Lade...
 

Wut, Hass und die reaktive Aggression

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

Konflikt Hass Aggression xxx Eintrag Suche

Wut und Hass sind reaktive Aggressionen. Insbesondere der Hass ist ein Thema, mit dem sich nicht nur ein Mediator, sondern jeder Einzelne und inzwischen auch die ganze Weltgesellschft auseinanderzusetzen hat. Buddah meinte, hassen sei wie Gift nehmen und hoffen, dass der andere stirbt. Die Metapher veranschaulicht die Situation, wenngleich die Frage aufkommen mag, wer das Gift verabreicht. Hass schadet mehr als er nutzten kann. Das beweist die Geschichte der Menschheit. Trotzdem existiert er und wird in gewisser Weise sogar gepflegt und aufgestachelt. Menschen scheinen dafür enpfänglich zu sein. Im Kleinen wie im Großen. Deshalb speilt Hass auch in der Mediation eine wichtige Rolle. Es gibt einige Berührungspunkte. Mediatoren sollten deshalb wissen, wie damit umzugehen ist.

Definition und Abgrenzung von Wut und Hass

Wut und Hass sind zwei unterscheidbare Formen der reaktiven Aggression. Der entscheidende Unterschied liegt in ihrer Zielsetzung. Wut ist im Ansatz konstruktiv. Hass ist grundsätzlich destruktiv. Dabei wird die Wut als eine sehr heftige Emotion und häufig impulsiv aggressive Reaktion beschrieben, die weiter geht als der Ärger und durch eine als unangenehm empfundene Situation, Bemerkung oder Kränkung, ausgelöst wird 1

Der Hass geht noch weiter. Hass wird als ein intensives Gefühl der Abneigung gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen beschrieben, die zu aggressiven Handlungen gegenüber den Hassobjekten führen kann.2 Hass wid oft als Gegensatz zur Liebe beschrieben. Emotional gesehen ist es jedoch kein Gegensatz, sondern ein anderer emotionaler Ausdruck und eher die emotionale Folge von (einer enttäuschten) Liebe als ihr Gegenspiel. Dass sich Hass und Liebe ähnlicher sind als man glauben möchte, belegt ein Artikel von Wewetzer.3 demnach sollen Londoner Forscher herausgefunden haben, dass zwei Gehirnareale, die bei romantischem Liebesempfinden aktiv sind, auch von Hassgefühlen aktiviert werden. Die Entdeckung mag die enge Verbindung Liebe und Hass im wirklichen Leben begründen. Der emotionale Gegensatz von Liebe und Hass wird deshalb treffender mit der Gleichgültigkeit beschrieben, also dem Fehlen von Gefühl für oder gegen den Anderen. Depner weist auf den etymologischen Ursprung des Wortes hin. Er führt aus, dass Hass auf die indoeuropäische Wurzel kados = Leid, Groll zurückgeführt werde. Über das germanische Verb hatjan sei hassen mit hetzen verwandt. Nach seiner Auffassung verweisen alle Bedeutungsvarianten des Begriffs auf die Erkenntnis, dass Hass stets Leid verursache; sowohl bei dem, der ihn empfindet als auch bei dem, der ihm zum Opfer fällt.4

Über das Vorkommen reaktiver Aggressionen

Wie der Begriff impliziert handelt es sich bei den reaktiven Aggressionen um eine Emotion, die unmittelbar und impulsiv als Konsequenz einer realen oder wahrgenommenen Provokation, Frustration oder Bedrohung auftritt und von starken Ärgergefühlen begleitet wird. Anders als die Aggression sind Wut und Hass also keine Aktion, sondern eine Reaktion. Damit kommt wieder die Frage auf, wer das Gift verabreicht.

Im Gegensatz zum Hass ist die Wut situativ veranlasst. Sie verfliegt wieder relativ schnell. Es ist deshalb zu empfehlen, mit Reaktionen abzuwarten, bis die Wut wieder abgeebt ist. Deshalb empfiehlt der Kommunikationstipp, nicht zu streiten wenn schlechte Gefühle (oder Wut) aufgekommen sind. Die Wut hat einen Grund. Das drückt sich auch sprachlich aus. Man ist wütend weil ... oder wegen ... Der Hass geht tiefer und verfliegt nicht so schnell. Hass ist nicht situativ sondern personell verankert. Begrifflich wird er gegen Gruppen mit Wortkombinationen, wie z.B. Fremdenhass, Frauenhass, Judenhass usw. identifiziert. Bei Hass gegen Individuen gibt es interessanterweise keine Wortkombination. Trotzdem zeigt die sprachliche Verwendung auch hier, dass sich der Hass immer gegen etwas oder jemanden richtet und ein Objekt hat. Allerdings muss der Gegenstand nicht immer in der Außenwelt zu finden sein. Er kann sich auch gegen einen selbst richten und ganz unbestimmt sein.

Beispiel 11694 - "Ich hasse Dich", "Ich hasse mich", "Ich hasse Euch alle", "Ich hasse die ganze Welt"


Wewetzer weist darauf hin, dass schon ein unauffälliger Anlass genügen kann, den Hass zu entfalten. Das Gerangel im Straßenverkehr, die Abneigung gegen den Gegner im Fußballstadion, der Streit um Lappalien unter Nachbarn. Er unterscheidet deshalb zwischen dem Sekundenhass und dem lange anhaltenden Groll, der auf Sparflamme die Seele aufzehrt. Fest steht, dass der Hass ist ein Teil der menschlichen Natur ist und sich demenstprechend vielseitig präsentieren und ausleben kann.

Ursachen für Hassgefühle

Ursache ist meist die gefühlte Bedrohung, die erlebte Ungerechtigkeit und die damit einherhebende Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein oder die Kränkung des eigenen Selbstwertgefühls. Es ist der emotionale Hinweis darauf, dass die Situation zu beenden oder auszugleichen ist. Statt als Hinweis etwas zu ändern, versteht der Betroffene die emotionale Kompensation mitunter als ein Gefühl von Macht und Überlegenheit. Übersehen wird die Oberflächlichkeit der wohltuenden Empfindung. Besonders dann, wenn sie eintiefer liegendes Gefühl des eigenen Unwerts verdeckt. Das Gefühl und die Sicht auf die Möglichkeit anders zu reagieren gehen verloren. Andereseits wird der Betroffene handlungsfähig gemacht. Im Vergleich zur Lethargie oder Depression liefert Hass eine Menge an psychsicher Energie.

Reaktionsmöglichkeiten auf Hass

Herbold stellt in dem Artikel Argumente sind kein Allheilmittel die Forschung über die Wirkungsweise der Counter Speech zusammen.5 Dort wird Professor Ulrich Wagner zitiert, der darauf hinweist, dass Menschen bei Unsicherheit nach einfachen Erklärungen suchen. Sie sind für andere Meinungen, die sie in Frage stellen nicht empfänglich. Der Mensch neigt generell dazu, sich Unterstützung für seine Position zu suchen. Hinzu kommt, dass Menschen, die extreme Positionen vertreten, dazu neigen, den Anteil derjenigen, die dieselbe Meinung haben, zu überschätzen. Der fatale Mechanismus führt dazu, dass die Fehleinschätzung mit der Extremität zunimmt. Was helfen mag, ist ein Perspektivwechsel, der die Zugehörigkeit zur ein oder anderen Gruppe anders konnotiert. Die Mediation kann diesen Perspektivwechsel in kleinen Schritten ermöglichen.

Dieses Youtube-Video Robert Betz zeigt wie man mit Ärger, Wut & Hass umgehen kann. „Warum machen die das nur? Was kann ich tun, um mich einfach nicht mehr über andere zu ärgern? Warum muss ich sein oder ihr Verhalten ertragen?“ sind Fragen, die das Video zu beantwoiten sucht um zu zeigen, wie sich Konflikte mit anderen einfach lösen.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Es wurde im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Umgang mit Ärger, Wut und Hass

Bedeutung für die Mediation

Der Grundsatz lautet:

 Merke:
Leitsatz 6227 - Starke Gefühle brauchen starke Worte. Es wäre kontraproduktiv, den offen gezeigten Hass als ein Missverständnis zu bezeichnen, um die Parteien zu beschwichtigen.

Wurde das Gefühl erkannt, muss es sich nicht mehr so sehr anstrengen, um erkannt zu werden. Es gehört also zum Klärungsprozess,6 die Gefühle deutlich, sichtbar und vor allem ansprechbar zu machen. Wenn Hass ein emotionaler Energielieferant ist, nutzt der Mediator diese Energie als eine Konfliktdynamik, die er in die Mediation einbinden kann; nicht indem er sich der Energie entgegenstellt, sondern indem er sie in eine andere Energie umwandelt, die den Verstand befeuert. Er wird versuchen, Zweifel zu wecken und die Perspektiven zu verändern.

Wenn es gelingt, den Hass als ein giftiges und lähmendes Gefühl zu erkennen, das man gerne los werden möchte, ist ein wichtiger Schritt erreicht. Dann geht es tatsächlich nur noch um die Frage, wer das Gift verabreicht hat. Führt es aber wirklich zur Entgiftung, wenn diese Frage beantwortet ist? Überlebt der Vergiftete, wenn er weiß, dass er von einer Schlange gebissen wurde? Was wirklich hilft, ist das Gift zu identifizieren. Wenn es aus einer gefühlten Bedrohung, dem Gefühl von Hilflosigkeit, dem Ausgeliefertsein oder der Kränkung des Selbstwertgefühls entstanden ist, musss darüber gesprochen werden und nicht über den Hass. Der Hass gibt nur den Anlass und den Einstieg in diese Fragen. Was helfen könnte, ist die Reflexion des Selbstsystems und der dahinter stehenden Person.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-03-11 09:09 / Version .

Alias: Wut, reaktive Aggression
Siehe auch: Mobbing, Der Hass und die Gegenrede
Die Seite wird im Aufgabenverzeichnis und im Verfahrenshindernis erfasst.
Prüfvermerk: -


Based on work by Bernard Sfez und Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag März 19, 2024 05:39:26 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten