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Selbstüberschätzung und Arroganz

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

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Die Selbstüberschätzung ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten haben kann. Der Mediator (oder die Gegenpartei) wird spätestens darauf stoßen, wenn er sich fragt: "Warum kapiert der das nicht. Kann er nicht oder will er es nicht verstehen?". Mit dieser Frage stellt sich der Bezug zur Mediation her. Wenn die Mediation eine Verstehensvermittlung ist, muss sie sich auch mit der Frage auseinandersetzen, warum eine Partei eine Sichtweise, die sich im Konflikt anbietet, nicht verstehen will oder kann.

Was bedeutet die Selbstüberschätzung?

Die Selbstüberschätzung bezieht sich auf die Tendenz, eigene Fähigkeiten, Eigenschaften oder Leistungen zu überschätzen oder positiver zu bewerten als es Fakten nahelegen. Es geht eine Bewertung, die von der Außensicht abweicht. Abweichungen von der Selbstsicht und der Fremdsicht ergeben sich bereits aus den unterschiedlichen Sichten auf den Menschen. Das Problem der Selbstüberschätzung tritt auf, wenn die Selbsteinschätzung jede Grundlage verliert und zu unangemessenen Entscheidungen und Reaktionen führt.

In der Wirkung zu anderen wird die Selbstüberschätzung oft als Arroganz erlebt. Allerdings muss das eine mit dem anderen nichts zu tun haben. Anders als die Selbstüberschätzung bezieht sich die Arroganz auf eine überhebliche Einstellung einer Person gegenüber anderen, die oft mit einem Gefühl der Überlegenheit oder Selbstgefälligkeit einhergeht. Die Arroganz manifestiert sich im Hochmut und einer Geringschätzung anderer Menschen oder deren Ideen. Im Gegensatz zur Selbstüberschätzung bezieht sich Arroganz weniger auf die Bewertung der eigenen Fähigkeiten und mehr auf das Verhalten gegenüber anderen. Wenn Arroganz genutzt wird, um sich selbst aufzuwerten, könnte ihr Motiv sogar eine Selbstunterschätzung sein, die durch das arrogante Verhalten kompensiert wird.

Fest steht, dass sich sowohl die Selbstüberschätzung wie die Selbstunterschätzung negativ auf das Konfliktverhalten auswirken können. In beiden Fällen steht die Selbstseinschätzung im Mittelpunkt. Um zu verstehen, wie sich Abweichungen von objektiven Einschätzungsmerkmalen ergeben können, soll zunächst hinterfragt werden, was die Selbsteinschätzung ist und wie sie zustande kommt.

Woraus resultiert die Selbsteinschätzung

Unter der Selbsteinschätzung wird die Bewertung oder die Einschätzung verstanden, die eine Person von sich selbst vornimmt. Sie umfasst die Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten, Eigenschaften, Stärken, Schwächen, Werte und Identität. Die Selbsteinschätzung einer Person ergibt sich aus einer Vielzahl von psychologischen und sozialen Faktoren, die ihre Wahrnehmung, Bewertung und Interpretation ihres Selbst beeinflussen. Folgende Aspekte tragen zur Selbsteinschätzung bei:

  1. Selbstkonzept: Das Selbstkonzept einer Person umfasst ihre bewussten Überzeugungen, Werte, Fähigkeiten und Eigenschaften, die sie als Teil ihrer Identität betrachtet. Diese Vorstellungen können auf persönlichen Erfahrungen, Erziehung, Kultur, sozialem Umfeld und anderen Einflussfaktoren basieren. Das Selbstkonzept bildet die Grundlage für die Selbsteinschätzung einer Person und beeinflusst, wie sie sich selbst wahrnimmt und bewertet.
  2. Selbstwertgefühl: Das Selbstwertgefühl einer Person bezieht sich auf ihre Bewertung ihres eigenen Wertes und ihrer eigenen Bedeutung. Es wird oft durch Erfahrungen von Erfolg oder Misserfolg, soziale Rückmeldungen, Vergleiche mit anderen und persönliche Standards geformt. Menschen mit einem hohen Selbstwertgefühl neigen dazu, sich selbst positiver zu bewerten und eine optimistischere Selbsteinschätzung zu haben, während Menschen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl dazu neigen können, sich selbst kritischer zu sehen.
  3. Selbstwirksamkeit: Selbstwirksamkeit bezieht sich auf die Überzeugung einer Person, dass sie in der Lage ist, bestimmte Ziele zu erreichen oder bestimmte Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Diese Überzeugung wird oft durch frühere Erfahrungen, Feedback von anderen und die Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern, geformt. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit haben tendenziell eine positivere Selbsteinschätzung ihrer Fähigkeiten und sind motivierter, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
  4. Soziale Vergleiche: Menschen neigen dazu, sich selbst durch Vergleiche mit anderen zu bewerten und zu beurteilen. Diese sozialen Vergleiche können dazu führen, dass eine Person ihre eigenen Fähigkeiten, Eigenschaften oder Erfolge relativ zu denen anderer einschätzt. So können positive Vergleiche dazu führen, dass eine Person ihre Selbsteinschätzung verbessert, während negative Vergleiche zu Selbstzweifeln oder Selbstkritik führen können.
  5. Kulturelle Einflüsse: Kulturelle Normen, Werte und Erwartungen können die Selbsteinschätzung einer Person stark beeinflussen. In einigen Kulturen wird beispielsweise Selbstbewusstsein und Selbstlob gefördert, während in anderen Bescheidenheit und Zurückhaltung geschätzt werden. Diese kulturellen Einflüsse können dazu führen, dass Menschen unterschiedliche Standards und Maßstäbe für ihre Selbsteinschätzung anwenden.

Welche objektiven Daten erlauben die Einschätzung

Die Selbstüberschätzung basiert auf einer Selbstbewertung, die von der Fremdbewertung abweicht. Um auszuschließen, dass die Fremdbewertung nicht selbst Fehleinschätzungen unterliegt, ist nach objektiven Kriterien zu suchen, die eine korrekte Einschätzung erlauben. Objektive Kriterien sind:

  1. Leistungsdaten: Objektive Leistungsdaten umfassen messbare Ergebnisse oder Erfolge einer Person in verschiedenen Bereichen wie Bildung, Arbeit, Sport oder künstlerischer Tätigkeit. Zum Beispiel könnten Leistungsdaten Schulnoten, berufliche Leistungsbeurteilungen, sportliche Rekorde oder Auszeichnungen umfassen.
  2. Testergebnisse: Testergebnisse aus standardisierten Tests oder Assessments können als objektive Daten dienen, um die Fähigkeiten oder Kenntnisse einer Person in einem bestimmten Bereich zu bewerten. Beispiele hierfür sind IQ-Tests, Sprachtests, technische Fähigkeitstests oder Persönlichkeitstests.
  3. Feedback: Das Feedback von Lehrern, Vorgesetzten, Kollegen, Freunden oder Familie kann als objektive Rückmeldung über das Verhalten, die Fähigkeiten oder die Leistung einer Person dienen. Dieses Feedback kann auf direkten Beobachtungen, Erfahrungen oder Rückmeldungen basieren.
  4. Vergleichsdaten: Vergleichsdaten, die zeigen, wie eine Person im Vergleich zu anderen abschneidet, können als objektive Referenzpunkte dienen. Dies können beispielsweise Durchschnittsleistungen in einem bestimmten Bereich, Benchmarks oder branchenübliche Standards sein.
  5. Messbare Fortschritte: Messbare Fortschritte oder Verbesserungen in einem bestimmten Bereich können ebenfalls als objektive Daten dienen, um die Leistung oder Fähigkeiten einer Person zu bewerten. Zum Beispiel könnten messbare Fortschritte in einem Fitnessprogramm, bei der Erlernung neuer Fähigkeiten oder bei der Umsetzung von Zielen als Grundlage für Selbstüberschätzung dienen.

Psychologische Erkenntnisse über Selbstüberschätzung

Die Selbstüberschätzung wurde von verschiedenen Theorien und Studien in der Psychologie erforscht:

  1. Overconfidence Bias: Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen oft dazu neigen, ihre Fähigkeiten, Kenntnisse oder Vorhersagen zu überschätzen, ein Phänomen, das als Overconfidence Bias bekannt ist. Diese Tendenz kann auf kognitive Verzerrungen wie selektive Wahrnehmung, Bestätigungsfehler und Optimismus zurückzuführen sein.
  2. Dunning-Kruger-Effekt: Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt die Neigung von Menschen mit geringer Kompetenz, ihre Fähigkeiten zu überschätzen, während kompetente Personen dazu neigen, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen. Dieses Phänomen kann dazu führen, dass Menschen inkompetente Entscheidungen treffen oder unrealistische Erwartungen haben.
  3. Selbstwertgefühl und Selbstbild: Selbstüberschätzung kann auch mit dem Selbstwertgefühl und dem Selbstbild einer Person verbunden sein. Menschen mit einem hohen Selbstwertgefühl neigen möglicherweise dazu, sich selbst in einem übermäßig positiven Licht zu sehen und ihre Fähigkeiten zu überschätzen, um ihr Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten.
  4. Kognitive Dissonanz: Widersprüchliche Kognitionen können sowohl Ursache wie Folge der Selbstüberschätzung sein. Anstatt sich dem Widerspruch zu stellen und über sich selbst nachzudenken, wird die Selbstreflexion verdrängt indem Tatsachen unterstellt oder angenommen werden, die den Widerspruch (mit sich selbst) überspielen.

Auswirkungen auf das Konfliktverhalten

Die Auswirkungen der Selbstüberschätzung auf das Konfliktverhalten können vielfältig sein:

  1. Fehleinschätzungen: Selbstüberschätzung kann dazu führen, dass Menschen ihre eigenen Fähigkeiten oder die ihrer Gegner in einem Konflikt falsch einschätzen. Dies kann zu unangemessenen Erwartungen, mangelnder Vorbereitung oder übermäßigem Selbstvertrauen führen.
  2. Eskalation von Konflikten: Wenn Konfliktparteien ihre eigenen Fähigkeiten oder die Schwäche ihres Gegners überschätzen, kann dies zu einer Eskalation des Konflikts führen, da sie bereit sind, größere Risiken einzugehen oder aggressivere Strategien zu verfolgen.
  3. Schwierigkeiten bei der Konfliktlösung: Selbstüberschätzung kann auch die Fähigkeit einer Person beeinträchtigen, konstruktive Lösungen für einen Konflikt zu finden, da sie möglicherweise nicht bereit ist, ihre eigenen Überzeugungen oder Strategien zu überdenken.
  4. Verstärkung von Vorurteilen: Selbstüberschätzung kann dazu führen, dass Menschen übermäßiges Vertrauen in ihre eigenen Überzeugungen oder Vorurteile haben, was zu mangelnder Empathie oder Verständnis für die Positionen anderer führen kann.

Umgang mit Selbstüberschätzung im Konflikt

Um die Auswirkungen der Selbstüberschätzung auf das Konfliktverhalten zu minimieren, ist es wichtig, sich ihrer Existenz bewusst zu sein und geeignete Strategien zu entwickeln.

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Seite zuletzt geändert am Sonntag Mai 19, 2024 13:59:45 CEST.

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