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Grundsatz der Allparteilichkeit

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Die Grundsätze der Mediation Allparteilichkeit Neutralität Augenhöhe Empowerment Coping Wikisuche

Im Gegensatz zur Neutralität bezieht sich Allparteilichkeit auf eine Haltung, bei der eine Person oder Institution alle beteiligten Parteien gleichermaßen unterstützt damit sie für ihre Interessen eintreten kann. Die Allparteilichkeit wird häufig in Situationen angewendet, in denen es kein "richtig" oder "falsch" gibt, sondern lediglich verschiedene Interessen und Perspektiven. Die allparteiliche Instanz versucht in dem Fall, alle beteiligten Parteien zu verstehen und zu unterstützen, ohne eine bestimmte Seite zu bevorzugen.

Abgrenzung zur Neutralität

Die Allparteilichkeit ist von der Neutralität zu unterscheiden, weshalb sie hier als ein eigenständiges Prinzip erfasst wird. Allparteilichkeit ist ein typisch deutsches Wort, das die Anforderungen an die Haltung des Mediators besser zum Ausdruck bringen kann als das englische Wort der impartiality, das mit unparteilichkeit übersetzt werden kann.1 Was mit der Allparteilichkeit gemeint ist, drückt das Gesetz in §2 Abs. 3Mediationsgesetz wie folgt aus:

Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er fördert die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. Er kann im allseitigen Einverständnis getrennte Gespräche mit den Parteien führen.


Die Vorschrift verdeutlicht, dass die Allparteilichkeit zwar anders ist als die Neutralität. Wäre sie mit ihr identisch, müsste sie nicht explizit erwähnt werden. Die Allparteilichkeit ist aber auch kein Gegensatz zur Neutralität. Das Gesetz erwähnt deshalb beide Prinzipien. Es stellt in §1 Abs. 2 Mediationsgesetz heraus, dass der Mediator eine unabhängige und neutrale Person zu sein hat. Die Neutralität beschreibt somit die Grenze und die Voraussetzung der Allparteilichkeit.

Unterstützungsbedarf

Der Grundsatz der Allparteilichkeit steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundsatz der gleichen Augenhöhe und dem der Freiwilligkeit. Es würde überhaupt nicht ins Bild der Mediation passen, wenn der Mediator aus lauter Zurückhaltung und falsch verstandener Neutralität eine erkennbar schwächere Partei ins Messer laufen ließe. Er hat durchaus Möglichkeiten, eine schwächere Partei zu untersützen. Jetzt ist die Neutralität seine Handlungsgrenze. D.h. Der Mediator kann eine Partei unterstützen, darf aber in keinem Fall parteilich sein. Das ist manchmal eine Gratwanderung.

Beispiel 15379 - Der Mediator erkennt, dass eine der Parteien fahrig wirkt und geistig abwesend ist. Er verbalisiert seine Beobachtung und fragt, ob er helfen kann.


Wenn der Mediator merkt, dass eine Partei schwächelt, muss er der Ursache auf den Grund gehen und entweder Abhilfe schaffen oder die Mediation vertagen oder abbrechen, wenn Zweifel bestehen, dass die Partei für ihre Interessen einstehen kann. Zu recht erlaubt das Gesetz zu diesem Zwecka auch getrennte Gespräche, wo der Mediator sich in einem geschützten Rahmen nach dem Grund der Beeinträchtigung erkundigen kann.

Beispiel 15380 - Die eine Partei ist sehr eloquent und drückt sich gewählt aus. Sie benutzt diese Kompetenz um dder gegnerischen Partei, die wortkarg und spracharm ist ihre Überlegenheit zu zeigen. Es besteht die Gefahr, dass die wortkarge Partei in die Ecke gedrängt wird oder sich unterlegen fühlt.


Die einfachste Möglichkeit, ein Ungleichgewicht auszugleichen besteht in der Rü+ckmeldung des Mediators. Das Loopen soll nicht nur dazu beitragen, die Partei zu verstehen, die gerade im Gespräch ist. Es soll zugleich auf eine Art und Weise erfolgen, dass die anwesende Gegenseite ebenfalls versteht, was gemeint ist. Eine komplizierte Ausdrucksweise wird deshalb vereinfacht, so wie eine zu karge Ausdrucksweise angereichert werden kann. Der Mediator hat viele Interventionsmöglichkeiten. Er kann beispielsweise auf Coping Fragen zurückgreifen oder Einzelgespräche anregen. Sobald er bemerkt, dass das Verhalten einer der Parteien zu einem Ungleichgewicht führt, die er nicht mit einfachen Mitteln ausgleichen kann, muss er seine Beobachtung ansprechen und nach Wegen suchen, wie zwischen den Parteien eine gleiche Augenhöhe hergestellt werden kann.

Der Gegensatz ist die Parteilichkeit

Die Allparteilichkeit ist ein Haltungsmerkmal. Es zielt darauf ab, die Partei im Verhandeln zu unterstützen, nicht in der Lösung. Sobald der Mediator merkt, dass ihm die eine Partei näher ist als die andere, muss er seine Haltung überprüfen. Die Parteilichkeit drückt sich in der Neigung oder Vorliebe für eine bestimmte Partei oder deren Interssenverwirklichung aus. Sie führt dazu, dass der Mediator ein eigenes Interesse an einem bestimmten, einseitig übervorteilenden Ergebnis entwickelt. Die Parteilichkeit kann sich in der Mediation bemerkbar machen, indem der Mediator, die ihm nahestehende Partei begünstigt und ihren Bedürfnissen und Interessen eine größere Aufmerksamkeit schenkt als denen der anderen Partei. Er könnte versuchen, den anderen Teil zu beeinflussen oder zu manipulieren, um eine bestimmte Vereinbarung für seinen Günstling zu erreichen. Das Verhalten eines parteilichen Mediators untergräbt das Vertrauen in das Verfahren und führt zu einer unfairen Behandlung der Parteien. Im Idealfall bemerkt die benachteiligte Partei das Verhalten, spricht den Mediator darauf an und kündigt gegebenenfalls die Mediation.

Das Haltungsmerkmal

Die Haltung des Mediator spielt in der Mediation eine wichtige Rolle und die Grundsätze der Neutralität und der Allparteilichkeit sind ihre Ausprägungen. Wie lässt sich die Grenze ziehen? Auch ein Mediator ist nur ein Mensch. Es kann also durchaus sein dass dazu der einen Partei mehr Sympathien entwickelt als zu der anderen. Auch die Neutralität kann flexibel gehandhabt werden, worauf sich auch das Gesetz in §3 Abs. 1 Mediationsgesetz einlässt.2 Ein gutes Kriterium, um die Grenzen der Neutralität und der Allparteilichkeit festzulegen ist die Vorstellung, dass der Mediator die Metaebene abbildet. Die Metaebene Werte frei. Sie hat keine eigene Meinung aber reflektiert die Meinungen der Parteien. Ausschlaggebend ist somit stets ob der Mediator jenseits aller Sympathien oder Beziehungen zu einer der Parteien noch in der Lage ist, eine unbefangene Reflexionsebene darzustellen.

Bedeutung für die Mediation

Ähnlich wie die Prüfung der Befangenheit des Richters sind die unterschiedlichen Perspektiven auf die Frage der Neutralität zu beachten. Es kommt nicht nur darauf an, ob sich der Richter oder der Mediator als neutral oder unbefangen bezeichnen. Entscheidend ist auch, wie er von den Parteien gesehen wird. Ebenso wie die Neutralität ist die Allparteilichkeit ein Grundsatz, der sich an die Bedürfnisse der Parteien anpassen kann. Wenn Bedenken bestehen, ist der Mediator also gut beraten, sie offenzulegen. Die Offenlegung würde übrigens dem Transparenzprinzip der Mediation entsprechen.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-04-07 15:09 / Version 7.

Alias: Parteilichkeit
Siehe auch: Grundsätze
Prüfvermerk: -

1 Siehe Art 3 und 4 der EU-Direktive trackeritem:15283
2 Siehe dazu auch die Ausführungen in Prinzip-Neutralität


Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Mittwoch April 24, 2024 23:31:27 CEST.

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