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Krankheiten und kranke Medianden

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Es geht um den Umgang mit Krankheiten in der Mediation und wie die Mediation damit umgehen kann. Bitte beachten Sie auch:

Konfliktarbeit Persönlichkeit Krankheit Suchterkrankung Autismus Hochsensibilität Depression Resilienz Gesundheit

Die Krankheit wird im Duden einmal als körperliche, geistige oder psychische Störung angesehen, die an bestimmten Symptomen erkennbar ist und zum Anderen als die Zeit des Krankseins.1 Wikipedia defniniert Krankheit als den Zustand verminderter Leistungsfähigkeit, der auf Funktionsstörungen von einem oder mehreren Organen, der Psyche oder des gesamten Organismus beruht und zurückgeht2 .

Was ist eine Krankheit?

Die Krankheit lässt sich besser über das vermeintliche Gegenteil, die Gesundheit, definieren. Die WHO geht von folgender Definition aus3 :

Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.


Es wird deutlich, dass die Krankheit nicht das Gegenteil von Gesundheit ist und dass subjektive Komponenten eine Rolle spielen können. Der Psychiater Wolfgang Schneider von der Universität Rostock wies bei den Warnemünder Psychotherapietagen darauf hin, dass nicht alle Menschen mit Problemen zu Patienten gemacht werden sollten4 . Menschen haben Selbstheilungskräfte. Wenn sie krank geredet werden, so befürchtet der Psychiater, könnten die Selbstheilungskräfte außer Kraft gesetzt werden. Nicht nur in der Medizin auch in der Psychiatrie ist mit dem Begriff Vorsicht geboten.

Herausforderung in der Mediation

In der Mediation kann die Krankheit eine besondere Herausforderung sein, erst recht, wenn der Mediator weder Arzt noch Psychiater ist. Um die Herausforderung zu erkennen, ist eine Klärung der Berührungspunkte erforderlich, bei denen die Krankheit in der Mediation eine Rolle spielen. Demnach sind zu unterscheiden:

  1. Die Partei ist krankheitsbedingt geschwächt oder gestört
  2. Die Krankheit bleibt unerkannt
  3. Die Mediation erweist sich als kontraproduktiv zur Therapie oder der Krankheitsbehandlung

Krankheit erkennen

Wenn die Partei einen geschwächten oder gestörten Eindruck macht, kann das viele Ursachen haben. Die Belastung durch den Konflikt ist eine naheliegende Annahme. Der Grund kann auch in Alltagsbelastungen, beruflichem Stress oder einer allgemeinen Ermüdung liegen. Auch die Persönlichkeit der Partei mag eine Rolle spielen. Es ist nicht die Aufgabe des Mediators, Krankheiten zu diagnostizieren. Wohl ist es seine Aufgabe, die Verhandlungsfähigkeit der Partei im Blick zu haben und ihr eine Unterstützung anzubieten, damit die Partei auf gleicher Augenhöhe verhandeln und selbstbewusste Entscheidungen treffen kann.

Wenn die Schwäche nur vorübergehend ist, kann der Mediator durch eine Vertagung gegebenenfalls Abhilfe schaffen. Beruht die Schwäche oder Störung auf dem Konfliktverhalten, wird sie zumindest teilweise in der Mediation thematisiert werden. Relativ einfach sind die Fälle, in denen die Parteien von sich aus auf die Krankheit hinweisen und die bereits erfolgende Therapie erwähnen. Viel schwieriger sind die Fälle, in denen sich Krankheitsmuster finden, die selbst der Fachmann ohne eine nähere Untersuchung kaum zu diagnostizieren vermag. Besonders psychische Erkrankungen können sehr unterschiedliche Symptome und Auswirkungen haben und von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Die meisten Merkmale lassen sich kaum in einer Momentaufnahme erkennen. Diese Merkmale sind: Verhaltensänderungen, emotionale Instabilität, Selbstverletzungen und Paranoia oder Verfolgungswahn.

Wenn Sie die verschiedenen Klassifikationen von Krankheiten einsehen möchten, bietet sich das ICD-10-GM an5 . Es weist die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme nach. Der Mediator mag einen Blick darauf werfen, um zu erkennen, ob eine Krankheit wahrscheinlich ist oder nicht.

In der Mediation steht immer die mentale Leistungsfähigkeit im Vordergrund. Dazu zählt die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und zu offenbaren. Der Mediator wird zurückmelden, ob und gegebenenfalls welche Symptome er wahrnimmt. Er mag mit der Partei - gegebenenfalls in einem Einzelgespräch - klären, ob und inwieweit daraus eine Beeinträchtigung der Verhandlungsfähigkeit resultieren kann. Je nach dem Eindruck dieses Gesprächs kann er zusammen mit der Partei überlegen, ob und inwieweit eine Abhilfe möglich und erforderlich ist um die Mediation zu gewährleisten. Nach §2 Abs. 6 Mediationsgesetz ist er verpflichtet darauf hinzuweisen, dass die Partei gegebenenfalls einen Experten zurate zieht.

Krankheit berücksichtigen

Zunächst ist es die Entscheidung der Partei zu entscheiden, ob sie sich in der Lage fühlt, der Mediation zu folgen oder nicht. Erst wenn Zweifel aufkommen, dass sie der Mediation folgen kann, ist ein Einschreiten des Mediators geboten. Befindet sich die Partei bereits in einer therapeutischen Behandlung, ist darauf zu achten, dass die Mediation keine kontraproduktiven Wirkungen erzeugt. Gegebenenfalls sollte sich der Mediator zunächst mit der Partei und gegebenenfalls mit dem Therapeuten (nach einer Entbindung von der Verschwiegenheit und einem dementsprechenden Auftrag) abstimmen.

Krankheit melden

Es gibt nur in bestimmten Fällen eine Pflicht, Krankheiten zu melden. Diese Pflicht betrifft beispielsweise Ärzte und Labore gemäß dem Infektionsschutzgesetz. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, Verdachtsfälle von Berufskrankheiten, die Sozialgesetzbuch VII festgelegt sind zu melden. Der Mediator ist nicht verpflichtet eine Krankheit zu melden. Es könnte jedoch zum Schutz der kranken Partei geboten sein, die Behörden zu informieren. Immerhin entbindet ihn §4 Mediationsgesetz von der Verschwiefgenheit, wenn die Offenlegung geboten ist, um eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden.

Beispiel 15594 - Der Mediator wird zu einer Mediation in einer familiären Angelegenheit gerufen, bei dem es um einen Konflikt zwischen der Ehefrau und ihrer Mutter geht. Der Kontakt war abgebrochen, worunter die Ehefrau, die im Übrigen an Autismus erkrankt ist sehr leidet. Der Ehemann kümmert sich auf den ersten Blick sehr fürsorglich um seine Frau. Auf dem zweiten Blick stellte Mediator fest, dass er über vorsorglich ist, die Ehefrau manipuliert und jeden äußeren Einfluss von ihr fernhält. Er macht sich unentbehrlich, wodurch die Ehefrau nicht wirklich in ihrer Krankheit unterstützt wird. Dem Mediator kommt der Verdacht auf, dass der Ehemann unter dem Stellvertreter Münchhausen Syndrom leidet. Das würde auch erklären warum die Betreuungen, die bereits angeordnet waren alle nach seiner Einmischung gescheitert waren. Der Mediator überlegt sich, ob er von seiner Beobachtung die Behörden (das Betreuungsgericht) informieren sollte.


Das aus der Realität stammende Beispiel soll zeigen, dass es durchaus Fälle geben kann, in denen die Beobachtungen und Erkenntnisse des Mediators zum Schutz der Parteien und wegen einer schwerwiegende Beeinträchtigung der psychischen Integrität einer Partei Informationen über die Partei oder die Situation in der sie sich befindet, weiterzugeben sind. Natürlich kann dies nur eine ultima Ratio sein. Bevor er soweit geht, hat er ja noch die Möglichkeit, die Parteien auf seine Bedenken hinzuweisen und eine Lösung zu finden. Er könnte die Öffnung der Verschwiegenheit jedoch als ein Druckmittel verwenden.

Bedeutung für die Mediation

Die Mediation ist keine Therapie, auch wenn sie manchmal einen auf den Konflikt bezogenen Heilungserfolg bewirkt. In keinem Fall sollte sie einen Beitrag dazu leisten, dass der Heilungserfolg infrage gestellt wird. Der Mediator muss prüfen, ob die Partei mediationsfähig ist.6

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-06-21 15:33 / Version 23.

Aliase: Krankheiten
Siehe auch: Allgemein, Herausforderung
Prüfvermerk: -


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