständnis steht die durch den Ablauf bewirkte Entwicklung im Vordergrund (z.B. operante Verfahren, zur Veränderung der Konsequenzen des Symptoms).
  3. Im Verständnis der Mathematik oder der Informatik ist mit dem Verfahren ein Algorythmus gemeint.

Definitionsgemäß bezieht sich ein Verfahren auf eine systematische und geordnete Methode oder Herangehensweise zur Erreichung eines Ziels. Es umfasst eine Reihe von Schritten oder Handlungen, die nacheinander durchgeführt werden, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Es gibt Ähnlichkeiten und Überschneidungen mit dem Prozess. Auch hier handelt es sich um eine fortlaufende Abfolge von Schritten, die dazu dienen, eine Aufgabe oder ein Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zum Verfahren betont der Prozess jedoch den dynamischen Aspekt der Aktivitäten und deren wechselseitige Beziehungen.3

Der Abgrenzungsbedarf

Die folgende Abgrenzung soll dazu beitragen, zu verstehen was im Einzelfall gemeint ist:

Verfahren
Ein Verfahren bezieht sich auf eine systematische und geordnete Methode oder Herangehensweise zur Erreichung eines Ziels. Es umfasst eine Reihe von Schritten oder Handlungen, die nacheinander durchgeführt werden, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Ein Verfahren kann in verschiedenen Bereichen Anwendung finden, zum Beispiel in rechtlichen, administrativen, technischen oder wissenschaftlichen Kontexten. Es legt fest, wie bestimmte Aufgaben oder Probleme gelöst werden sollen und bietet eine strukturierte Richtlinie für das Vorgehen.
Prozess
Ein Prozess bezieht sich auf eine Folge von miteinander verbundenen Aktivitäten, die aufeinander aufbauen und zusammenarbeiten, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Es ist eine fortlaufende Abfolge von Schritten, die dazu dienen, eine Aufgabe oder ein Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zum Verfahren betont der Prozess den dynamischen Aspekt der Aktivitäten und deren wechselseitige Beziehungen. Ein Prozess kann zeitlich begrenzt sein oder kontinuierlich ablaufen.
Methode
Eine Methode ist ein systematischer Ansatz oder eine Vorgehensweise, um ein bestimmtes Problem zu lösen, eine Aufgabe zu erfüllen oder ein Ziel zu erreichen. In der Wissenschaft oder Forschung bezieht sich eine Methode oft auf den experimentellen oder analytischen Ansatz, der angewendet wird. Hier werden Methoden als Werkzeuge zur Erfüllung des prozessualen Auftrages verstanden. Sie bedienen sich spezifischer Techniken.
Strategie
Eine Strategie ist ein langfristiger Plan oder ein Gesamtkonzept, um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen. Sie bezieht sich auf die Auswahl der besten Handlungsweisen und Ressourcenallokation, um eine gewünschte Position, einen Wettbewerbsvorteil oder eine Zielsetzung zu erreichen. Strategien werden oft in Geschäfts-, Militär- oder Marketingkontexten entwickelt und umfassen die Analyse der Umgebung, die Festlegung von Zielen und die Auswahl der besten Maßnahmen zur Zielerreichung.
Taktik
Taktiken sind spezifische Aktionen, Verfahren oder Maßnahmen, die angewendet werden, um ein kurzfristiges Ziel zu erreichen oder sich an sich ändernde Bedingungen anzupassen. Taktiken sind oft Teil einer übergeordneten Strategie und können je nach Situation oder Kontext variieren. Sie beziehen sich oft auf spezifische Handlungen oder Entscheidungen in einem begrenzten Zeitrahmen, sei es im Militär, Sport, Verkauf oder anderen Bereichen.

Die Prozesshaftigkeit der Mediation

Wie das Beispiel der Mediation zeigt, lassen sich die Bedeutungen kumulieren. Sie werden auch oft durcheinandergeworfen. Die Terminologie ist nicht präzise. Es wäre zutreffender, die Mediation als einen Prozess zu verstehen. Diese Einordnung würde übrigens auch der EU-Direktive entsprechen, die die Mediation als process (also als einen Prozess) und nicht als procedure (also als ein Verfahren) bezeichnet.4 Wenn von der Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes gesprochen, wird, steht sicherlich das juristische Verfahrensverständnis im Vordergrund. Es fällt allerdings schwer, die Mediation als eine Abfolge von Rechtshandlungen zu verstehen. Außerdem gibt es Meinungen, die die Mediation, durchaus als eine Herangehensweise verstehen, auf die das Mediationsgesetzes nicht anwendbar ist. Manche sehen in der Mediation auch eine Methode.

Im hiesigen Verständnis ist die Mediation ein dynamischer Prozess mit einem sehr weiten Anwendungsradius. Wenn es trotzdem als ein Verfahren bezeichnet wird, wird zwar der Gleichrang zu anderen Verfahren herausgestellt. Allerdings muss das Verfahrensverständnis sowohl den psychologischen, wie auch juristischen Anforderungen stand halten. Wenn die Mediation als ein Erkenntnisprozess verstanden wird, findet sich in ihr sogar ein Algorithmus wieder, der sowohl eine systematische und geordnete Methode des Verfahrens, wie auch die dynamische Wechselwirkung der einzelnen Schritte im Prozess beschreiben lässt. Weil die Mediation alle Betrachtungen einschließt, liegt es nahe, sie tatsächlich auch als einen Prozess zu bezeichnen. Wenn sie als Verfahren bezeichnet wird, sollte darunter ein Verfahren sui generis (eigener Art) verstanden sein, auf das keine oder alle Konnotationen des Verfahrensbegriffs zutreffen. Um diesen Überllegungen Rechnung zu tragen, wird hier folgender Verfahrensbegriff zugrunde gelegt:

 Merke:
Leitsatz 7399 - Das Verfahren bilden den Rahmen und stellt den Weg zur Verfügung, mit dem die vereinbarten Ziele methodisch zu erreichen sind.

Mit diesem Verständnis wird nicht nur das Verhältnis von Verfahren, Methode und Techniken geklärt und in ein logisches Verhältnis gesetzt. Der Verfahrensbegriff erlaubt auch die Bildung von Containern, mit denen sich der Mediationsradius ausschöpfen lässt.

Die Systematik der Werkzeuge Containertheorie

Das Verfahrensaufkommen

Die Konflilktlandschaft kennt unterschiedliche Verfahren der Streit- oder Konfliktbeilegung. Eine systematische Ordnung finden Sie im Kapitel Systematik. Mit der sich aus der unsystematischen Verwendung der Begriffe Konfliktbeilegungsverfahren und Streitbeilegungsverfahren ergebenden Anomalie befasst sich das Kapitel Streitvermittlung.

Systematik Anomalie der Streitbeilegungsverfahren 

Bestimmungsgemäß werden Verfahren der Streit- oder Konfliktbeilegung aufgenommen, wenn es um die Beilegung eines Streites oder die Beilegung oder Auflösung eines Konfliktes geht.

Der Verfahrensrahmen

Das Vorgehen innerhalb eines Verfahrens findet weder im rechtsfreien Raum noch im freien Fall statt. Vielmehr bewegt es sich innerhalb eines mehr oder weniger verbindlich vorgegebenen Rahmens. Darauf achtend, bekommt der Verfahrensbegriff auch für die Mediation eine spezifische Bedeutung. Der Rahmen eines Verfahrens im juristischen Verständnis wird durch die rechtlichen Eckdaten, wie etwa die Auftragserteilung, das zugrunde liegende Verfahrensrecht (bei Gerichtsverfahren) und im Falle der Mediation durch den Mediationsvertrag vorgegeben. Alles was in dem Verfahren geschieht, muss in den rechtlichen Rahmen hineinpassen. Der Rahmen grenzt nicht nur die Verfahrenshandlungen ein, er grenzt auf die Verfahren gegeneinander ab. Welche Konsequenzen sich daraus für die Konfliktverfahren ergeben, lässt sich am besten mit der Containertheorie erklären.

Containertheorie 

Der Verfahrensablauf

Unabhängig von dem zugrunde liegenden Verfahrensbegriff lassen sich die Ausführungen eines Verfahrens auf ein Schema zurückführen, das sich auf ein Konzept, eine Struktur und eine Ordnung bezieht. Zumindest bei den Verfahren der triadischen Instanz lässt sich das Verfahren auf das Grundformat eines Entscheidungsprozesses zurückführen.

Entscheidungsprozesse

Die Verfahrenseffizienz

Die Effizienz eines Verfahrens lässt sich mit der Reichweite ihrer Bearbeitung ermitteln. Ideal wäre es, wenn ein Verfahren die volle Konfliktkonkungruenz abdecken kann. Voraussetzung dazu ist einerseits, dass sie zu bearbeitenden Themen den Konflikt abdecken. Andererseits kommt es darauf an dass die Bearbeitungstiefe ausreicht, um eine vollständige Konfliktbeilegung weiterzuführen. Beachten Sie bitte, dass zwischen der Streit- und der Konfliktbeilegung unterschieden wird.

Reichweite
Die Reichweite des Verfahrens lässt sich mit drei Parametern bestimmen. Die Parameter haben folgende Bedeutung:

  1. Der Fokus beschreibt die Lösungsrelevanz. Er ergibt sich aus der Zielsetzung, die zugleich den Verfahrensschwerpunkt definiert. Mehr dazu ...
  2. Das Thema entspricht dem Verfahrensgegenstand. Es geht in die Breite. Mehr dazu ...
  3. Die Bearbeitungstiefe ergibt sich aus der Lösung, die an den Dimensionen des Konfliktes zu messen ist, um ihre Tiefe auszuloten. Mehr dazu ...
K(Lösung)=Fokus*Thema*Tiefe  

Der Verfahrenscharakter

Es gibt noch weitere kennzeichnende Parameter für ein Verfahren, die am besten in einer Charakteristik zum Ausdruck kommen. Der Charakter bestimmt auch das Wesen der Verfahren. Die Aspekte, die den Charakter ergeben lassen sich in folgenden Kriterien wiederfinden:

  1. Zielsetzung
  2. Strategie
  3. Rahmenbedingungen
  4. Reichweite
  5. Bearbeitungstiefe
  6. Bearbeitungsschwerpunkte
  7. Kommunikationsmodell (Involviertheit und Verantwortung)

Bedeutung für die Mediation

Es genügt nicht, wenn der Mediator das Verfahren der Mediation kennt. Er muss den Mediationsradius erkennen und wissen, wie sich die Mediation methodisch und als Verfahren von allen anderen Verfahren der Streit- und Konfliktbeilegung abgrenzt. Nur so ist es möglich, den eigenständigen Wert der Mediation und ihre Kompetenz korrekt zu beschreiben5 .

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen. Zitiervorgabe im ©-Hinweis.

Bearbeitungsstand: 2024-03-15 10:08 / Version 71.

Alias: Vorgehensweise
Siehe auch: Marketing, Wesen
Prüfvermerk: -

1 Näheres dazu siehe unter Prozess
3 Siehe die Abgrenzungen im Beitrag Prozess
4 Siehe article 3 Richtlinie 2008/52/EG
5 Siehe Marketing


Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag März 19, 2024 06:18:56 CET.

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