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Das Bedürfnis im Verstehensprozess

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Bedürfnis. Eine Unterseite zur Empathie, die der Rubrik Verstehen im 5. Buchabschnitt Methodik der Mediation direkt zugeordnet wird.

Empathie Bedürfnis Interessen Motive Konfliktarbeit Lösungspentagramm

Worum es geht: Das Bedürfnis spielt in der Mediation eine wichtige Rolle. Immerhin liefert es den Beweggrund für ein Handeln, woraus sich ein Motiv und das in der Mediation besonders herausgestellte Interesse ergibt. Mithin liefert die Kenntnis der Bedürfnisse einen Hinweis, die Bedeutung des Gesagten oder Nichtgesagten, der Handlung oder Unterlassung zu verstehen.

Einführung und Inhalt: Begriffe wie das Bedürfnis, das Motiv, die Lösung oder der Nutzen kommen in der Mediation immer wieder vor. Es handelt sich um Informationsdimensionen, die miteinander in einem logischen Zusammenhang stehen. Ihre Abgrenzung mag zur korrekten Eionordnung und Behandlung in die Mediation beitragen.

Abgrenzung Bedürfnis Motiv und Interesse

Es bereitet einige Schwierigkeiten, das Bedürfnis vom Bedarf und vom Motiv oder dem Interesse zu unterscheiden. Die Begriffe werden oft synonym verwandt und miteinander vermischt. Die Abgrenzung soll helfen, ihre Relevanz in der Mediation besser zu verstehen.

Bedürfnis
Metz-Göckel beschreibt das Bedürfnis als den Zustand oder das Erleben eines Mangels, verbunden mit dem Wunsch ihn zu beheben. Er führt aus, dass in der wiss. Literatur meist Bedürfnisse gemeint seien, die ein Lebewesen zu seiner Erhaltung und Entfaltung benötige, nicht Spontanentscheidungen im Einkaufszentrum.1
Motiv
Das Motiv ist der Handlungsantrieb oder der Beweggrund. In der Psychologie beschreibt das Motiv die menschliche Disposition für eine bestimmte Art von Zielen. Bildungssprachlich handelt es sich um eine Überlegung, eine Gefühlsregung oder ein Umstand, durch den sich jemand bewogen fühlt, etwas Bestimmtes zu tun.2 Stangl beschreibt Motive als überdauernde Vorlieben und zeitstabile Merkmale von Menschen, die nicht direkt beobachtbar sind, sondern Konstrukte darstellen, die das Handeln von Personen verständlich machen sollen. Motive müssen durch Situationsmerkmale angeregt werden, bevor sie verhaltenswirksam werden können.3
Interesse
Das Interesse ist, wenn man so will, das verhaltenswirsam gewordene Motiv. Es ist ebenfalls ein Beweggrund, weshalb die Abgrenzung zum Motiv so schwer fällt. Stangl definiert das Interesse als die Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, einen Zustand oder einen Sachverhalt, wobei das Interesse von den Gedanken gesteuert wird.4

Einordnung in die Mediation

In der Sprache der Mediation deutet das Interesse auf die Handlung, während das Motiv die Befriedigung in den Vordergrund stellt. Das Verhältnis zwischen Bedürfnis und Motiv wird deutlich, wenn das Bedürfnis als Grundlage eines Motivs angesehen wird. Zur Verdeutlichung, wie sich das Bedürfnis vom Motiv und das Motiv vom Interesse unterscheidet, mag ein einfaches Beispiel beitragen. Was antworten Sie, wenn Sie gefragt werden, wie es Ihnen geht?

Beispiel 11567 - Um die Frage "Wie geht es Ihnen?" zu verstehen, muss ihre Bedeutung geklärt werden. Die Bedeutung erschließt sich aus dem Motiv der Frage. Das Motiv, also der Fragezweck, kann sein: Höflichkeitsfloskel, echtes Interesse an der Person, nur um etwas zu sagen, usw. Das Motiv fürht zu dem Interesse, eine dem Motiv entsprechende Antwort zu erhalten. Also: Wenn die Frage nur eine Höflichkeitsfloskel sein soll, wird keine Antwort erwartet sondern nur eine entgegnete Höflichkeitsformel wie etwa: "Danke gut, und Ihnen?". Wenn ein Bedürfnis nach Nähe zur anderen Person besteht, ist das Motiv die Aufrechterhaltung der Beziehung (Herstellung von Nähe). Das Interesse ist in diesem Fall darauf gerichtet, Informationen zu bekommen, die etwas über den Zustand der anderen Person aussagt, damit eine Anteilnahme möglich wird.


Es ist stets von der sich aus dem Fall und der Aufgabenstellung ergebenden Bearbeitungstiefe abhängig, ob und inwieweit die Aufdeckung der Bedürfnisse erforderlich wird. Im Wiki to Yes wird deshalb dem Bedürfnis eine ebenso große Aufmerksamkeit gewidmet wie den Motiven und den Interessen.

Die Arbeit mit Motiven Der Umgang mit Interessen

Hier stehen die Bedürfnisse im Vordergrund:

Bedürfnisse

Die jedem Menschen zueigenen Bedürfnisse lassen sich in Primär- und Sekundärbedürfnisse einteilen. Primärbedürfnisse sind Existenzbedürfnisse. Zu den Existenzbedürfnissen zählen alle Notwendigkeiten zur Sicherung des Lebens; also Nahrung, Wohnung, Kleidung. Sekundärbedürfnisse sind die Kulturbedürfnisse5

Bedürfnispyramide

Maslow, einer der Begründer der humanistischen Psychologie, hat die Bedürfnisse des Menschen in ein hierarchisches Konzept gebracht, das als Bedürfnispyramide bekannt wurde.

Bedürfnispyramide

Wichtig ist, dass die Bedürfnisse vom Verhalten getrennt gesehen werden und dass die Pyramide keinen statischen Zustand darstellt.Sie liefert jedoch einen guten Eindruck davon, was den Menschen antreibt, der ständig versucht, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Maslow unterscheidet folgende Bdedürfnisse, von den Grundbedürfnissen ausgehend:6

  1. Physiologische Bedürfnisse:
  2. Sicherheitsbedürfnisse:
  3. Soziale Bedürfnisse:
  4. Individualbedürfnisse:
  5. Kognitive Bedürfnisse:
  6. Ästhetische Bedürfnisse:
  7. Selbstverwirklichung:
  8. Transzendenz:

Bedürfniskreis

Eine Kritik, die der Bedürfnispyramide entgegengebracht wird ist die hierarchische Anordnung der Bedürfnisse. Deshalb gibt es Vorstellungen, in denen die Bedürfnisse in einem Kreis dargestellt werden, wo die Spannungsverhältnisse gegensätzlicher Bedürfnisse besser zum Ausdruck kommen. Ein Beispiel dafür ist das im Beitrag von Hinz gezeigte Motivrad von Evelin Kroschel,7 mit der die Prozesse angedeutet werden, die Menschen zu bestimmten Handlungen antreiben.

Bedürfniskreis

Bei Oesch wird das Motivrad in einen Bedürfniskreis überführt.8

Bedürfnissverwirklichung

Der Konflikt liefert mit dem Rumpelstilzcheneffekt durchaus Hinweise, wie er beizulegen ist. Oft werden diese Hinweise übersehen. Weil sich die Bedürfnisse in Emotionen und Gefühlen ausdrücken, wird die Bedürfnisbefriedigung meist mit der emotionalen Befriedigung gleichgesetzt. Ob es zur Befriedigung kommt, zeigt sich an der Lösung. Leider führt die Befriedigung der vordergründigen Gefühle, wie beispielsweise der Wut oder der Rache nicht zwingend zur Konfliktbeilegung und wahrscheinlich nicht einmal zur Befriedigung der diesen Gefühlen zugrundeliegenden Bedürfnisse. Um die sich daraus ergebende Dispkrepanz aufzudecken, macht es Sinn, zwischen dem Erkennen der Konfliktbedürfnisse und den Bedürfnissen zur Konfliktbeilegung zu unterscheiden. Die Bedürfnisse zur Konfliktbeilegung münden in die Bedarfe für ein bestimmtes Verfahren oder eine unterstüttende Dienstleistung.

Der Unterstützungsbedarf entscheidet über die Nachfrage

Bedeutung für die Mediation

Der direkte Zugriff auf die Bedürfnisse spielt in der Mediation dann eine Rolle, wenn die Motive entweder anders nicht aufgedeckt werden können oder die Interessen an und für sich nicht ausreichen, um die Lösung zu finden. Die Notwendigkeit, sich auf die Bedürfnisse einzulassen, wird deutlich, wenn im Orangenbeispiel im Harvard-Konzept beide Kinder Orangensaft trinken wollen. Ihr Interesse ist also gleichgerichtet. Dann findet sich die Löung nur, wenn der Mediator tiefer geht und Bedürfnisse findet, wo sich der Konflikt lösen lässt. Also etwa auf der Ebene von sozialen Bedürfnissen, wenn die Geschwisterbeziehung eine Rolle für den Konflikt spielt und die Kinder daran hindert, die Orange zu teilen. Wie sich Bedürfnisse und Motive (Interessen) in der Mediation wiederfinden lassen, erläutert das Lösungspentagramm.

Das Lösungspentragramm soll dazu beitragen, das Verhältnis von den Bedürfnissen zu den Motiven, Wünschen, Lösungen und zum Nutzen besser zu erkennen. Es geht davon aus, dass das Bedürfnis im Konflikt aus einem Mangel ensteht, der sich in einem Motiv auslebt und in einem Interesse zum Ausdruck kommt. Das Interesse wird als Wunsch oder als Forderung formuliert, wo es dem Claiming der Konflikttheorie entspricht. Der Wunsch oder die Forderung sind auf die Herbeiführung einer Lösung gerichtet. Das Motiv hingegen sucht nach der Befriedigung, die im Nutzen zu finden ist,. Wenn der Nutzen den bedürfnisauslösenden Mangel ausgleicht, wird der Konfliktmotivation die Grundlage entzogen.

Die Konfliktmotivation im Lösungspentagramm

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-04-15 10:01 / Version 34.

Aliase: Bedürfnisse
Siehe auch: Verstehen, Motive, Interessen, Konfliktmotiv
Prüfvermerk:

1 Dorsch (Psychologie) - 2018-10-11 hier: Metz-Göckel/Bedürfnis dl. 10.11.2018
2 Duden (Wörterbuch) - 2018-11-10
3 Stangl (Onlinelexikon) - 2019-11-19 Stichwort: Motiv, siehe https://lexikon.stangl.eu/335/motiv dl: 2021-07-13
4 Stangl (Onlinelexikon) - 2019-11-19 Stichwort: Suchergebnisse für „Interesse“, https://lexikon.stangl.eu/?s=Interesse dl: 2021-07-13
5 Stangl (Onlinelexikon) - 2019-11-19 Stichwort: 'Bedürfnis'. beduerfnis(2018-11-10)
7 Hinz (Sinn) - 2021-07-13
8 Siehe die Abbildungen von Oesch (Bedürfniskreis) - 2021-07-13


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag April 18, 2024 16:50:59 CEST.

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