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Soziologie

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite des Titels Basisliteratur der Abteiliung Wissen.
Der Thinktank koordiniert das gesamte Wissen, über das ein Mediator verfügen sollte. Hier finden Sie Ausführungen zum Recht.

Lexikon


Wir danken Arthur Trossen für die Überlassung des Skriptes.
Quellenhinweise finden Sie im Literaturverzeichnis.1

Soziologisches Grundwissen für Mediatorinnen und Mediatoren

Die Mediation ist für soziale Konflikte zuständig.2 Obwohl schon in der Begrifflichkeit das Wort sozial vorkommt, wird von vielen Anwendern vermutet, dass die Mediation ihren Schwerpunkt in der juristischen und der psychologischen Disziplin wiederfindet. Diese Sicht reduziert sowohl die Kompetenz wie auch die Möglichkeiten der Mediation. Wer sich auf diese Disziplinen beschränkt, wird ihrer Interdisziplinarität nicht gerecht. Spätestens bei der Gruppenmediation kommen soziologische Fragen auf. Der sozialwissenschaftliche Zugang geht aber noch weiter. Er trägt dazu bei, die Abläufe und Zusammenhänge in der Mediation zu beschreiben, die für sich gesehen als ein soziales System verstanden werden kann. Dieser Zugang findet sich in der kognitiven Mediationsteheorie wieder. Er wird wohl erstmalig explizit in der Masterarbeit von Heike Egner mit dem Thema Komplexität und Emergenz herausgestellt.3

Abgrenzung zur Sozialwissenschaft

Das Wort Soziologie setzt sich aus dem lateinischen Wort „socius“ (Gefährte) und dem griechischen Wort "logos" (Wissenschaft) zusammen.4 Die Soziologie zählt zu den Sozialwissenschaften. Sie grenzen sich von den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften ab.5 Die Sozialwissenschaften werden auch als Gesellschaftswissenschaften bezeichnet. Laut dem Gabler Wirtschftslexikon handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für all jene wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit den Phänomenen des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschen auseinandersetzen.6 Anders als die Soziologie, die sich lediglich auf die Struktur und Funktionsweise von Gesellschaften und das Handeln von Individuen in sozialen Kontexten richtet, beinhaltet die Sozialwissenschaft auch Disziplinen wie z.B. die Politologie und die Wirtschaftswissenschaften. Mit dem Hinweis auf die in der Mediation zu behandelnden sozialen Konflikte wird deutlich, dass die Soziologie Antworten liefern kann, weil sie sich mit dem Handeln von Individuen in sozialen Kontexten auseinandersetzt. So gesehen verwundert es, dass die Soziologie in der Ausbildungsverordnung gar nicht angesprochen wird. Dieses Dafizit soll hier aufgearbeitet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Soziologie, Sollten sich Schnittstellen in andere Disziplinen, wie z.B. die Antropologie oder die Politikwissenscaft ergeben, werden sie in den themenbezogenen Beiträgen angesprochen. Das Kernthema der Soziologie betrifft die zentrale Frage, was die Gesellschaft zusammenhält.

Was hält die Gesellschaft zusammen

Wenn diese Frage überhaupt beantwortet werden kann, führt sie zu einer vereinfachten, wenn auch verkürzten Sicht auf die Soziologie. Die Soziologie ist die Wissenschaft vom Zusammenleben der Menschen. Wie noch darzulegen ist, geht es dabei um mehr als nur um die von außen betrachtete Gesellschaft. Die Suche nach der Antwort auf die gesellschaftlichen Fragen gewährt allerdings einen Zugang zur Soziologie, der auch für Mediatorinnen und Mediatoren aufschlussreich ist.

Zur Einführung in die Soziologie soll ihre Entstehung nachvollzogen werden. Dafür bietet das nebenstehende Youtube-Video eine nachvollziehbare Übersicht an. Es setzt sich mit der Frage auseinander, was genau die Soziologie ist und wie sie entstanden ist. Das Einführungsvideo beginnt bei Aristoteles, führt über Thomas Hobbes, Adam Smith, Auguste Comte (der das Wort Soziologie erfunden hat), Emilé Durkheim, Max Weber, George Herbert Mead und Karl Marx. Leider endet der geschichtliche Überblick hier. Es lohnt sich aber, sich auch die anderen Videos dieses Kanals anzuschauen. Der Sonntagssoziologe verfasst unglaublich lehrreich und witzig gemachte Podcasts und Erklärvideos zu sozialwissenschaftlichen Themen.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Es wurde im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung.

Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Kleine Frühgeschichte der Soziologie

Auffällig ist in dem Video, wie das Verhältnis Mensch und Gesellschaft aus der geschichtlichen Sicht heraus beschrieben wird. Die Darstellung beginnt mit dem antiken Verständnis, dass Staat und Gesellschaft dasselbe seien. In der Folgezeit wurde davon ausgegangen, dass Staat und Gesellschaft etwas anderes wären und differenziert zu betrachten seien. Bei der Frage, was die Gesellschaft ausmacht, wurde wieder etwas später die Vernunft als das Bindeglied herausgestellt. Noch später traten die zusammengeführten Interessen der Einzelnen in den Fokus, wo sogar der Egoismus als eine Triebfeder des gesellschaftlichen Zusammenlebens angesehen wurde. Schließlich entwickelte sich eine Sicht, die davon ausging, dass die Gesellchaft von Institutionen (Kirche, Schule, Kegelverein) zusammengehalten werde. Der nächste Schritt in der Entwicklung der Soziologie sieht die Solidarität als Bindeglied einer Gesellschaft, wobei die Solidarität durch die Gesellschaft geprägt werde. Dabei stellt die Solidarität nur lediglich eine von vielen sozialen Funktionen dar, woraus sich ein funktionalistisches Gesellschaftsverständnis entwickelt hat. Im nächsten Schritt wurde davon ausgegangen, dass Menschen nicht handeln, weil ihnen die Gesellschaft eine Funktion vorgibt, sondern weil sie in ihrer Handlung einen Sinn sehen. Über die Gesellschaft schreiben sie den Handlungen eine gemeinsame Bedeutung zu.

Spätestens jetzt sollte der Begriff der Gesellschaft hinterfragt werden. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. Jenkovitz meint sogar, dass die Soziologen bis heute uneins darüber seien, ob sie den Begriff der Gesellschaft überhaupt als zentralen Begriff ihres Faches akzeptieren wollen. 7 Zum besseren Verständnis mag die soziologische Unterscheidung zwischen der Gesellschaft und der Gemeinschaft beitragen. Während die gesellschaftlichen Beziehungen aus gestifteten, bewussten Interessenverknüpfungen abgeleitet werden, handelt es sich bei den gemeinschaftlichen Beziehungen um natürlich entstandene, organische Gliedverbindungen. Erst die Systemtheorie des Soziologen Niklas Luhmann betrachtet die Gesellschaft als ein System, das aus verschiedenen Teilsystemen (z. B. Politik, Wirtschaft, Kultur) besteht. Die Systeme sind durch Kommunikation miteinander verbunden. Sie beeinflussen sich gegenseitig. Ihr oberstes Handlungsprinzip soll die Zweckmäßigkeit sein.8 Mit diesem Gedanken ergibt sich bereits eine direkte Schnittstelle in die Mediation. Ohne an dieser Stelle darauf einzugehen, was Zweckmäßigkeit genau bedeutet, ergibt sich eine Verbindung mit der kognitiven Mediationstheorie, die auf den Nutzen abstellt und darüber die Zweckmäßigkeit des Handelns bewusst herbeiführt. Über die Kognition, die sich mit der Aufnahme, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen in Organismen befasst, stellt sich eine Verbindung zwischen den psychologischen und sozialen Komponenten her.

Auch wenn sich die Kognition nicht nur auf Menschen beschränkt, sondern auch den Informationsfluss in anderen Organismen betrifft, soll das Individuum als kleinste Einheit einer Gruppe den Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen bilden. Damit richtet sich der Fokus auf den einzelnen Menschen und sein Verhalten in sozialen Systemen.

Das Verhalten des Individuums

Leider ist nicht jedes Handeln rational gesteuert und auf einen definierten Zweck ausgelegt. Um dem Handeln näher auf den Grund zu gehen, unterscheidet Max Weber zwischen dem Verhalten und dem Handeln. Nach seiner Auffassung ist Verhalten jedes Tun, Dulden und Unterlassen, wozu auch das Denken zählt. Das Handeln hingegen beschreibe ein bestimmtes Verhalten, mit dem ein Sinn verbunden wird. Das soziale Handeln ist ein Unterfall, der das Handeln auf andere Menschen bezieht. Die Sinnhaftigkeit des sozialen Handelns erlaubt Rückschlüsse auf die Motivation des handelnden Menschen. Mithin führt die Auseinandersetzung mit dem sozialen Handeln zu einer weiteren Schnittmenge mit der Mediation, wo die Motiverhellung zur Bedeutungsklärung genutzt wird.

Nach Weber ist das Handeln sozial, wenn es seinem Sinn nach wechselseitig auf das Handeln anderer bezogen wird und sich in seinem Verlauf daran orientiert.9 Für das soziale Handeln wurden folgende Typen herausgebildet:

  1. Zweckrationales Handeln: Es kommt zu einer rationalen Abwägung zwischen Zweck,Zielen, Mitteln und Folgen.
  2. Wertrationales Handeln: Ausschlaggebend der ethische, ästhetische, religiöse Eigenwert einer Handlung.
  3. Affektuelles Handeln: Auslöser ist stets ein Außenreiz, der eine momentane Gefühlslage und Emotionen auslöst.
  4. Traditionales Handeln: Maßgeblich ist die eingeübte Gewohnheit.

Auch George Herbert Mead stellt heraus, dass das menschliche Leben in einem sozialen Kontext zu betrachten sei. Wie wir unsere Welt wahrnehmen, auf sie einwirken und verändern, steht deshalb immer in einem sozialen Zusammenhang, Jenseits der Rationalität führt bereits die Evolution dazu, dass veränderte Umweltbedingungen erfasst und als natürliche Anpassungen an nachfolgende Generationen weitergegeben werden. Die Gesellschaft bildet eine höhere Sozialität heraus. Sie ist zumindest theorietisch in der Lage, die erforderlichen Anpassung selbst vorzunehmen. Der Grund liegt in der Fähigkeit zum Informationsaustausch. Die auch für die Mediation relavante Schlussfolgerung könnte lauten, dass die Anpassungsfähigkeit von der Fähigkeit zum Informationsaustausch abhängt. Konsequenzen ergeben sich für den Umfang und die Notwendigkeit der Verstehensvermittlung.

Jenkovitz stellt heraus, dass sich Gesellschaften bilden können, wenn "Lebewesen Symbole kultur- oder situationsspezifisch gebrauchen und somit ihr Verhalten intragenerationell modifizieren".10 Der Informationsaustausch erfordert ein Zeichensystem, über das die Verständigung möglich wird. Ohne näher auf die Semiotik einzugehen,11 soll hier lediglich herausgestellt werden, dass wir den Umgang mit Symbolen (wie z.B. der Sprache oder der Gestik) nur in Abhängigkeit von einem Kontext erlernen können. Es ist nicht möglich, Erkenntnisse oder Wissen zu sammeln, ohne die Symbole auf Situationen zu beziehen.12 Mithin gibt es einen natürlichen Handlungsantrieb und einen institutionellen, der durch die Zugehörigkeit zu einer Sozialisation herausgebildet wird. Er wird durch die unvermeidliche Wechselbeziehung zwischen dem Organismus und seiner Umweld geprägt und drückt sich in der verallgemeinerten Erwartung der anderen zur Gesellschaft gehörenden Lebewesen aus.

Mit der Umwelt des Individuums kommen die sozialen Beziehungen ins Spiel. Um der Wechselbeziehung zwischen dem Indiviuddum und seiner Sozialisation näher auf den Grund zu gehen, richtet sich der Blick zwangsläufig auf die Bedeutung und die Einflussnahme sozialer Gruppen.

Das Verhalten der Gruppe

Die Gruppe ist uns näher als die Gesellschaft, dessen Plausibilität in der modernen, kontroversen Welt überhaupt erst noch gefunden werden muss.13 Was ist die Gesellschaft, wenn sie mit der Menschheit, also der Gesamtpopulation der Menschen auf der Erde in Beziehung gesetzt wird? Sprechen wir dann von einer oder von mehreren Gesellschaften und welcher Gesellschaft wollen wir uns zuordnen? Zu Recht wirbt Luhmann für eine Rekonstruktion der Begriffe, sodass die Menschheit in die gesellschaftliche Diskussion einbezogen werden kann.14 Menschheit ist kein soziologischer Begriff. In der Soziologie wird lediglich vorausgesetzt, dass die Natur des Menschen als das alles verbindende Element jedem Menschen selbst einsichtig sei. Aus dieser Einsicht ließen sich für alle Menschen geltende Ergebnisse ableiten. Die unterstellte Bewusstheit, dass alle Menschen Teil einer (globalen) Gesellschaft sind, könnte dazu beitragen, die Zuordnung einer identitätsstiftenden globalen Gemeinschaft zu ermöglichen. Der Trend scheint sich aktuell in eine andere Richtung zu bewegen. Woher sonst kommen die nationalistischen Tendenzen der modernen Welt? Ist sie lediglich aus politischen Interessen motiviert, geht es um Reduktion der immer komplexer werdenden Welt oder um die Suche nach Identität? Vielleicht kommt alles zusammen.

So interessant die Frage für die Politik sein mag, ist sie für die Mediation nur von nachrangiger Bedeutung. Hier steht nicht die Menschheit an und für sich in Frage, sondern das Individuum und seine Rolle in einem sozialen Konflikt. Auch wenn der Begriff des sozialen Konfliktes in Abgrenzung zum inneren Konflikt nur den Konflikt zwischen Menschen beschreibt, weist auch das Individuum soziologische Bezüge auf, die ein Mediator erkennen sollte. Ohne eine Menschheit, gibt es keine Menschen.

Jedes Individuum gehört einer oder mehreren Gruppen an, über die es mit der Gesellschaft verbunden wird. Die Gruppe nimmt also eine Mittelstellung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft ein.15 Nicht immer kann das Individuum die Gruppe wählen, der es angehört. Gehören Kläger und Beklagter, die im privaten Leben eigentlich nichts miteinander zu tun haben, plötzlich zur Gruppe der Streitparteien? Sicherlich bilden sie keine soziale Gruppe. Es ist auch zu bezweifeln, dass ihnen vor Gericht ein Gruppenerlebnis (miteinander) vermittelt wird. Die Parteien werden sich als Gegner verstehen und sich eher zu anderen Gruppen zugehörig fühlen als zu der Gruppe der Streitparteien. Diese Überlegung führt zu der in der Soziologie streitigen Frage, ob es überhaupt eines Gruppenbewusstseins bedarf, um eine Gruppe definieren zu können.16

Gibt es soziologisch betrachtet einen Unterschied zur Mediation? Wie sehen sich die Streitparteien dort? Fällt es ihnen jetzt trotz ihrer gegnerischen Position leichter, sich der Gruppe der Medianden zugehörig zu fühlen? Immerhin verfolgen sie ein gemeinsames Ziel. Sie sollten das Gruppengefühl also schon deshalb entwickeln, weil sie einen gemeinsamen Auftrag haben, der zu einem Wir führt. Ihr Auftrag lautet: "Wir werden das Problem (mit Hilfe des Mediators) gemeinsam lösen". Bei der integrierten Mediation werden grundsätzlich alle Personen, die bei Konfliktbeilegungsverfahren am Konflikt arbeiten, unabhängig vom zugrundeliegenden Verfahren als ein Team verstanden. Das bezieht bei einem Gerichtsverfahren auch den Richter, die Anwälte und in Familiensachen beispielsweise auch das Jugendamt mit ein. Der Teamgedanke soll die gemeinsame Verantwortung aller Akteure bei der Konfliktlösung herausstellen. Die unterschiedlichen Rollen, die jedes Individuum in dem Team einnimmt, steht diesem Gedanken nicht entgegen. Im sogenannten Altenkirchener Modell hat die Teamzuordnung dazu beigetragen, das Klima in den Familiensachen derart zu verbessern, dass Kempf den Begriff des Biotops Altenkirchen eingeführt hat.17 Das Beispiel kann als Beleg dafür dienen, wie das prägende Verständnis in einer Gruppe das Verhalten der Mitglieder, in dem Fall der Streitparteien, beeinflusst.

Es scheint eine Diskrepanz zu geben zwischen dem Gefühl einer Gruppenzugehörigkeit und der tatsächlichen Einbeziehung in eine Gruppe. Dass ein Wissen über soziale Gruppen in der Mediation eine Rolle spielt, wird spätestens bei einer Gruppenmediation bewusst, wo es um die Beilegung eines Konfliktes innerhalb der Gruppe geht. Dort wird die Gruppe allerdings zum Gegenstand der Mediation. Sie wird thematisiert und ist nicht zu ihrem Inbegriff. Es handelt sich also um eine reduzoerte Sicht auf die Mediation.

Wenn die Gruppe zum Mediationsgegenstand wird, kann sie zwar als solches angesprochen werden. Trotzdem, besitzt sie keine eigene sozialontologische Subjektivität.18 Es gibt die umstrittene Vorstellung einer pluralen Subjektivität, die sich im Wir ausdrückt. Eine singuläre Subjektivität gibt es jedoch nicht, auch wenn der Anschein durch die Überschrift dieses Kapitels geweckt werden mag. Er ist jedoch unlogisch, weil eine Gruppe als solche nicht handeln kann. Stets sind es die der Gruppe angehörigen Individuen, die handeln. Die Frage ist dann lediglich, ob ihr Handeln der Gruppe zugeordnet wird, ob es den Vorstellungen der Gruppenmitglieder entspricht und ob sie es sich (als Gruppe) zueigen machen. Die Institutionalisierung der Gruppe entscheidet dann über die Frage, ob das Handeln allen zugeordnet wird, nur einer Mehrheit oder sogar nur einzelnen, die behaupten, für alle zu sprechen.

Mithin gibt es eine Wechselwirkung, die zwei unterschiedliche Sichten auf die Gruppe nahelegt. Die eine Sicht erkennt Einflüsse der Gruppe (oder der Gesellschaft) auf das Denken und Handeln der Individuen. Die andere fokussiert die Relation zwischen den Individuen und Gruppe, wo die Gruppeneffekte aus dem Handeln der Individuen entstehen, so wie sie das Handeln beeinflussen. Um die jeweiligen Einflussnahmen besser zu verstehen, bedarf es der Einführung einiger soziologischer Grundbegriffe:

Was ist eine Gruppe überhaupt?
Die kleinste Gruppe besteht aus zwei Personen. Oft ist auch zu lesen, dass eine Gruppe aus mindestens drei Personen bestehe. Eine Dyade ist nicht zwingend eine Gruppe. Sie kann auch ein Paar sein. Unstreitig ist die Personenzahl jedoch nach oben offen. Im soziologischen Verständnis zeichnet sich eine Gruppe dadurch aus, dass sich die Mitglieder über einen längeren Zeitraum in regelmäßigem Kontakt miteinander befinden, gemeinsame Ziele verfolgen und sich als zusammengehörig empfinden.19 Die Subsumtion unter diese Merkmale fällt nicht immer leicht.
Beispiel 14616 - Wären Kläger und Beklagter in einem Gericht eine soziale Gruppe? Die Subsumtion fällt schwer, weil sie zunächst nur aus zwei Personen bestehen und nicht unbedingt ein gemeinsames Ziel verfolgen. Erst auf den zweiten Blick verfolgen sie ein gemeinsames Ziel, nämlich die Herbeiführung einer Entscheidung. Der Prozess kann auch einen längeren Zeitraum dauern. Zwangsläufig haben die Parteien auch einen regelmäßigen (schriftsätzlichen und persönlichen) Kontakt. Zweifel bestehen, ob sie sich als zusammengehörig empfinden. Dieses Gefühl kommt allenfalls dann auf, wenn die Parteien sich beide gegen den unfähigen Richter zur Wehr setzen müssen.


Die Ausführungen von Becker veranschaulichen besser, worum es geht. Er unterscheidet folgende Erscheinungsformen, nach denen sich die Gruppen wie folgt enteilen lassen:20

  1. Mitgliedsgruppen: Becker unterscheidet intime Mitgliedsgruppen (Familie, Freundeskreis), aufgabenbezogene Mitgliedsgruppen (Teams am Arbeitsplatz oder Sportteams) und sozial kategorisierende Mitgliedsgruppen (Geschlechtszugehörigkeit, Altersgruppen). Bei den kategorisierenden Gruppen handelt es sich nicht um soziale Gruppen. Dennoch sollte nicht übersehen werden, dass auch solche Zugehörigkeiten durchaus eine identitätsstiftende Funktion haben.
  2. Fremdgruppen: Das sind Gruppen, denen das Individdum selbst nicht angehört. Die identitätsstiftende Funktion ensteht aus der Abgrenzung.
  3. Bezugsgruppen: Bezugsgruppen sind Fremdgruppen, die einen starklen Einfluss auf eigene Entscheidungen haben, obwohl das Individuum dieser Gruppe selbst nicht angehört.
  4. Primärgruppen: Das sind soziale Gruppen mit wenig Mitgliedern und intensiver Interaktion.
  5. Sekundärgruppen: Das sind soziale Gruppen mit wenig Interaktion und eher zahlreichen Mitgliedern.
  6. teilautonome Arbeitsgruppen: Ein Merkmal für Gruppen ist die Autonomie der Mitglieder. Teilautonome Arbeitsgruppen findet man bei Unternehmen mit flacher Hierarchie.
  7. formelle Gruppen: Formelle Gruppen beschreiben die von der Organisation geplante Struktur als eine Sollgröße der Gruppe, sud der sich ergibt, was in der Organisation vorgesehen und offiziell beabsichtigt ist. Die Eckdaten werden im Unternehmen im Idealfall durch ein Organigramm abgebildet. Es kommt zu Konflikten, wenn die geplante Struktur mit der gelebten Gruppenstruktur nicht übereinstimmt.
  8. informelle Gruppen: Die informelle Gruppen entspricht der gelebten Gruppenstriuktur. Es handelt sich um soziale Gruppen auch nach der sozialwissenschaftlichen Definition, die nicht im Organisationsplan vorgesehen sind. Die Struktur wierd durch ein Soziogramm ermittelt. 21

Die Identifikation einer der Gruppen kann bei der Gruppenmediation durchaus eine wichtige Rolle spielen. Für die Mediation selbst kommt es lediglich darauf an zu erkennen, ob und inwieweit die Gruppenzugehörigkeit Einfluss auf das Denken und das Verhalten des Individuums nimmt. Um dieser Frage nachzugehen, kommen weitere soziologische Grundbegriffe ins Spiel:

Wie positionieren sich die Mitglieder einer Gruppe?
In sozialen Systemen bildet sich stets eine Rangordnung heraus. Die Rangordnung bestimmt die Hierarchie und diese wiederum definiert den Status. Ohne eine Ordnung wäre die Gruppe ein Haufen. Die Frage, wie mit der Hierarchie umzugehen ist, fällt zwar in den gesellschaftlichen Kontext. Dass sich stets eine Hierarchie herausbildet, ist indessen ein soziologisches Phänomen. Es macht sich an der Frage fest, welche Position ein Gruppenmitglied annimmt und welche ihm zugeschrieben wird. Nach Schindler bilden sich folgende Positionen heraus:22

  • Alpha (α): Ranghöchstes Gruppenmitglied (mit Führungsanspruch / -funktion)
  • Beta (β): Vertreter, Experte, Außenseiter
  • Gamma (γ): die übrigen Gruppenmitgliederf (Mitläufer)
  • Omega (ω): Rangniedrigstes Gruppenmitglied (meist der Sündenbock, der Skeptiker oder der Opponent)
  • Gegnerposition

Die Positionierung ist nicht statisch. Schindler spricht deshalb von dynamischen Positionen. Sein Modell der Rangdynamik beschreibt den Umgang mit der Macht und die Verteilung der Machtverhältnisse in einer Gruppe entlang der Positionierung. Trotz seiner Unbeliebtheit und der formalen Herabstufung erfüllt der Omega eine wichtige Rolle in der Gruppe. Er zwingt zur Auseinandersetzung mit unbequemen Fragen, mit denen sich die Gruppe (warum auch immer) nicht (mehr) befassen will. Die sich daraus ergebenden Spannungen verändern die Zuordnung der Positionen zueinander. Wenn der Gamma beispielsweise gegebenenfalls mit Hilfe des Beta nicht mehr den Alpha unterstützt, kann es zu einer Änderung der Rangordnung kommen.

Herkömmlich wird der Statusbegriff gleichbedeutend mit dem Rang verwendet, den ein Individuum in einer Gruppe einnimmt. Heute meint die Position eher eine mit Rechten und Pflichten einhergehende Stellung im sozialen Kontext. Ein Versuch, die Begriffe Rang, Rangordnung und Hierarchie gegeneinander abzugrenzen erfolgte im Rahmen der Matreier Gespräche im Jahre 2003, wo sich folgende begriffliche Abgrenzung bewährt hat:23

Ausgehend vom Begriff der „Gruppe“, die einen sozialen Zusammenschluss von Individuen beschreibt, der von Gleichrangigkeit, Konformität und Kooperation geprägt ist, beschreibt der Begriff „Rangordnung“ einen linearen Ordnungsgradient innerhalb der Gruppe oder zwischen Gruppen, der sich durch Differenzierung und Konkurrenz auszeichnet. Durch die Synthese von horizontalen Ordnungskräften (gruppenbildend) und vertikalen Ordnungskräften (rangbildend) entsteht die Hierarchie als ein Gefüge von teilgeordneten Mengen, die durch lineare Ordnung bewertet werden.


Ein Verständnis der Zusammenhänge stellt sich her, wenn die Rangordnung mit der Bedeutung gleichgesetzt wird, die ein Individuum in der Gruppe einnimmt oder für die Gruppe hat. Leider machen viele Menschen an der Position, die sie in der Gruppe einnehmen, ihre eigene Wichtigkeit fest. Die Wichtigkeit wird anhand von Statussymbolen nach außen kenntlich gemacht. Die mit der Rolle einhergehende Pflichten werden vernachlässigt. Wem es darauf ankommt, als bedeutend zu gelten, wird sich eine Gruppe suchen, wo das möglich ist. Falls es in der Gruppe für das Individuum nicht möglich ist, den bedeutenden Status zu erzielen, bildet es eine eigene Gruppe, wo das möglich wird. Ruso und Atzwanger gehen davon aus, dass die Betätigung in Vereinen als Funktionär wegen des dadurch möglichen Statusgewinns sich positiv auf die soziale Stellung dieser Individuen in anderen Gruppen auswirkt.24 Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass ein Idividuum den Statusgewinn in einer kriminellen (assozialen) Vereinigung sucht, wenn es ihn in der Gesellschaft (als Omega) nicht finden kann.

Welche Struktur findet sich in der Gruppe wieder?
Die Rangordnung geht mit der Hierarchie einher. Der aus dem griechischen stammende Begriff der Hierarchie bedeutet übersetzt so viel wie heilige Ordnung. Gemäß dem religiösen Ursprung bezeichnet die Hierarchie eine stufenmäßig auf Überordnung und Unterordnung beruhende Ordnung, die auf Herrschaft und Unterwerfung aufbaut. Die naheliegende Form von Herrschaft und Unterwerfung findet sich in der linearen Hierarchie wieder, wo der Herrscher auch das letzte Glied in dieser Linearität beherrscht.

Moderne Gesellschaften und Unternehmen suchen nach effizienteren Organisationsformen. Der Paradigmenwechsel der sich von dem Grundsatz der Einheit und Stabilität hin zur innovativen Anpassungsfähigkeit einer Wissensgesellschaft bewegt, verwirklicht sich besser in einem heterarchischen Format.25 Forschungen bestätigen durchaus, dass die Hierarchie (auch in der Tierwelt) nicht immer in einer strikten Über- Unterordnung ausgeprägt werden muss, über die Dominanz- oder Statussignale vermittelt werden. Es gibt auch weniger formalisierte individualistische Rangordnungen, bei denen der Rang des Individuums etwa davon abhängt, wie sich das Mitglied einen Zugang zu Ressourcen und Fähigkeiten sichern kann, die sich die Gruppe zu nutzen machen muss.26 Damit richtet sich der Blick auf die Heterarchie. Sie bildet den Gegensatz zur Hierarchie. In der modernen Wissensgesellschaft, die schnell auf Veränderungen reagieren muss, kommt die Heterarchie immer mehr in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Betrachtungen.

Zur Vollständigkeit mag die Heterarchie noch von der Stratarchie abgegrenzt werden. Im Kontext dieser Ausführungen erfolgt die Einführung des auf die politische Parteien bezogenen Begriffs aber nur, um zu zeigen, dass es verschiedene Bemühungen und Ansätze gibt, Organisationen an die Anforderungen einer modernen Gesellschaft anzupassen. Das im Jahre 1964 von Samuel Eldersveld in die Organisationssoziologie eingeführte Stratarchiemodell beschreibt ein Konstrukt der gestuften und geschichteten Herrschaft von pluralen Eliten und Teilgruppen in den Parteien.27

Und wo bleibt die Anarchie? Auch dieses Wort stammt aus dem Griechischen. Es bedeutet die Abwesenheit von Herrschaft. Der Begriff findet vornehmlich in der Politik Verwendung. Er sollte nicht davon ablenken, dass es auch in einer Anarchie eine Rangordnung geben muss und wird, weshalb alle Versuche, anarchistische Strukturen umzusetzen, letztlich an sich selbst gescheitert sind.28 Im Mittelpunkt steht die Frage der Herrschaftsausübung. Sie drückt sich in der Befehlsgewalt aus und wird in verschiedenen Formaten abgebildet. Eine Aufstellung der Herrschaftsformen finden Sie bei Wikipedia.29 Um dem soziologischen Verständnis von Gesellschaft gerecht zu werden, macht es Sinn, zwischen der Gesellschaft, dem Staat und gegebenenfalls dem Unternehmen zu unterscheiden.

Welche Rolle steht dem Gruppenmitglied zu?
Die Position geht stets mit einer Rolle einher, die ein Gruppenmitglied in einer sozialen Gruppe einnimmt. Während die Position den Rang bestimmt, definiert die Rolle die damit einhergehenden Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Erwartungen und Funktionen. Um die Aufgaben zu erfüllen, wird die Rolle mit Befugnissen ausgestattet, die es ihr erlauben, Entscheidungen auch durchzusetzen. Damit wird die Macht angesprochen, die ein Rolleninhaber ausüben kann und gegebenenfalls auch soll. Im Unterschied zur Dominanz, die sich aus der Position ergibt und eine Beziehungsstruktur zum Ausdruck bringt, ist die Macht eine Funktion. Wichtig ist der Hinweis, dass weder die Macht noch die Dominanz Persönlichkeitsattribute darstellen. Ob die Person die ihr zugeschriebene Rolle verdient und ob sie die Position ausfüllen kann, ist also eine Personalie.

Wie bildet sich die Struktur einer Gruppe heraus?
Die Gruppenstruktur ist ein weiterer fundamentaler Begriff der Soziologie. Er ist die logische Folge der Rangordnung und der besetzten Rollen. Weil Menschen soziale Wesen sind, werden wir stets eine Rangordnung herstellen. Es ist ein Phänomen, das wertfrei beurteilt werden sollte. Eine Hierarchie ist nicht per se schlecht, ebensowenig eine Heterarchie oder eine Stratarchie. Schlecht fühlt sich eine Rangordnung erst an, wenn sie disfunktional ist. Jiménez stellt heraus, dass sich tendenziell immer eine Hierarchie ausbildet. Eine flache Hiearchie (oder eine Heterarchie) wird präferiert, wenn den Mitgliedern der Gruppe Egalität wichtig ist. Diese Entwicklung zu einer flachen Hierarchie stellt sich allerdings nur unter ganz bestimmten Bedingungen her. Wenn ein starkes Feindbild entsteht, sbildet sich schnell und intuitiv eine deutlich hierarchische Gruppenstruktur heraus.30

Wenn das mit den Positionen verbundene Dominanzverhalten auf eine Beziehungsstruktur hindeutet, sollte sie von der Organisationsstruktur differenziert betrachtet werden. Im Idealfall sind die Beziehungsstruktur und die Organisationsstruktur miteinan der kompatibel. Wenn dem jedoch nicht so ist, kommt es zu Irritationen, die entweder die Personale oder die Organisation in Frage stellen.

Welche Regeln gelten in einer Gruppe?
Die Frage, was erwartet wird und welches Verhalten erwünscht ist oder nicht, wird in der Regel durch die Normen abgebildet, die sich eine Gruppe selbst meist unbewusst und intuitiv herstellt. In der Soziologie werden diese Regeln als Gruppennorm bezeichnet. Gruppennormen sind soziale Erwartungen an die Gruppenmitglieder jenseits der Beziehungsstruktur. Sie tragen zu einem einschätzbaren Verhalten der Mitglieder bei und dienen zur Stabilisierung der Gruppe.31 Wenn die Normen kodifiziert werden, gibt es einen Maßstab für das anzuwendnde Recht. Die Gruppenmitglieder besitzen ein gesundes rechtsgefühl, wenn die rechtlichen Normen den Gruppennormen entsprechen. So wie die Normen dazu beitragen, ein Fehlverhalten zu identifizieren, definieren sie auch die Akzeptanz der eingesetzten Macht. Die Ausübung von Macht wird erst dann als unerträglich empfunden, wenn sie willkürlich und missbräuchlich erfolgt. Auch die Frage der Gerechtigkeit orientiert sich an diesen Einschätzungen.
Und was ist jetzt mit dem Wir-Gefühl?
Die soziologoische Definition der Gruppe geht davon aus, dass sich die Gruppenmitglieder als zusammengehörig empfinden. Die Liste der Gruppentypen hat gezeigt, dass dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit durchaus ganz unterschiedlich ausgeprägt sein kann.

Gruppenzwang. Das Wir Gefühl erhöht den Gruppenzwang.

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TEAM 32
Heterarchie 33

Interaktionssysteme

Wichtiger als die Begrifflichkeiten sind die damit einhergehenden Phänomene in der Mediation. Um sie zu durchschauen, hilft die Systemtheorie am besten weiter. Heike Egner weist darauf hin, dass Luhmann aus der systemischen Sicht heraus überraschenderweise mit nur drei Begriffen auskommt. Er führt die Unterscheidung Interaktion, Organisation und Gesellschaft ein und grenzt damit den Gesellschaftsbegriff nicht, wie es traditionell in der Soziologie üblich war, gegen das Individuum ab, sondern gegen andere Typen sozialer Systeme, die er dann auf der Ebene der allgemeinen Theorie sozialer Systeme (im Unterschied zur Gesellschaftstheorie) in den Blick nimmt.34 Das faszinierende an der systemischen Sicht ist die Möglichkeit, nicht nur die sozialen, sondern auch die intrapersonellen Systeme, also das biologische, das psychologishce und das soziale Ssytem des Menschen in die Interaktionen einzubeziehen. Egner bezieht die Systemik nicht nur auf die Arbeit des Mediators. Sie entwickelt daraus auch ein an die kognitive Mediationstheorie angelehntes Erklärungsmodell für die Mediation.

Die systemische Sicht lässt sich darauf ein, dass die Medianden verschiedenen Gruppen angehören, in denen sie unterschiedliche Rollen besetzen. Entscheidend ist dabei, die Mediation selbst als eine systemische Einheit zu betrachten. In der hier verwendeten Termionologie ist deshalb von dem Mediationssytem die Rede. In diesem System bilden nicht nur die Parteien die Gruppe der Medianden. Auch der Mediator ist ein Teil des Systems, auch wenn er keine Streitpartei ist und sich operativ nicht am Streit beteiligt. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen und um eine Abgrenzung zu ermöglichen, werden die Streitpartteien auch dem Streitsystem zugeordnet. Dass sie in ihrem realen Leben auch noch anderen Einfluss nehmenden Gruppen zugeordnet sind, kann dadurch abgebildet werden, dass neben dem Mediationssytem und dem Streitsystem noch das Helfersystem erfasst wird.

Bedeutung für die Mediation

In der Mediation geht es darum, den Menschen in seinem Handeln zu verstehen und seine Absichten nachzuvollziehen. Wenn das menschliche Leben, wie Mead herausgestellt hat, in seinem sozialen Kontext zu betrachten ist, muss der Sozialität eine dementsprechende Rolle in der Mediation zugeschrieben werden. Die Erkenntnistheorie drückt diesen Einfluss im relationalen Konstruktivismus aus. Der relationale Konstruktivismus greift das erkenntnistheoretische Modell des radikalen Konstruktivismus auf, den es allerdings durch sozialtheoretische Perspektiven relativiert. Für den Mediator ist entscheidend, das individuelle Konstrukt von Wirklichkeit der Medianden auch aus ihrer Sozialität heraus zu betrachten.35

Auffällig ist, dass auch eine Gesellschaft, eine Gemeinschaft oder eine Gruppe durchaus eigene Interessen haben kann, auch wenn sie nicht als solche in Erscheinung tritt und erst recht nicht handlungsfähig ist. Handelt das Familiemmitglied wirklich im Sinne der Familie? Handelt der Teamleiter wirklich im Interesse des Teams ? Ist unser Handeln wirklich konform zu den Anforderungen der Gesellschaft und was passiert, wenn es zu Abweichungen kommt?

Es ist nicht nur eine gedankliche Hilfe, wenn die Einflüsse identifiziert und mit dem Individuum konfrontiert werden können. (Leerer Stuhl)

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen. Zitiervorgabe im ©-Hinweis.

Bearbeitungsstand: 2023-02-06 16:55 / Version 63.

Siehe auch: Unternehmensmediation, Gruppenmediation
Prüfvermerk: -

1 Trossen (Soziologie) - 2023-02-06
4 Siehe Wickert (Allgemeine Soziologie) - 2022-07-10
5 Eine vollständige Übersicht über die Wissenschaftsbereiche findet sich bei Einteilung der Wissenschaftsbereiche - 2022-07-10
11 Sie wurde bereits im Beitrag Persönlichkeitspsychologie vorgestellt
14 Im Ansatz siehe Kieserling (Die Politik der Gesellschaft) - 2022-07-12, Seite 12
17 Siehe Kempf (Altenkirchener Modell) - 2022-07-15
18 Siehe Momo (Das plurale Subjekt) - 2022-07-15
21 Zur Unterscheidung formelle und informelle Gruppe siehe Becker (Soziale Gruppen: Beispiele und Arten) - 2022-07-12
28 Aber auch durch gewaltsame Niederschlagung oder Übernahme von außen Projektwerkstatt (Was ist Anarchie?) - 2022-07-18
34 Siehe Egner (Komplexität und Emergenz) - 2021-12-14, Seite 34


Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag März 29, 2024 09:07:21 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 23 Minuten