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Die Phasenlogik

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Phasenlogik. Sie gehört zum Kapitel Mediationslogik, das dem Mediationsverständnis im 3. Buchabschnitt Mediation und dem Kapitel Phasenablauf im 4. Buchabschnitt Mediationsprozess zugeordnet wird.

Phasenablauf Mediationslogik Prozesslogik Themenlogik Phasenlogik Konfliktlogik Erkenntnislogik

Worum es geht: Der Beitrag wird auch der Mediationslogik zugeordnet. Die Phasenlogik ist ein Teil der Mediationslogik. Sie beschreibt die Folgerichtigkeit des prozessualen Handelns in der Mediation. Die Phasenlogik setzt sich mit den Zusammenhängen auseinander, die dazu beitragen, den Phasenablauf erkennbar zu machen und ihren folgerichtigen Einfluss auf den Erkenntnisprozesses der Mediation besser zu verstehen. Wenn die Mediation als ein Weg der Erkenntnis beschrieben wird, stellen die Phasen die Wegabschnitte dar, die erforderlich sind, um die zur Lösung führenden Gedanken zu ermöglichen.

Phasenlogik
Einführung und Inhalt: Für Anfänger scheint es so, als stünden die Phasen in keinem inneren Zusammenhang. "Wie komme ich nur in Phase drei?", ist eine der häufigsten Fragen in der Ausbildung. Ihr Eindruck ist nicht einmal falsch. Es gibt anscheinend logische Brüche im linearen Phasenablauf. Bei genauem Hinschauen wird jedoch klar, dass es einen logischen Zusammenhang gibt, der für die Funktionalität der Phasen sicherstellt.

Die Struktur

Die Phasen ergeben die horizontale Struktur der Mediation. Sie verlaufen aber nicht flach. Es gibt gedankliche Brüche zwischen den Phasen. Sie sind durchaus gewollt und leiten sich aus der Mediationstheorie ab. Es gibt also eine innere Logik, die sich bei einem fünfphasigen Modell wie in der nebenstehenden Grafik darstellt. Die Grafik will zeigen, dass der kognitive Prozess (Phasen zwei, drei und vier) innerhalb eines Rahmens (Phasen eins und fünf) stattfindet. Aus dieser Erkenntnis ergibt sich bereits eine Arbeitsanleitung.

Der innere Zusammenhang

Die Phasen haben eine innere Logik, wenn sie sich an dem Erkenntnisprozess orientieren. Die Logik erschließt sich nicht ohne weiteres, weil sie gedankliche Zäsuren beinhaltet. Anfänger spüren die Gedankenwechsel, wenn ihnen der Übergang von Phase zwei auf drei oder von Phase drei auf vier schwer fällt. Der logische Zusammenhang lässt sich wie folgt abbilden:

Phase Auftrag Verknüpfung
Vorphase Konfliktanalyse Vorgabe
Phase 1 Metaebene herstellen Systemik (Trennung Verfahrensebene / Fallebene)
Phase 2 Themenzusammenstellung Bezug auf Hypothesen (Vorphase)
Entsprechen die Themen den Hypothesen?
Falls nicht, muss der Mediator dies ansprechen und fragen warum Themen nicht genannt wurden oder seine Hypothese anpassen
Phase 3 Motiverhellung Bezug auf Themen (Phase 2)
Wurden die den Hypothesen entsprechenden Themen in Interessen umgesetzt?
Wenn nicht muss nachgebessert werden
Phase 4 Angebote Bezug auf Interessen
Wurden ALLE Interessen aufgegriffen?
Wurden nicht lediglich die Positionen wiederholt?
Phase 5 Einigung Erfasst die Einigung alle Angebote?

Jede Phase fühlt sich anders an und gibt dem Mediator einen anderen Arbeitsauftrag. Eine detailllierte Beschreibung der Phasen und der damit verbundenen Arbeitsaufträge finden Sie in der Darstellung der einzelnen Phasen.

Die Erkenntnisschritte

Die Phasen vollziehen den mediativen Erkenntnisprozess, indem sie den phasenbezogene Erkenntnisbedarf aufdecken. Folgende Erkenntnisse werden den Phasen als Bedingung oder Konsequenz zugeordnet:

Phase Erkenntnisbedarf Erkenntnisgewinn
Phase 1 Damit die Parteien nach einer Lösung suchen, müssen sie wissen, dass die von ihnen angestrebte Lösung nicht existiert, nicht möglich oder nicht optimal ist. Die Mediation ist ein Weg, die Lösung zu finden Wir müssen nach einer Lösúng suchen.
Phase 2 Damit sich die Parteien dem Streit stellen können, müssen sie die dem Konflikt entsprechenden Themen kennen. Um sich den in Fragen ausformulierten Themen stellen zu können, müssen sie den dahinter verborgenen Widerspruch akzeptieren. Sie müssen bereit sein, über den Widerspruch zu verhandeln. Wir müssen uns den Fragen stellen, um den Konflikt beizulegen.
Phase 3 Damit die Parteien einander verstehen können, müssen sie die unterschiedlichen Sichten und Motive nachvollziehen. Um aufeinander zugehen zu können, müssen sie Gemeinsamkeiten kennen. Damit sie Wissen, was sie zufriedenstellt, müssen sie die jeweilige Nutzenerwartung kennen. Wir kennen den zu erzielenden Nutzen.
Phase 4 Damit sich die Parteien ein Angebot für eine Lösung unterbreiten können, müssen sie die Interessen des Gegners kennen. Damit sie eine gute Lösung finden können, müssen sie die Kriterien kennen, an denen die Lösung zu messen ist. Sie ergeben sich aus der Nutzenerwartung. Wir wissen, wie der Nutzen zu realisieren ist.
Phase 5 Damit die Lösung nachhaltig werden kann, müssen die Parteien wissen, welche Schwierigkeiten bei der Umsetzung auftreten können. Wir wissen, wie die Nachhaltigkeit erreicht werden kann.
phasenwelten
Der durch die Medition abgebildete Erkenntnisweg lenkt die Gedanken nicht in das Problem hinein, sondern führt sie um das Problem herum.1 So wird sichergestellt, dass sich die Gedanken nicht in dem Problem verlieren können oder vom Problem gefangengehalten werden. Mit den Phasen öffnet die Mediation verschiedene Gedankenwelten, die den Fokus auf den zu erwartenden Nutzen lenken.


Der Weg durch die Gedankenwelten

Das Phasenhandling

Jede Phase hat eine spezifische Bedeutung, die dem Mediator bzw. den Medianden einen konkreten Arbeitsauftrag vermitteln. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie der Mediator diesen Auftrag entgegennimmt:

Mechanistik

Natürlich kann der Mediator den sich aus den Phasen ergebenden Auftrag aus der Mechanik des Verfahrens ableiten und das Verfahren so steuern, dass er Äußerungen der Parteien, die nicht in die aktuelle Phase passen, verbietet.

Beispiel 14588 - Die Partei sagt in Phase eins: "Es ist wichtig dass die Kinder bei der Mutter sind. Deshalb möchte ich das Sorgerecht haben". Der Mediator ignoriert diese Bemerkung und sagt: " wir sind noch in Phase eins und wollen erst einmal die Gesprächsregeln festlegen". riskiert dabei, dass sich die Bemerkung der Mutter im Kopf des Vaters festschreibt, sodass er gerne erwidern würde, wozu ihn der Mediator keine Gelegenheit gibt, weil er sich nicht in der entsprechenden Phase befindet


Die mechanische Einhaltung der Phasen hat Vor und Nachteile. Der Vorteil ist die dadurch hergestellte Strukturierung. Der Nachteil ist, dass sich die Gedanken mitunter nicht im Sinne des Kognitionsprozesses bearbeiten lassen. Möglicherweise wäre es geschickt gewesen wenn der Mediator in dem vorstehenden Beispiel die Mutter gefragt hätte, warum ihr das wichtig sei. Er hätte aus ihrer Antwort ableiten können, welche Erwartungen die Partei an die Mediation hat. Vor allen Dingen hätte er den Gedanken neutralisieren können in dem man darauf hinweist, dass der Vater sicherlich auch eine Vorstellung über das Sorgerecht hat und dass die Parteien ja angetreten seien, eine allseits zu akzeptierende Lösung erst noch zu suchen. Bei der Gelegenheit kann er die Ergebnisoffenheit der Parteien hinterfragen. allerdings muss er die Logik der Phase eines kurz verlassen und einen Abstecher in die Phase zwei oder gar die Phase drei erlauben. In keinem Fall dafür sich aber in einer dieser Phasen verlieren. Wenn sich der Mediator für diesen Stil entscheidet, muss er sich mit der Systematik der Mediation auseinandersetzen.

Systemik

Bei einem systemischen Verständnis der Mediation orientiert sich der Mediator natürlich auch an den Phasen. Er erlaubt den Parteien jedoch auch Äußerungen, die nicht in die aktuelle Phase passen. Methodisch prüft er in einem solchen Fall, zu welcher Phase die Äußerung passen würde. Seine Subsumtion erlaubt es ihm, den Phasenauftrag zu erkennen und die Äußerung entweder zu hinterfragen oder der richtigen Phase zuzuordnen.

Beispiel 14589 - Die Mediation befindet sich in Phase drei. Die Gegenpartei kommentiert die Äußerung der Gegenseite. Sie beschwert sich über die Art der Argumentation und meint, das gehöre nicht hierhin. Dem Mediator sollte auffallen, dass ein Argumentieren kaum in die Phase drei passt und dass die Frage, was in der Mediation zu erörtern ist oder nicht entweder eine Frage des Themas (also der Phase zwei), oder des grundsätzlichen Vorgehens (also der Phase eins) ist. Wenn er sich auf den Einwand einlässt, wird er kaum umhin kommen entweder Phase eins oder Phase zwei nachzubessern. Wenn er die Mediation mechanisch abgespult, mag er den Einwand überhören.


Der Mediator verfolgt den Fall ebenso wie die Mediation aus der Metaebene, die es ihm erlaubt, die Informationen im Sinne der Mediation zu qualifizieren und korrekt einzuordnen.

Systemik Dimensionierung

Die Phasendynamik

Die systemische Sicht erkennt die Elemente und deren Zusammenspiel. Ein herausragendes Merkmal der Mediation ist ihre Fähigkeit, ganz unterschiedliche, sich eigentlich widersprechende Denkkonzepte zusammenzuführen (psychologisches Denken, juristisches Denken, logisches Denken, dialektisches Denken). Die Gegensätzlichkeit wird dadurch aufgefangen, dass die Denkweisen sequenziell (also nicht gleichzeitig) zur Anwendung kommen. Gegensätze ergeben sich nicht nur im Denken. Sie zu kennen ist wichtig, um die Dynamik zu begreifen, die sich aus dem Zusammenspiel der Elemente ergibt. Sie erzeugt ein Spannungsverhältnis, aus dem sich das Potenzial der Mediation herleitet, das sich als der Flow der Mediation bemerkbar macht. Das Zusammenspiel der Elemente und die Zuordnung zu den Phasen ergibt sich aus dem Mediationsschema.

Mediationsschema

Der Phasenauftrag

Mit der Phasenlogik bewirkt die Mediation nicht nur eine Strukturierung des Verfahrens, sondern auch des Denkens. Die Phasenlogik entspricht Kognitionschritten (|Erkenntnissen), die es den Parteien in der Summe erlauben, selbst eine Lösung zu finden. Die Navigation durch diesen Erkenntnisprozess ergibt sich aus den Phasenaufträgen:

  • Phase 1: Rahmenbildung, Herstellung der Metaebene, Verfahrensritual
  • Phase 2: Festlegung der Positionen, die im Thema neutralisiert werden. Gedanklich beschreibt der Widerspruch zwischen den Positionen den Streit. Das ist, wenn man so will, die kaputte Welt, die sich aus dem Streit definiert.
  • Phase 3: Ermittlung der Kriterien für die Lösung, die auf Motive und gegebenenfalls Bedürfnisse zurückgeführt werden, aus denen sich der erwartete Nutzen ergibt. Gedanklich umschreiben sie die heile Welt, also der Zustand der sich realisieren soll, wenn der Streit beigelegt ist.
  • Phase 4: Zusammenstellung und Bewertung der Lösungsvorschläge, die den zuvor ermittelten Kriterien entsprechen. Gedanklich bewegen wir uns zurück in die reale Welt und überlegen, ob und wie die heile Welt wiederhergestellt werden kann.
  • Phase 5: der Rahmen wird geschlossen, in dem die Abschlussvereinbarung das gefundene Ergebnis festschreibt und manifestiert.

Der Phasenablauf

Die Phasenaufträge erlauben eine gedankliche Strukturierung, über die der Mediator im Verfahren navigieren kann. Die Navigation erfolgt durch die Qualifikation der Informationen. Ein Vorgang, der mit Respekt auf die Komplexität der Mediation als Dimensionieren bezeichnet wird.

Dimensionierung

Bei der Dimensionierung werden die eingehenden Informationen (Bedeutungsinhalte der Parteiaussagen) nach Dimensionen das Verfahren betreffend qualifiziert. Jetzt erlangt die Unterscheidung von Positionen, Interessen und Lösungen eine ausschlaggebende Bedeutung. Sie lassen sich der Mediationslandkarte zuordnen. Die Mediationslandkarte hilft dem Mediator, seine Orientierung nicht zu verlieren.

Mediationslandkarte

Positionen

Positionen sind die Forderungen / Erwartungen an den Gegner. Die Positionen betreffen die Frage nach dem WAS zu regeln ist. Sie legen zugleich den Mediationsgegenstand fest. Die Positionen sind von den Themen, den Argumenten und den Motiven zu unterscheiden.

Mediationsgegenstand Phase 2 

Interessen

Die Interessen ergeben den erwarteten Nutzen. In keinem Fall sind sie mit den Zielen (Lösungen) zu verwechseln die Interessen ergeben sich aus den Motiven oder tiefgreifender, den Bedürfnissen. Die Interessen betreffen die Frage nach dem WOZU.

Erarbeitung der Lösungskriterien Phase 3 

Lösungen

Lösungen sind die Optionen, wie die in der 3.Phase zusammengestelten Nutzenerwartungen zu erreichen sind. Die Lösungen entsprechen der Frage nach dem WIE.

Damit der Mediator optimal durch die Mediation navigieren kann, ist es unerlässlich, dass er zwischen Positionen Interessen und Lösungen zu unterscheiden vermag. Unglücklicherweise gibt es keine grammatikalische Regel, die ihm helfen könnte. Auch die Frageworte werden nicht immer so verwendet. Was Interesse Position oder Lösung ist, ergibt sich oft aus dem Zusammenhang. Wichtig ist, dass der Mediator die Äußerung der passenden Phase zuordnen kann. Nur so weiß er, wie mit Positionen Interessen oder Lösungen umzugehen ist. Im fünfphasigen Model ergibt sich folgende Zuordnung:

  • Phase 2: Positionen
  • Phase 3: Interessen
  • Phase 4: Lösungen

Qualitätskontrolle mit Hilfe der Phasen

Wer auf die hinter den Phasen verborgene Erkenntnislogik abstellt, profitiert auch von einer immanenten Qualitätskontrolle. Wurden die Phasen korrekt und vollständig ausgeführt, lässt sich die Stimmigkeit der jeweiligen Etappenziele miteinander vergleichen. Die folgende Grafik gibt einen Eindruck von der Methode.

Qualitätskontrolle

Einzelheiten werden im Beitrag Qualitätskontrolle erläutert.

Qualitätskontrolle

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-02-22 08:24 / Version 134.

Alias: Phasennavigation, Phasenauftrag, Phasenhandling, Mechanistik
Siehe auch: Ablauf, Struktur, Prozesslogik, Phasenlogik, Themenlogik, Konfliktdynamik, Mediationslogik, Erkenntnislogik
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Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag März 19, 2024 07:56:54 CET.

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